Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.Scheuer hinein, und blickte umher. Als er aber das seltsame und greuliche Thier mit eigenen Augen sah, so gerieth er in nicht geringere Angst als der Knecht. Mit ein paar Sätzen sprang er hinaus, lief zu seinen Nachbarn, und bat sie flehentlich ihm gegen ein unbekanntes und gefährliches Thier Beistand zu leisten; ohnehin könnte die ganze Stadt in Gefahr kommen, wenn es aus der Scheuer, wo es säße, herausbräche. Es entstand großer Lärm und Geschrei in allen Straßen: die Bürger kamen mit Spießen Heugabeln Sensen und Äxten bewaffnet herbei als wollten sie gegen den Feind ausziehen; zuletzt erschienen auch die Herrn des Raths mit dem Bürgermeister an der Spitze. Als sie sich auf dem Markt geordnet hatten, zogen sie zu der Scheuer, und umringten sie von allen Seiten. Hierauf trat einer der beherztesten hervor, und gieng mit gefälltem Spieß hinein, kam aber gleich darauf mit einem Schrei und todtenbleich wieder heraus gelaufen, und konnte kein Wort hervorbringen. Noch zwei andere wagten sich hinein, es ergieng ihnen aber nicht besser. Endlich trat einer hervor, ein großer starker Mann, der wegen seiner Kriegsthaten berühmt war, und sprach 'mit bloßem Ansehen werdet ihr das Ungethüm nicht vertreiben, hier muß Ernst gebraucht werden, aber ich sehe daß ihr alle zu Weibern geworden seid, und keiner den Fuchs beißen will.' Er ließ sich Harnisch Schwert und Spieß bringen, und rüstete sich. Alle rühmten seinen Muth, obgleich viele um sein Leben besorgt waren. Die beiden Scheuerthore wurden aufgethan, und man erblickte die Eule, die sich indessen in die Mitte auf einen großen Querbalken gesetzt hatte. Er ließ eine Leiter herbeibringen, Scheuer hinein, und blickte umher. Als er aber das seltsame und greuliche Thier mit eigenen Augen sah, so gerieth er in nicht geringere Angst als der Knecht. Mit ein paar Sätzen sprang er hinaus, lief zu seinen Nachbarn, und bat sie flehentlich ihm gegen ein unbekanntes und gefährliches Thier Beistand zu leisten; ohnehin könnte die ganze Stadt in Gefahr kommen, wenn es aus der Scheuer, wo es säße, herausbräche. Es entstand großer Lärm und Geschrei in allen Straßen: die Bürger kamen mit Spießen Heugabeln Sensen und Äxten bewaffnet herbei als wollten sie gegen den Feind ausziehen; zuletzt erschienen auch die Herrn des Raths mit dem Bürgermeister an der Spitze. Als sie sich auf dem Markt geordnet hatten, zogen sie zu der Scheuer, und umringten sie von allen Seiten. Hierauf trat einer der beherztesten hervor, und gieng mit gefälltem Spieß hinein, kam aber gleich darauf mit einem Schrei und todtenbleich wieder heraus gelaufen, und konnte kein Wort hervorbringen. Noch zwei andere wagten sich hinein, es ergieng ihnen aber nicht besser. Endlich trat einer hervor, ein großer starker Mann, der wegen seiner Kriegsthaten berühmt war, und sprach ‘mit bloßem Ansehen werdet ihr das Ungethüm nicht vertreiben, hier muß Ernst gebraucht werden, aber ich sehe daß ihr alle zu Weibern geworden seid, und keiner den Fuchs beißen will.’ Er ließ sich Harnisch Schwert und Spieß bringen, und rüstete sich. Alle rühmten seinen Muth, obgleich viele um sein Leben besorgt waren. Die beiden Scheuerthore wurden aufgethan, und man erblickte die Eule, die sich indessen in die Mitte auf einen großen Querbalken gesetzt hatte. Er ließ eine Leiter herbeibringen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0403" n="393"/> Scheuer hinein, und blickte umher. Als er aber das seltsame und greuliche Thier mit eigenen Augen sah, so gerieth er in nicht geringere Angst als der Knecht. Mit ein paar Sätzen sprang er hinaus, lief zu seinen Nachbarn, und bat sie flehentlich ihm gegen ein unbekanntes und gefährliches Thier Beistand zu leisten; ohnehin könnte die ganze Stadt in Gefahr kommen, wenn es aus der Scheuer, wo es säße, herausbräche. Es entstand großer Lärm und Geschrei in allen Straßen: die Bürger kamen mit Spießen Heugabeln Sensen und Äxten bewaffnet herbei als wollten sie gegen den Feind ausziehen; zuletzt erschienen auch die Herrn des Raths mit dem Bürgermeister an der Spitze. Als sie sich auf dem Markt geordnet hatten, zogen sie zu der Scheuer, und umringten sie von allen Seiten. Hierauf trat einer der beherztesten hervor, und gieng mit gefälltem Spieß hinein, kam aber gleich darauf mit einem Schrei und todtenbleich wieder heraus gelaufen, und konnte kein Wort hervorbringen. Noch zwei andere wagten sich hinein, es ergieng ihnen aber nicht besser. Endlich trat einer hervor, ein großer starker Mann, der wegen seiner Kriegsthaten berühmt war, und sprach ‘mit bloßem Ansehen werdet ihr das Ungethüm nicht vertreiben, hier muß Ernst gebraucht werden, aber ich sehe daß ihr alle zu Weibern geworden seid, und keiner den Fuchs beißen will.’ Er ließ sich Harnisch Schwert und Spieß bringen, und rüstete sich. Alle rühmten seinen Muth, obgleich viele um sein Leben besorgt waren. Die beiden Scheuerthore wurden aufgethan, und man erblickte die Eule, die sich indessen in die Mitte auf einen großen Querbalken gesetzt hatte. Er ließ eine Leiter herbeibringen, </p> </div> </body> </text> </TEI> [393/0403]
Scheuer hinein, und blickte umher. Als er aber das seltsame und greuliche Thier mit eigenen Augen sah, so gerieth er in nicht geringere Angst als der Knecht. Mit ein paar Sätzen sprang er hinaus, lief zu seinen Nachbarn, und bat sie flehentlich ihm gegen ein unbekanntes und gefährliches Thier Beistand zu leisten; ohnehin könnte die ganze Stadt in Gefahr kommen, wenn es aus der Scheuer, wo es säße, herausbräche. Es entstand großer Lärm und Geschrei in allen Straßen: die Bürger kamen mit Spießen Heugabeln Sensen und Äxten bewaffnet herbei als wollten sie gegen den Feind ausziehen; zuletzt erschienen auch die Herrn des Raths mit dem Bürgermeister an der Spitze. Als sie sich auf dem Markt geordnet hatten, zogen sie zu der Scheuer, und umringten sie von allen Seiten. Hierauf trat einer der beherztesten hervor, und gieng mit gefälltem Spieß hinein, kam aber gleich darauf mit einem Schrei und todtenbleich wieder heraus gelaufen, und konnte kein Wort hervorbringen. Noch zwei andere wagten sich hinein, es ergieng ihnen aber nicht besser. Endlich trat einer hervor, ein großer starker Mann, der wegen seiner Kriegsthaten berühmt war, und sprach ‘mit bloßem Ansehen werdet ihr das Ungethüm nicht vertreiben, hier muß Ernst gebraucht werden, aber ich sehe daß ihr alle zu Weibern geworden seid, und keiner den Fuchs beißen will.’ Er ließ sich Harnisch Schwert und Spieß bringen, und rüstete sich. Alle rühmten seinen Muth, obgleich viele um sein Leben besorgt waren. Die beiden Scheuerthore wurden aufgethan, und man erblickte die Eule, die sich indessen in die Mitte auf einen großen Querbalken gesetzt hatte. Er ließ eine Leiter herbeibringen,
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