Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

an, gieng unsichtbar ins Schloß hinein, und stellte sich hinter seine Gemahlin, und niemand sah ihn. Wenn sie ihr nun ein Stück Fleisch auf den Teller legten, nahm ers weg, und aß es, und wenn sie ihr ein Glas Wein einschenkten, nahm ers weg und tranks aus; sie gaben ihr immer, und sie hatte doch immer nichts auf dem Teller. Da schämte sie sich, stand auf, gieng in ihre Kammer und weinte, er aber gieng hinter ihr her. Da sprach sie vor sich 'ist denn der Teufel über mir, oder mein Erlöser kam nie?' Da gab er ihr ein paar derbe Ohrfeigen, und sagte 'kam dein Erlöser nie? er ist über dir, du Betrügerin, habe ich das an dir verdient?' Darauf gieng er hin, und sagte die Hochzeit wäre aus, und der rechte König wäre wieder gekommen. Da wurde er verlacht von den Königen Fürsten und Räthen, die zugegen waren. Er aber gab kurze Worte, und fragte ob sie sich entfernen wollten oder nicht? Da wollten sie ihn fangen, und schlugen auf ihn los, aber er zog sein Schwert und sprach 'Köpf alle runter, nur meiner nicht.' Da lag alles gleich im Blut darnieder, und er war wieder König vom goldenen Berge.



an, gieng unsichtbar ins Schloß hinein, und stellte sich hinter seine Gemahlin, und niemand sah ihn. Wenn sie ihr nun ein Stück Fleisch auf den Teller legten, nahm ers weg, und aß es, und wenn sie ihr ein Glas Wein einschenkten, nahm ers weg und tranks aus; sie gaben ihr immer, und sie hatte doch immer nichts auf dem Teller. Da schämte sie sich, stand auf, gieng in ihre Kammer und weinte, er aber gieng hinter ihr her. Da sprach sie vor sich ‘ist denn der Teufel über mir, oder mein Erlöser kam nie?’ Da gab er ihr ein paar derbe Ohrfeigen, und sagte ‘kam dein Erlöser nie? er ist über dir, du Betrügerin, habe ich das an dir verdient?’ Darauf gieng er hin, und sagte die Hochzeit wäre aus, und der rechte König wäre wieder gekommen. Da wurde er verlacht von den Königen Fürsten und Räthen, die zugegen waren. Er aber gab kurze Worte, und fragte ob sie sich entfernen wollten oder nicht? Da wollten sie ihn fangen, und schlugen auf ihn los, aber er zog sein Schwert und sprach ‘Köpf alle runter, nur meiner nicht.’ Da lag alles gleich im Blut darnieder, und er war wieder König vom goldenen Berge.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0056" n="46"/>
an, gieng unsichtbar ins Schloß hinein, und stellte sich hinter seine Gemahlin, und niemand sah ihn. Wenn sie ihr nun ein Stück Fleisch auf den Teller legten, nahm ers weg, und aß es, und wenn sie ihr ein Glas Wein einschenkten, nahm ers weg und tranks aus; sie gaben ihr immer, und sie hatte doch immer nichts auf dem Teller. Da schämte sie sich, stand auf, gieng in ihre Kammer und weinte, er aber gieng hinter ihr her. Da sprach sie vor sich &#x2018;ist denn der Teufel über mir, oder mein Erlöser kam nie?&#x2019; Da gab er ihr ein paar derbe Ohrfeigen, und sagte &#x2018;kam dein Erlöser nie? er ist über dir, du Betrügerin, habe ich das an dir verdient?&#x2019; Darauf gieng er hin, und sagte die Hochzeit wäre aus, und der rechte König wäre wieder gekommen. Da wurde er verlacht von den Königen Fürsten und Räthen, die zugegen waren. Er aber gab kurze Worte, und fragte ob sie sich entfernen wollten oder nicht? Da wollten sie ihn fangen, und schlugen auf ihn los, aber er zog sein Schwert und sprach &#x2018;Köpf alle runter, nur meiner nicht.&#x2019; Da lag alles gleich im Blut darnieder, und er war wieder König vom goldenen Berge.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0056] an, gieng unsichtbar ins Schloß hinein, und stellte sich hinter seine Gemahlin, und niemand sah ihn. Wenn sie ihr nun ein Stück Fleisch auf den Teller legten, nahm ers weg, und aß es, und wenn sie ihr ein Glas Wein einschenkten, nahm ers weg und tranks aus; sie gaben ihr immer, und sie hatte doch immer nichts auf dem Teller. Da schämte sie sich, stand auf, gieng in ihre Kammer und weinte, er aber gieng hinter ihr her. Da sprach sie vor sich ‘ist denn der Teufel über mir, oder mein Erlöser kam nie?’ Da gab er ihr ein paar derbe Ohrfeigen, und sagte ‘kam dein Erlöser nie? er ist über dir, du Betrügerin, habe ich das an dir verdient?’ Darauf gieng er hin, und sagte die Hochzeit wäre aus, und der rechte König wäre wieder gekommen. Da wurde er verlacht von den Königen Fürsten und Räthen, die zugegen waren. Er aber gab kurze Worte, und fragte ob sie sich entfernen wollten oder nicht? Da wollten sie ihn fangen, und schlugen auf ihn los, aber er zog sein Schwert und sprach ‘Köpf alle runter, nur meiner nicht.’ Da lag alles gleich im Blut darnieder, und er war wieder König vom goldenen Berge.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-01T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/56
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/56>, abgerufen am 19.12.2024.