Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.sich, setzte sich aufs Pferd, und zog nun fort zu ihrem Bräutigam. Da sie eine Stunde geritten waren, empfand sie heißen Durst, und rief ihre Kammerjungfer 'steig ab, und schöpfe mir mit meinem Becher, den du aufzuheben hast, Wasser aus dem Bache, ich möchte gern einmal trinken.' 'Wenn ihr Durst habt,' sprach die Kammerjungfer, so steigt selber ab, legt euch ans Wasser und trinkt, ich mag eure Magd nicht sein.' Da stieg die Königstochter vor großem Durst herunter, neigte sich über das Wässerlein im Bach, und trank, und durfte nicht aus dem goldnen Becher trinken. Da sprach sie 'ach Gott!' da antworteten die drei Blutstropfen 'wenn das deine Mutter wüßte, das Herz im Leibe thät ihr zerspringen.' Aber die Königsbraut war demüthig, sagte nichts, und stieg wieder zu Pferd. So ritten sie etliche Meilen weiter fort, aber der Tag war warm, die Sonne stach, und sie durstete bald von neuem: da sie nun an einen Wasserfluß kamen, rief sie noch einmal ihrer Kammerjungfer 'steig ab, und gieb mir aus meinem Goldbecher zu trinken,' denn sie hatte aller bösen Worte längst vergessen. Die Kammerjungfer sprach aber, noch hochmüthiger, 'wollt ihr trinken, so trinkt allein, ich mag nicht eure Magd sein.' Da stieg die Königstochter hernieder vor großem Durst, und legte sich über das fließende Wasser, weinte und sprach 'ach Gott!' und die Blutstropfen antworteten wiederum 'wenn das deine Mutter wüßte, das Herz im Leibe thät ihr zerspringen.' Und wie sie so trank, und sich recht überlehnte, fiel ihr das Läppchen, worin die drei Tropfen waren, aus dem Busen, und floß mit dem Wasser fort ohne daß sie es in ihrer großen Angst merkte. Die sich, setzte sich aufs Pferd, und zog nun fort zu ihrem Bräutigam. Da sie eine Stunde geritten waren, empfand sie heißen Durst, und rief ihre Kammerjungfer ‘steig ab, und schöpfe mir mit meinem Becher, den du aufzuheben hast, Wasser aus dem Bache, ich möchte gern einmal trinken.’ ‘Wenn ihr Durst habt,’ sprach die Kammerjungfer, so steigt selber ab, legt euch ans Wasser und trinkt, ich mag eure Magd nicht sein.’ Da stieg die Königstochter vor großem Durst herunter, neigte sich über das Wässerlein im Bach, und trank, und durfte nicht aus dem goldnen Becher trinken. Da sprach sie ‘ach Gott!’ da antworteten die drei Blutstropfen ‘wenn das deine Mutter wüßte, das Herz im Leibe thät ihr zerspringen.’ Aber die Königsbraut war demüthig, sagte nichts, und stieg wieder zu Pferd. So ritten sie etliche Meilen weiter fort, aber der Tag war warm, die Sonne stach, und sie durstete bald von neuem: da sie nun an einen Wasserfluß kamen, rief sie noch einmal ihrer Kammerjungfer ‘steig ab, und gieb mir aus meinem Goldbecher zu trinken,’ denn sie hatte aller bösen Worte längst vergessen. Die Kammerjungfer sprach aber, noch hochmüthiger, ‘wollt ihr trinken, so trinkt allein, ich mag nicht eure Magd sein.’ Da stieg die Königstochter hernieder vor großem Durst, und legte sich über das fließende Wasser, weinte und sprach ‘ach Gott!’ und die Blutstropfen antworteten wiederum ‘wenn das deine Mutter wüßte, das Herz im Leibe thät ihr zerspringen.’ Und wie sie so trank, und sich recht überlehnte, fiel ihr das Läppchen, worin die drei Tropfen waren, aus dem Busen, und floß mit dem Wasser fort ohne daß sie es in ihrer großen Angst merkte. Die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0026" n="16"/> sich, setzte sich aufs Pferd, und zog nun fort zu ihrem Bräutigam. Da sie eine Stunde geritten waren, empfand sie heißen Durst, und rief ihre Kammerjungfer ‘steig ab, und schöpfe mir mit meinem Becher, den du aufzuheben hast, Wasser aus dem Bache, ich möchte gern einmal trinken.’ ‘Wenn ihr Durst habt,’ sprach die Kammerjungfer, so steigt selber ab, legt euch ans Wasser und trinkt, ich mag eure Magd nicht sein.’ Da stieg die Königstochter vor großem Durst herunter, neigte sich über das Wässerlein im Bach, und trank, und durfte nicht aus dem goldnen Becher trinken. Da sprach sie ‘ach Gott!’ da antworteten die drei Blutstropfen ‘wenn das deine Mutter wüßte, das Herz im Leibe thät ihr zerspringen.’ Aber die Königsbraut war demüthig, sagte nichts, und stieg wieder zu Pferd. So ritten sie etliche Meilen weiter fort, aber der Tag war warm, die Sonne stach, und sie durstete bald von neuem: da sie nun an einen Wasserfluß kamen, rief sie noch einmal ihrer Kammerjungfer ‘steig ab, und gieb mir aus meinem Goldbecher zu trinken,’ denn sie hatte aller bösen Worte längst vergessen. Die Kammerjungfer sprach aber, noch hochmüthiger, ‘wollt ihr trinken, so trinkt allein, ich mag nicht eure Magd sein.’ Da stieg die Königstochter hernieder vor großem Durst, und legte sich über das fließende Wasser, weinte und sprach ‘ach Gott!’ und die Blutstropfen antworteten wiederum ‘wenn das deine Mutter wüßte, das Herz im Leibe thät ihr zerspringen.’ Und wie sie so trank, und sich recht überlehnte, fiel ihr das Läppchen, worin die drei Tropfen waren, aus dem Busen, und floß mit dem Wasser fort ohne daß sie es in ihrer großen Angst merkte. Die </p> </div> </body> </text> </TEI> [16/0026]
sich, setzte sich aufs Pferd, und zog nun fort zu ihrem Bräutigam. Da sie eine Stunde geritten waren, empfand sie heißen Durst, und rief ihre Kammerjungfer ‘steig ab, und schöpfe mir mit meinem Becher, den du aufzuheben hast, Wasser aus dem Bache, ich möchte gern einmal trinken.’ ‘Wenn ihr Durst habt,’ sprach die Kammerjungfer, so steigt selber ab, legt euch ans Wasser und trinkt, ich mag eure Magd nicht sein.’ Da stieg die Königstochter vor großem Durst herunter, neigte sich über das Wässerlein im Bach, und trank, und durfte nicht aus dem goldnen Becher trinken. Da sprach sie ‘ach Gott!’ da antworteten die drei Blutstropfen ‘wenn das deine Mutter wüßte, das Herz im Leibe thät ihr zerspringen.’ Aber die Königsbraut war demüthig, sagte nichts, und stieg wieder zu Pferd. So ritten sie etliche Meilen weiter fort, aber der Tag war warm, die Sonne stach, und sie durstete bald von neuem: da sie nun an einen Wasserfluß kamen, rief sie noch einmal ihrer Kammerjungfer ‘steig ab, und gieb mir aus meinem Goldbecher zu trinken,’ denn sie hatte aller bösen Worte längst vergessen. Die Kammerjungfer sprach aber, noch hochmüthiger, ‘wollt ihr trinken, so trinkt allein, ich mag nicht eure Magd sein.’ Da stieg die Königstochter hernieder vor großem Durst, und legte sich über das fließende Wasser, weinte und sprach ‘ach Gott!’ und die Blutstropfen antworteten wiederum ‘wenn das deine Mutter wüßte, das Herz im Leibe thät ihr zerspringen.’ Und wie sie so trank, und sich recht überlehnte, fiel ihr das Läppchen, worin die drei Tropfen waren, aus dem Busen, und floß mit dem Wasser fort ohne daß sie es in ihrer großen Angst merkte. Die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-01T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |