Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1840.Die Vögel wollten sich nun über die Sache besprechen, und an einem schönen Maimorgen kamen sie alle aus Wäldern und Feldern zusammen, Adler und Buchfinke, Eule und Krähe, Lerche und Sperling, was soll ich sie alle nennen? selbst der Kukuk kam und der Wiedehopf, sein Küster, der so heißt, weil er sich immer ein paar Tage früher hören läßt; auch ein ganz kleiner Vogel, der noch keinen Namen hatte, mischte sich unter die Schaar. Das Huhn, das zufällig von der ganzen Sache nichts gehört hatte, verwunderte sich über die große Versammlung. 'Wat, wat, wat is den dar to don?' gackerte es, aber der Hahn beruhigte seine liebe Henne, und sagte 'luter riek Lüd,' und erzählte ihm was sie vor hätten. Es ward aber beschlossen daß der König sein sollte, der am höchsten fliegen könnte. Ein Laubfrosch, der im Gebüsche saß, rief, als er das hörte, warnend 'natt, natt, natt! natt, natt, natt!' weil er meinte es würden deshalb viel Thränen vergossen werden. Die Krähe aber sagte 'Quark ok!', es sollte alles friedlich abgehen. Es ward nun beschlossen, sie wollten gleich an diesem schönen Morgen aufsteigen, damit niemand hinterher sagen könnte 'ich wäre wohl noch höher geflogen, aber der Abend kam, da konnte ich nicht mehr.' Auf ein gegebenes Zeichen erhob sich also die ganze Schaar in die Lüfte. Der Staub stieg da von dem Felde auf, es war ein gewaltiges Sausen und Brausen und Fittichschlagen, und es sah aus als wenn eine schwarze Wolke dahin zöge. Die kleinern Vögel aber blieben bald zurück, konnten nicht weiter, und fielen wieder auf die Erde. Die größern Die Vögel wollten sich nun über die Sache besprechen, und an einem schönen Maimorgen kamen sie alle aus Wäldern und Feldern zusammen, Adler und Buchfinke, Eule und Krähe, Lerche und Sperling, was soll ich sie alle nennen? selbst der Kukuk kam und der Wiedehopf, sein Küster, der so heißt, weil er sich immer ein paar Tage früher hören läßt; auch ein ganz kleiner Vogel, der noch keinen Namen hatte, mischte sich unter die Schaar. Das Huhn, das zufällig von der ganzen Sache nichts gehört hatte, verwunderte sich über die große Versammlung. ‘Wat, wat, wat is den dar to don?’ gackerte es, aber der Hahn beruhigte seine liebe Henne, und sagte ‘luter riek Lüd,’ und erzählte ihm was sie vor hätten. Es ward aber beschlossen daß der König sein sollte, der am höchsten fliegen könnte. Ein Laubfrosch, der im Gebüsche saß, rief, als er das hörte, warnend ‘natt, natt, natt! natt, natt, natt!’ weil er meinte es würden deshalb viel Thränen vergossen werden. Die Krähe aber sagte ‘Quark ok!’, es sollte alles friedlich abgehen. Es ward nun beschlossen, sie wollten gleich an diesem schönen Morgen aufsteigen, damit niemand hinterher sagen könnte ‘ich wäre wohl noch höher geflogen, aber der Abend kam, da konnte ich nicht mehr.’ Auf ein gegebenes Zeichen erhob sich also die ganze Schaar in die Lüfte. Der Staub stieg da von dem Felde auf, es war ein gewaltiges Sausen und Brausen und Fittichschlagen, und es sah aus als wenn eine schwarze Wolke dahin zöge. Die kleinern Vögel aber blieben bald zurück, konnten nicht weiter, und fielen wieder auf die Erde. Die größern <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0400" n="379"/> <p> Die Vögel wollten sich nun über die Sache besprechen, und an einem schönen Maimorgen kamen sie alle aus Wäldern und Feldern zusammen, Adler und Buchfinke, Eule und Krähe, Lerche und Sperling, was soll ich sie alle nennen? selbst der Kukuk kam und der Wiedehopf, sein Küster, der so heißt, weil er sich immer ein paar Tage früher hören läßt; auch ein ganz kleiner Vogel, der noch keinen Namen hatte, mischte sich unter die Schaar. Das Huhn, das zufällig von der ganzen Sache nichts gehört hatte, verwunderte sich über die große Versammlung. ‘Wat, wat, wat is den dar to don?’ gackerte es, aber der Hahn beruhigte seine liebe Henne, und sagte ‘luter riek Lüd,’ und erzählte ihm was sie vor hätten. Es ward aber beschlossen daß der König sein sollte, der am höchsten fliegen könnte. Ein Laubfrosch, der im Gebüsche saß, rief, als er das hörte, warnend ‘natt, natt, natt! natt, natt, natt!’ weil er meinte es würden deshalb viel Thränen vergossen werden. Die Krähe aber sagte ‘Quark ok!’, es sollte alles friedlich abgehen.</p><lb/> <p>Es ward nun beschlossen, sie wollten gleich an diesem schönen Morgen aufsteigen, damit niemand hinterher sagen könnte ‘ich wäre wohl noch höher geflogen, aber der Abend kam, da konnte ich nicht mehr.’ Auf ein gegebenes Zeichen erhob sich also die ganze Schaar in die Lüfte. Der Staub stieg da von dem Felde auf, es war ein gewaltiges Sausen und Brausen und Fittichschlagen, und es sah aus als wenn eine schwarze Wolke dahin zöge. Die kleinern Vögel aber blieben bald zurück, konnten nicht weiter, und fielen wieder auf die Erde. Die größern </p> </div> </body> </text> </TEI> [379/0400]
Die Vögel wollten sich nun über die Sache besprechen, und an einem schönen Maimorgen kamen sie alle aus Wäldern und Feldern zusammen, Adler und Buchfinke, Eule und Krähe, Lerche und Sperling, was soll ich sie alle nennen? selbst der Kukuk kam und der Wiedehopf, sein Küster, der so heißt, weil er sich immer ein paar Tage früher hören läßt; auch ein ganz kleiner Vogel, der noch keinen Namen hatte, mischte sich unter die Schaar. Das Huhn, das zufällig von der ganzen Sache nichts gehört hatte, verwunderte sich über die große Versammlung. ‘Wat, wat, wat is den dar to don?’ gackerte es, aber der Hahn beruhigte seine liebe Henne, und sagte ‘luter riek Lüd,’ und erzählte ihm was sie vor hätten. Es ward aber beschlossen daß der König sein sollte, der am höchsten fliegen könnte. Ein Laubfrosch, der im Gebüsche saß, rief, als er das hörte, warnend ‘natt, natt, natt! natt, natt, natt!’ weil er meinte es würden deshalb viel Thränen vergossen werden. Die Krähe aber sagte ‘Quark ok!’, es sollte alles friedlich abgehen.
Es ward nun beschlossen, sie wollten gleich an diesem schönen Morgen aufsteigen, damit niemand hinterher sagen könnte ‘ich wäre wohl noch höher geflogen, aber der Abend kam, da konnte ich nicht mehr.’ Auf ein gegebenes Zeichen erhob sich also die ganze Schaar in die Lüfte. Der Staub stieg da von dem Felde auf, es war ein gewaltiges Sausen und Brausen und Fittichschlagen, und es sah aus als wenn eine schwarze Wolke dahin zöge. Die kleinern Vögel aber blieben bald zurück, konnten nicht weiter, und fielen wieder auf die Erde. Die größern
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-05-27T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |