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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850.

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reichen wollte, sah er einen Ring davor hängen, aber er steckte seine Hand ohne Mühe hindurch und brach den Apfel. Der Ring schloß sich fest an seinen Arm und er fühlte wie auf einmal eine gewaltige Kraft durch seine Adern drang. Als er mit dem Apfel von dem Baum wieder herabgestiegen war, wollte er nicht über das Gitter klettern, sondern faßte das große Thor und schüttelte nur einmal daran, so sprang es mit Krachen auf. Da gieng er hinaus, und der Löwe, der davor gelegen hatte, war wach geworden und sprang ihm nach, aber nicht in Wuth und Wildheit, sondern er folgte ihm demüthig als seinem Herrn.

Der Königssohn brachte dem Riesen den versprochenen Apfel und sprach 'siehst du, ich habe ihn ohne Mühe geholt.' Der Riese war froh daß sein Wunsch so bald erfüllt war, eilte zu seiner Braut und gab ihr den Apfel, den sie verlangt hatte. Es war eine schöne und kluge Jungfrau, und da sie den Ring nicht an seinem Arm sah, sprach sie 'ich glaube nicht eher daß du den Apfel geholt hast, als bis ich den Ring an deinem Arm erblicke.' Der Riese sagte 'ich brauche nur heim zu gehen und ihn zu holen' und meinte es wäre ein leichtes ihn dem schwachen Menschen mit Gewalt weg zu nehmen, wenn er ihn nicht gutwillig geben wollte. Er forderte also den Ring von ihm, aber der Königssohn wollte ihn nicht geben. 'Wo der Apfel ist muß auch der Ring sein,' sprach der Riese, 'gibst du ihn nicht gutwillig, so mußt du mit mir darum kämpfen.'

Sie rangen lange Zeit mit einander, aber der Riese konnte dem Königssohn, den die Zauberkraft des Ringes stärkte, nichts anhaben. Da sann der Riese auf eine List und sprach zu ihm 'mir ist warm

reichen wollte, sah er einen Ring davor hängen, aber er steckte seine Hand ohne Mühe hindurch und brach den Apfel. Der Ring schloß sich fest an seinen Arm und er fühlte wie auf einmal eine gewaltige Kraft durch seine Adern drang. Als er mit dem Apfel von dem Baum wieder herabgestiegen war, wollte er nicht über das Gitter klettern, sondern faßte das große Thor und schüttelte nur einmal daran, so sprang es mit Krachen auf. Da gieng er hinaus, und der Löwe, der davor gelegen hatte, war wach geworden und sprang ihm nach, aber nicht in Wuth und Wildheit, sondern er folgte ihm demüthig als seinem Herrn.

Der Königssohn brachte dem Riesen den versprochenen Apfel und sprach ‘siehst du, ich habe ihn ohne Mühe geholt.’ Der Riese war froh daß sein Wunsch so bald erfüllt war, eilte zu seiner Braut und gab ihr den Apfel, den sie verlangt hatte. Es war eine schöne und kluge Jungfrau, und da sie den Ring nicht an seinem Arm sah, sprach sie ‘ich glaube nicht eher daß du den Apfel geholt hast, als bis ich den Ring an deinem Arm erblicke.’ Der Riese sagte ‘ich brauche nur heim zu gehen und ihn zu holen’ und meinte es wäre ein leichtes ihn dem schwachen Menschen mit Gewalt weg zu nehmen, wenn er ihn nicht gutwillig geben wollte. Er forderte also den Ring von ihm, aber der Königssohn wollte ihn nicht geben. ‘Wo der Apfel ist muß auch der Ring sein,’ sprach der Riese, ‘gibst du ihn nicht gutwillig, so mußt du mit mir darum kämpfen.’

Sie rangen lange Zeit mit einander, aber der Riese konnte dem Königssohn, den die Zauberkraft des Ringes stärkte, nichts anhaben. Da sann der Riese auf eine List und sprach zu ihm ‘mir ist warm

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[197/0209] reichen wollte, sah er einen Ring davor hängen, aber er steckte seine Hand ohne Mühe hindurch und brach den Apfel. Der Ring schloß sich fest an seinen Arm und er fühlte wie auf einmal eine gewaltige Kraft durch seine Adern drang. Als er mit dem Apfel von dem Baum wieder herabgestiegen war, wollte er nicht über das Gitter klettern, sondern faßte das große Thor und schüttelte nur einmal daran, so sprang es mit Krachen auf. Da gieng er hinaus, und der Löwe, der davor gelegen hatte, war wach geworden und sprang ihm nach, aber nicht in Wuth und Wildheit, sondern er folgte ihm demüthig als seinem Herrn. Der Königssohn brachte dem Riesen den versprochenen Apfel und sprach ‘siehst du, ich habe ihn ohne Mühe geholt.’ Der Riese war froh daß sein Wunsch so bald erfüllt war, eilte zu seiner Braut und gab ihr den Apfel, den sie verlangt hatte. Es war eine schöne und kluge Jungfrau, und da sie den Ring nicht an seinem Arm sah, sprach sie ‘ich glaube nicht eher daß du den Apfel geholt hast, als bis ich den Ring an deinem Arm erblicke.’ Der Riese sagte ‘ich brauche nur heim zu gehen und ihn zu holen’ und meinte es wäre ein leichtes ihn dem schwachen Menschen mit Gewalt weg zu nehmen, wenn er ihn nicht gutwillig geben wollte. Er forderte also den Ring von ihm, aber der Königssohn wollte ihn nicht geben. ‘Wo der Apfel ist muß auch der Ring sein,’ sprach der Riese, ‘gibst du ihn nicht gutwillig, so mußt du mit mir darum kämpfen.’ Sie rangen lange Zeit mit einander, aber der Riese konnte dem Königssohn, den die Zauberkraft des Ringes stärkte, nichts anhaben. Da sann der Riese auf eine List und sprach zu ihm ‘mir ist warm

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/209>, abgerufen am 29.03.2024.