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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1840.

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heimlich ihren Mann, und sprach 'hör, lieber Mann, wir wollen uns heute Nacht eine Streu machen, damit der arme Wanderer sich in unser Bett legen und ausruhen kann, er ist den ganzen Tag über gegangen, da wird einer müde.' 'Von Herzen gern,' antwortete er, 'ich wills ihm anbieten,' gieng zu dem lieben Gott, und bat ihn, wenns ihm recht wäre, möcht er sich in ihr Bett legen und seine Glieder ordentlich ausruhen. Der liebe Gott wollte den beiden Alten ihr Lager nicht nehmen, aber sie ließen nicht ab, bis er es endlich that, und sich in ihr Bett legte: sich selbst aber machten sie eine Streu auf die Erde. Am andern Morgen standen sie vor Tag schon auf, und kochten dem Gast ein Frühstück, so gut sie es hatten. Als nun die Sonne durchs Fensterlein schien, und der liebe Gott aufgestanden war, aß er wieder mit ihnen, und wollte dann seines Weges ziehen. Als er in der Thüre stand, sprach er 'weil ihr so mitleidig und fromm seid, so wünscht euch dreierlei, das will ich euch erfüllen.' Da sagte der Arme 'was soll ich mir sonst wünschen, als die ewige Seligkeit, und daß wir zwei, so lang wir leben, gesund sind, und unser nothdürftiges tägliches Brot haben; fürs dritte weiß ich mir nichts zu wünschen.' Der liebe Gott sprach 'willst du dir nicht ein neues Haus für das alte wünschen?' Da sagte der Mann ja, wenn das gienge, wärs ihm wohl lieb. Nun erfüllte der Herr ihre Wünsche, und verwandelte ihr altes Haus in ein schönes neues, und als das geschehen war, verließ er sie, und zog weiter.

Als es voller Tag war, der Reiche aufstand, und sich ins

heimlich ihren Mann, und sprach ‘hör, lieber Mann, wir wollen uns heute Nacht eine Streu machen, damit der arme Wanderer sich in unser Bett legen und ausruhen kann, er ist den ganzen Tag über gegangen, da wird einer müde.’ ‘Von Herzen gern,’ antwortete er, ‘ich wills ihm anbieten,’ gieng zu dem lieben Gott, und bat ihn, wenns ihm recht wäre, möcht er sich in ihr Bett legen und seine Glieder ordentlich ausruhen. Der liebe Gott wollte den beiden Alten ihr Lager nicht nehmen, aber sie ließen nicht ab, bis er es endlich that, und sich in ihr Bett legte: sich selbst aber machten sie eine Streu auf die Erde. Am andern Morgen standen sie vor Tag schon auf, und kochten dem Gast ein Frühstück, so gut sie es hatten. Als nun die Sonne durchs Fensterlein schien, und der liebe Gott aufgestanden war, aß er wieder mit ihnen, und wollte dann seines Weges ziehen. Als er in der Thüre stand, sprach er ‘weil ihr so mitleidig und fromm seid, so wünscht euch dreierlei, das will ich euch erfüllen.’ Da sagte der Arme ‘was soll ich mir sonst wünschen, als die ewige Seligkeit, und daß wir zwei, so lang wir leben, gesund sind, und unser nothdürftiges tägliches Brot haben; fürs dritte weiß ich mir nichts zu wünschen.’ Der liebe Gott sprach ‘willst du dir nicht ein neues Haus für das alte wünschen?’ Da sagte der Mann ja, wenn das gienge, wärs ihm wohl lieb. Nun erfüllte der Herr ihre Wünsche, und verwandelte ihr altes Haus in ein schönes neues, und als das geschehen war, verließ er sie, und zog weiter.

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[3/0024] heimlich ihren Mann, und sprach ‘hör, lieber Mann, wir wollen uns heute Nacht eine Streu machen, damit der arme Wanderer sich in unser Bett legen und ausruhen kann, er ist den ganzen Tag über gegangen, da wird einer müde.’ ‘Von Herzen gern,’ antwortete er, ‘ich wills ihm anbieten,’ gieng zu dem lieben Gott, und bat ihn, wenns ihm recht wäre, möcht er sich in ihr Bett legen und seine Glieder ordentlich ausruhen. Der liebe Gott wollte den beiden Alten ihr Lager nicht nehmen, aber sie ließen nicht ab, bis er es endlich that, und sich in ihr Bett legte: sich selbst aber machten sie eine Streu auf die Erde. Am andern Morgen standen sie vor Tag schon auf, und kochten dem Gast ein Frühstück, so gut sie es hatten. Als nun die Sonne durchs Fensterlein schien, und der liebe Gott aufgestanden war, aß er wieder mit ihnen, und wollte dann seines Weges ziehen. Als er in der Thüre stand, sprach er ‘weil ihr so mitleidig und fromm seid, so wünscht euch dreierlei, das will ich euch erfüllen.’ Da sagte der Arme ‘was soll ich mir sonst wünschen, als die ewige Seligkeit, und daß wir zwei, so lang wir leben, gesund sind, und unser nothdürftiges tägliches Brot haben; fürs dritte weiß ich mir nichts zu wünschen.’ Der liebe Gott sprach ‘willst du dir nicht ein neues Haus für das alte wünschen?’ Da sagte der Mann ja, wenn das gienge, wärs ihm wohl lieb. Nun erfüllte der Herr ihre Wünsche, und verwandelte ihr altes Haus in ein schönes neues, und als das geschehen war, verließ er sie, und zog weiter. Als es voller Tag war, der Reiche aufstand, und sich ins

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1840, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1840/24>, abgerufen am 28.04.2024.