Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.und ich unvermögend war den geringsten Laut von mir zu geben. Jndem sah ich bei dem Schein der Nachtlampe den Fremden in mein durch zwei Thüren fest verschlossenes Zimmer eintreten. Er näherte sich mir, und sagte daß er durch Zauberkräfte, die ihm zu Gebote ständen, die liebliche Musik habe ertönen lassen um mich aufzuwecken, und dringe jetzt selbst durch alle Schlösser in der Absicht, mir Herz und Hand anzubieten. Mein Widerwille aber gegen seine Zauberkünste war so groß, daß ich ihn keiner Antwort würdigte. Er blieb eine Zeit lang unbeweglich stehen, wahrscheinlich in der Absicht einen günstigen Entschluß zu erwarten, als ich aber fortfuhr zu schweigen, erklärte er zornig daß er sich rächen und Mittel finden werde meinen Hochmuth zu bestrafen, worauf er das Zimmer wieder verließ. Jch brachte die Nacht in höchster Unruhe zu, und schlummerte erst gegen Morgen ein. Als ich erwacht war, eilte ich zu meinem Bruder, um ihn von dem was vorgefallen war zu benachrichtigen, allein ich fand ihn nicht auf seinem Zimmer, und der Bediente sagte mir daß er bei anbrechendem Tage mit dem Fremden auf die Jagd geritten sey. Mir ahnete gleich nichts gutes; ich kleidete mich schnell an, ließ meinen Leibzelter satteln, und ritt, nur von einem Diener begleitet, in vollem Jagen nach dem Walde. Der Diener stürzte mit dem Pferde, und konnte mir, da das Pferd den Fuß gebrochen hatte, nicht folgen. Jch setzte, ohne mich aufzuhalten, meinen Weg fort, und in wenigen Minuten sah ich den Fremden mit einem schönen Hirsch, den er an der Leine führte, auf mich und ich unvermoͤgend war den geringsten Laut von mir zu geben. Jndem sah ich bei dem Schein der Nachtlampe den Fremden in mein durch zwei Thuͤren fest verschlossenes Zimmer eintreten. Er naͤherte sich mir, und sagte daß er durch Zauberkraͤfte, die ihm zu Gebote staͤnden, die liebliche Musik habe ertoͤnen lassen um mich aufzuwecken, und dringe jetzt selbst durch alle Schloͤsser in der Absicht, mir Herz und Hand anzubieten. Mein Widerwille aber gegen seine Zauberkuͤnste war so groß, daß ich ihn keiner Antwort wuͤrdigte. Er blieb eine Zeit lang unbeweglich stehen, wahrscheinlich in der Absicht einen guͤnstigen Entschluß zu erwarten, als ich aber fortfuhr zu schweigen, erklaͤrte er zornig daß er sich raͤchen und Mittel finden werde meinen Hochmuth zu bestrafen, worauf er das Zimmer wieder verließ. Jch brachte die Nacht in hoͤchster Unruhe zu, und schlummerte erst gegen Morgen ein. Als ich erwacht war, eilte ich zu meinem Bruder, um ihn von dem was vorgefallen war zu benachrichtigen, allein ich fand ihn nicht auf seinem Zimmer, und der Bediente sagte mir daß er bei anbrechendem Tage mit dem Fremden auf die Jagd geritten sey. Mir ahnete gleich nichts gutes; ich kleidete mich schnell an, ließ meinen Leibzelter satteln, und ritt, nur von einem Diener begleitet, in vollem Jagen nach dem Walde. Der Diener stuͤrzte mit dem Pferde, und konnte mir, da das Pferd den Fuß gebrochen hatte, nicht folgen. Jch setzte, ohne mich aufzuhalten, meinen Weg fort, und in wenigen Minuten sah ich den Fremden mit einem schoͤnen Hirsch, den er an der Leine fuͤhrte, auf mich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0353" n="337"/> und ich unvermoͤgend war den <choice><sic>gerinsten</sic><corr>geringsten</corr></choice> Laut von mir zu geben. Jndem sah ich bei dem Schein der Nachtlampe den Fremden in mein durch zwei Thuͤren fest verschlossenes Zimmer eintreten. Er naͤherte sich mir, und sagte daß er durch Zauberkraͤfte, die ihm zu Gebote staͤnden, die liebliche Musik habe ertoͤnen lassen um mich aufzuwecken, und dringe jetzt selbst durch alle Schloͤsser in der Absicht, mir Herz und Hand anzubieten. Mein Widerwille aber gegen seine Zauberkuͤnste war so groß, daß ich ihn keiner Antwort wuͤrdigte. Er blieb eine Zeit lang unbeweglich stehen, wahrscheinlich in der Absicht einen guͤnstigen Entschluß zu erwarten, als ich aber fortfuhr zu schweigen, erklaͤrte er zornig daß er sich raͤchen und Mittel finden werde meinen Hochmuth zu bestrafen, worauf er das Zimmer wieder verließ. Jch brachte die Nacht in hoͤchster Unruhe zu, und schlummerte erst gegen Morgen ein. Als ich erwacht war, eilte ich zu meinem Bruder, um ihn von dem was vorgefallen war zu benachrichtigen, allein ich fand ihn nicht auf seinem Zimmer, und der Bediente sagte mir daß er bei anbrechendem Tage mit dem Fremden auf die Jagd geritten sey.</p><lb/> <p>Mir ahnete gleich nichts gutes; ich kleidete mich schnell an, ließ meinen Leibzelter satteln, und ritt, nur von einem Diener begleitet, in vollem Jagen nach dem Walde. Der Diener stuͤrzte mit dem Pferde, und konnte mir, da das Pferd den Fuß gebrochen hatte, nicht folgen. Jch setzte, ohne mich aufzuhalten, meinen Weg fort, und in wenigen Minuten sah ich den Fremden mit einem schoͤnen Hirsch, den er an der Leine fuͤhrte, auf mich </p> </div> </body> </text> </TEI> [337/0353]
und ich unvermoͤgend war den geringsten Laut von mir zu geben. Jndem sah ich bei dem Schein der Nachtlampe den Fremden in mein durch zwei Thuͤren fest verschlossenes Zimmer eintreten. Er naͤherte sich mir, und sagte daß er durch Zauberkraͤfte, die ihm zu Gebote staͤnden, die liebliche Musik habe ertoͤnen lassen um mich aufzuwecken, und dringe jetzt selbst durch alle Schloͤsser in der Absicht, mir Herz und Hand anzubieten. Mein Widerwille aber gegen seine Zauberkuͤnste war so groß, daß ich ihn keiner Antwort wuͤrdigte. Er blieb eine Zeit lang unbeweglich stehen, wahrscheinlich in der Absicht einen guͤnstigen Entschluß zu erwarten, als ich aber fortfuhr zu schweigen, erklaͤrte er zornig daß er sich raͤchen und Mittel finden werde meinen Hochmuth zu bestrafen, worauf er das Zimmer wieder verließ. Jch brachte die Nacht in hoͤchster Unruhe zu, und schlummerte erst gegen Morgen ein. Als ich erwacht war, eilte ich zu meinem Bruder, um ihn von dem was vorgefallen war zu benachrichtigen, allein ich fand ihn nicht auf seinem Zimmer, und der Bediente sagte mir daß er bei anbrechendem Tage mit dem Fremden auf die Jagd geritten sey.
Mir ahnete gleich nichts gutes; ich kleidete mich schnell an, ließ meinen Leibzelter satteln, und ritt, nur von einem Diener begleitet, in vollem Jagen nach dem Walde. Der Diener stuͤrzte mit dem Pferde, und konnte mir, da das Pferd den Fuß gebrochen hatte, nicht folgen. Jch setzte, ohne mich aufzuhalten, meinen Weg fort, und in wenigen Minuten sah ich den Fremden mit einem schoͤnen Hirsch, den er an der Leine fuͤhrte, auf mich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/353 |
Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/353>, abgerufen am 17.06.2024. |