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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

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Maitag. Jn Schwaben gehen die Kinder mit Sonnenaufgang in den Wald, die Knaben tragen Stäbe mit seidenen Tüchern, die Mädchen Zweige mit Bändern. Jhr Führer ist ein Maikönig, der sich eine Königin wählen darf. Beide fangen den Tanz an, der mit dem Kußtanz schließt, wo ein Kreis gebildet wird, in dessen Mitte ein Knabe steht, der nach seinem Gefallen einem Mädchen das Tuch zuwirft und es küßt. Darauf kommt dieses in den Kreis und fordert auf, so geht es weiter. Jn England wurde am Maitag vormals (bis zur Reformation) um eine mit Bändern geschmückte Stange getanzt. Ein Knabe war als Jungfrau Maria verkleidet, ein anderer wie ein Mönch, und noch ein dritter ritt auf einem Steckenpferd mit Klingschellen und bunten Streifen. - Jn Schlesien peitschen die Kinder einander scherzweise zu Ostern mit bunten, aus Weiden geflochtenen Peitschen, die Schmagostern heißen, und bespritzen sich mit Wasser. Sie bekommen bunte Eier, Kuchen und ein zu diesem Feste gebackenes Geldbrot geschenkt. Mit einem ausgeschmückten Maibaum ziehen sie, während bestimmte Lieder gesungen werden, von Haus zu Haus und erhalten Geld und Fastenpretzeln. Auf der Spitze des Baums, gewöhnlich eine Fichte oder Tanne, sitzt eine Lappenpuppe, die mit Goldpapier, farbigen Eierschalen und Strohgewinden umhangen ist (Allg. Anzeiger der Deutschen 1808., Nr. 250.) Merkwürdig, daß auch in Marseille der Gebrauch herrscht, sich mit Wasser zu bespritzen (Millins Reise ins südl. Frankr. Bd. 3.). Das Peitschen ist eben so im Erzgebirge üblich. - Jm Oestreichischen wählen die Dorfjungen zu Pfingsten einen Pfingstkönig,

Maitag. Jn Schwaben gehen die Kinder mit Sonnenaufgang in den Wald, die Knaben tragen Staͤbe mit seidenen Tuͤchern, die Maͤdchen Zweige mit Baͤndern. Jhr Fuͤhrer ist ein Maikoͤnig, der sich eine Koͤnigin waͤhlen darf. Beide fangen den Tanz an, der mit dem Kußtanz schließt, wo ein Kreis gebildet wird, in dessen Mitte ein Knabe steht, der nach seinem Gefallen einem Maͤdchen das Tuch zuwirft und es kuͤßt. Darauf kommt dieses in den Kreis und fordert auf, so geht es weiter. Jn England wurde am Maitag vormals (bis zur Reformation) um eine mit Baͤndern geschmuͤckte Stange getanzt. Ein Knabe war als Jungfrau Maria verkleidet, ein anderer wie ein Moͤnch, und noch ein dritter ritt auf einem Steckenpferd mit Klingschellen und bunten Streifen. - Jn Schlesien peitschen die Kinder einander scherzweise zu Ostern mit bunten, aus Weiden geflochtenen Peitschen, die Schmagostern heißen, und bespritzen sich mit Wasser. Sie bekommen bunte Eier, Kuchen und ein zu diesem Feste gebackenes Geldbrot geschenkt. Mit einem ausgeschmuͤckten Maibaum ziehen sie, waͤhrend bestimmte Lieder gesungen werden, von Haus zu Haus und erhalten Geld und Fastenpretzeln. Auf der Spitze des Baums, gewoͤhnlich eine Fichte oder Tanne, sitzt eine Lappenpuppe, die mit Goldpapier, farbigen Eierschalen und Strohgewinden umhangen ist (Allg. Anzeiger der Deutschen 1808., Nr. 250.) Merkwuͤrdig, daß auch in Marseille der Gebrauch herrscht, sich mit Wasser zu bespritzen (Millins Reise ins suͤdl. Frankr. Bd. 3.). Das Peitschen ist eben so im Erzgebirge uͤblich. - Jm Oestreichischen waͤhlen die Dorfjungen zu Pfingsten einen Pfingstkoͤnig,

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[XL/0046] Maitag. Jn Schwaben gehen die Kinder mit Sonnenaufgang in den Wald, die Knaben tragen Staͤbe mit seidenen Tuͤchern, die Maͤdchen Zweige mit Baͤndern. Jhr Fuͤhrer ist ein Maikoͤnig, der sich eine Koͤnigin waͤhlen darf. Beide fangen den Tanz an, der mit dem Kußtanz schließt, wo ein Kreis gebildet wird, in dessen Mitte ein Knabe steht, der nach seinem Gefallen einem Maͤdchen das Tuch zuwirft und es kuͤßt. Darauf kommt dieses in den Kreis und fordert auf, so geht es weiter. Jn England wurde am Maitag vormals (bis zur Reformation) um eine mit Baͤndern geschmuͤckte Stange getanzt. Ein Knabe war als Jungfrau Maria verkleidet, ein anderer wie ein Moͤnch, und noch ein dritter ritt auf einem Steckenpferd mit Klingschellen und bunten Streifen. - Jn Schlesien peitschen die Kinder einander scherzweise zu Ostern mit bunten, aus Weiden geflochtenen Peitschen, die Schmagostern heißen, und bespritzen sich mit Wasser. Sie bekommen bunte Eier, Kuchen und ein zu diesem Feste gebackenes Geldbrot geschenkt. Mit einem ausgeschmuͤckten Maibaum ziehen sie, waͤhrend bestimmte Lieder gesungen werden, von Haus zu Haus und erhalten Geld und Fastenpretzeln. Auf der Spitze des Baums, gewoͤhnlich eine Fichte oder Tanne, sitzt eine Lappenpuppe, die mit Goldpapier, farbigen Eierschalen und Strohgewinden umhangen ist (Allg. Anzeiger der Deutschen 1808., Nr. 250.) Merkwuͤrdig, daß auch in Marseille der Gebrauch herrscht, sich mit Wasser zu bespritzen (Millins Reise ins suͤdl. Frankr. Bd. 3.). Das Peitschen ist eben so im Erzgebirge uͤblich. - Jm Oestreichischen waͤhlen die Dorfjungen zu Pfingsten einen Pfingstkoͤnig,

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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. XL. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/46>, abgerufen am 22.11.2024.