Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Mann aber hatte nun sein bischen übriges Geld ausgegeben, und hatte keinen rothen Heller mehr in der Tasche. Da sprach er zu sich selber 'der König hat so viel in seiner Schatzkammer, was er nicht braucht: Hungers kannst du nicht sterben, du willst da etwas nehmen, und wenn du wieder zu Geld kommst, kannst dus ja wieder hineinlegen.' Also machte er sich über die Schatzkammer, und nahm sich ein wenig davon, allein beim Herausschleichen ward er von den Leuten des Königs erwischt. Sie sagten er wäre ein Dieb, und führten ihn vor Gericht, und weil er Unrecht gethan hatte, ward er verurtheilt daß er in einem Kasten sollte aufs Wasser gesetzt werden. Der Kastendeckel war voll Löcher: damit Luft hinein konnte: auch ward ihm ein Krug Wasser und ein Laib Brot mit hinein gegeben. Wie er nun so auf dem Wasser schwamm und recht in Angst war, hörte er was krabbeln am Schloß, nagen und schnauben; auf einmal springt das Schloß auf, und der Deckel fährt in die Höhe, und stehen da Maus, Affe und Bär, die hattens gethan; weil er ihnen geholfen hatte, wollten sie ihm wieder helfen. Nun wußten sie aber nicht was sie noch weiter thun sollten, und rathschlagten mit einander. Indem kam ein weißer Stein auf dem Wasser daher geschwommen, der sah aus wie ein rundes Ei. Da sagte der Bär 'der kommt zu rechter Zeit, das ist ein Wunderstein, wem der eigen ist, der kann sich wünschen wozu er nur Lust hat.' Da fieng der Mann den Stein, und wie er ihn in der Hand hielt, wünschte er sich ein Schloß mit Garten und Marstall, und kaum hatte er den Wunsch gesagt, so saß er in dem Schloß mit dem Garten und

Der Mann aber hatte nun sein bischen übriges Geld ausgegeben, und hatte keinen rothen Heller mehr in der Tasche. Da sprach er zu sich selber ‘der König hat so viel in seiner Schatzkammer, was er nicht braucht: Hungers kannst du nicht sterben, du willst da etwas nehmen, und wenn du wieder zu Geld kommst, kannst dus ja wieder hineinlegen.’ Also machte er sich über die Schatzkammer, und nahm sich ein wenig davon, allein beim Herausschleichen ward er von den Leuten des Königs erwischt. Sie sagten er wäre ein Dieb, und führten ihn vor Gericht, und weil er Unrecht gethan hatte, ward er verurtheilt daß er in einem Kasten sollte aufs Wasser gesetzt werden. Der Kastendeckel war voll Löcher: damit Luft hinein konnte: auch ward ihm ein Krug Wasser und ein Laib Brot mit hinein gegeben. Wie er nun so auf dem Wasser schwamm und recht in Angst war, hörte er was krabbeln am Schloß, nagen und schnauben; auf einmal springt das Schloß auf, und der Deckel fährt in die Höhe, und stehen da Maus, Affe und Bär, die hattens gethan; weil er ihnen geholfen hatte, wollten sie ihm wieder helfen. Nun wußten sie aber nicht was sie noch weiter thun sollten, und rathschlagten mit einander. Indem kam ein weißer Stein auf dem Wasser daher geschwommen, der sah aus wie ein rundes Ei. Da sagte der Bär ‘der kommt zu rechter Zeit, das ist ein Wunderstein, wem der eigen ist, der kann sich wünschen wozu er nur Lust hat.’ Da fieng der Mann den Stein, und wie er ihn in der Hand hielt, wünschte er sich ein Schloß mit Garten und Marstall, und kaum hatte er den Wunsch gesagt, so saß er in dem Schloß mit dem Garten und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0116" n="106"/>
        <p> Der Mann aber hatte nun sein bischen übriges Geld ausgegeben, und hatte keinen rothen Heller mehr in der Tasche. Da sprach er zu sich selber &#x2018;der König hat so viel in seiner Schatzkammer, was er nicht braucht: Hungers kannst du nicht sterben, du willst da etwas nehmen, und wenn du wieder zu Geld kommst, kannst dus ja wieder hineinlegen.&#x2019; Also machte er sich über die Schatzkammer, und nahm sich ein wenig davon, allein beim Herausschleichen ward er von den Leuten des Königs erwischt. Sie sagten er wäre ein Dieb, und führten ihn vor Gericht, und weil er Unrecht gethan hatte, ward er verurtheilt daß er in einem Kasten sollte aufs Wasser gesetzt werden. Der Kastendeckel war voll Löcher: damit Luft hinein konnte: auch ward ihm ein Krug Wasser und ein Laib Brot mit hinein gegeben. Wie er nun so auf dem Wasser schwamm und recht in Angst war, hörte er was krabbeln am Schloß, nagen und schnauben; auf einmal springt das Schloß auf, und der Deckel fährt in die Höhe, und stehen da Maus, Affe und Bär, die hattens gethan; weil er ihnen geholfen hatte, wollten sie ihm wieder helfen. Nun wußten sie aber nicht was sie noch weiter thun sollten, und rathschlagten mit einander. Indem kam ein weißer Stein auf dem Wasser daher geschwommen, der sah aus wie ein rundes Ei. Da sagte der Bär &#x2018;der kommt zu rechter Zeit, das ist ein Wunderstein, wem der eigen ist, der kann sich wünschen wozu er nur Lust hat.&#x2019; Da fieng der Mann den Stein, und wie er ihn in der Hand hielt, wünschte er sich ein Schloß mit Garten und Marstall, und kaum hatte er den Wunsch gesagt, so saß er in dem Schloß mit dem Garten und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0116] Der Mann aber hatte nun sein bischen übriges Geld ausgegeben, und hatte keinen rothen Heller mehr in der Tasche. Da sprach er zu sich selber ‘der König hat so viel in seiner Schatzkammer, was er nicht braucht: Hungers kannst du nicht sterben, du willst da etwas nehmen, und wenn du wieder zu Geld kommst, kannst dus ja wieder hineinlegen.’ Also machte er sich über die Schatzkammer, und nahm sich ein wenig davon, allein beim Herausschleichen ward er von den Leuten des Königs erwischt. Sie sagten er wäre ein Dieb, und führten ihn vor Gericht, und weil er Unrecht gethan hatte, ward er verurtheilt daß er in einem Kasten sollte aufs Wasser gesetzt werden. Der Kastendeckel war voll Löcher: damit Luft hinein konnte: auch ward ihm ein Krug Wasser und ein Laib Brot mit hinein gegeben. Wie er nun so auf dem Wasser schwamm und recht in Angst war, hörte er was krabbeln am Schloß, nagen und schnauben; auf einmal springt das Schloß auf, und der Deckel fährt in die Höhe, und stehen da Maus, Affe und Bär, die hattens gethan; weil er ihnen geholfen hatte, wollten sie ihm wieder helfen. Nun wußten sie aber nicht was sie noch weiter thun sollten, und rathschlagten mit einander. Indem kam ein weißer Stein auf dem Wasser daher geschwommen, der sah aus wie ein rundes Ei. Da sagte der Bär ‘der kommt zu rechter Zeit, das ist ein Wunderstein, wem der eigen ist, der kann sich wünschen wozu er nur Lust hat.’ Da fieng der Mann den Stein, und wie er ihn in der Hand hielt, wünschte er sich ein Schloß mit Garten und Marstall, und kaum hatte er den Wunsch gesagt, so saß er in dem Schloß mit dem Garten und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-01T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/116
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/116>, abgerufen am 19.12.2024.