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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

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sie ihn, wo er den Degen her hätte, da stände ja ihres Vaters Name darauf! Fragte er, ob sie des Königs Tochter wäre? "ja" sagte sie. "Mit diesem Säbel, sprach er, hab' ich drei Riesen den Kopf abgehauen" und holte zum Zeichen ihre Zungen aus dem Ranzen, dann zeigte er ihr auch den Pantoffel, den Schlippen vom Halstuch und das Stück vom Hemd. Da war sie voller Freude und sagte, er wär' derjenige, der sie erlöst hätte. Darauf gingen sie zusammen zum alten König, und sie führte ihn in ihre Kammer und sagte ihm, der Jäger sey der rechte, der sie erlöst hätte von den Riesen. Und wie der alte König die Wahrzeichen alle sah, da konnt' er nicht mehr zweifeln und sagte, das wär' ihm lieb, und er sollte sie nun auch zur Gemahlin haben; darüber war die Jungfrau von Herzen froh. Darauf kleideten sie ihn, als wenn er ein fremder Herr wäre, und der König ließ ein Gastmahl anstellen. Als sie nun zu Tisch gingen, kam der Hauptmann auf die linke Seite der Königstochter, der Jäger aber auf die rechte, und der Hauptmann meinte, das sey ein fremder Herr und wär' zum Besuch gekommen. Wie sie gegessen und getrunken hatten, sprach der alte König zum Hauptmann, er wollt' ihm etwas aufgeben, das sollt' er errathen: wenn einer spräch, er hätte drei Riesen ums Leben gebracht und er gefragt würde, wo die Zungen der Riesen wären, und er müßt' zusehen, und wären keine in ihren Köpfen, wie das zuginge? Da sagte der Hauptmann: "sie werden keine gehabt haben." "Ei! sagte der König, jed' Gethier hat eine Zunge," und fragte weiter, was der werth wäre, daß ihm widerführe? Da sprach der Hauptmann:

sie ihn, wo er den Degen her haͤtte, da staͤnde ja ihres Vaters Name darauf! Fragte er, ob sie des Koͤnigs Tochter waͤre? „ja“ sagte sie. „Mit diesem Saͤbel, sprach er, hab’ ich drei Riesen den Kopf abgehauen“ und holte zum Zeichen ihre Zungen aus dem Ranzen, dann zeigte er ihr auch den Pantoffel, den Schlippen vom Halstuch und das Stuͤck vom Hemd. Da war sie voller Freude und sagte, er waͤr’ derjenige, der sie erloͤst haͤtte. Darauf gingen sie zusammen zum alten Koͤnig, und sie fuͤhrte ihn in ihre Kammer und sagte ihm, der Jaͤger sey der rechte, der sie erloͤst haͤtte von den Riesen. Und wie der alte Koͤnig die Wahrzeichen alle sah, da konnt’ er nicht mehr zweifeln und sagte, das waͤr’ ihm lieb, und er sollte sie nun auch zur Gemahlin haben; daruͤber war die Jungfrau von Herzen froh. Darauf kleideten sie ihn, als wenn er ein fremder Herr waͤre, und der Koͤnig ließ ein Gastmahl anstellen. Als sie nun zu Tisch gingen, kam der Hauptmann auf die linke Seite der Koͤnigstochter, der Jaͤger aber auf die rechte, und der Hauptmann meinte, das sey ein fremder Herr und waͤr’ zum Besuch gekommen. Wie sie gegessen und getrunken hatten, sprach der alte Koͤnig zum Hauptmann, er wollt’ ihm etwas aufgeben, das sollt’ er errathen: wenn einer spraͤch, er haͤtte drei Riesen ums Leben gebracht und er gefragt wuͤrde, wo die Zungen der Riesen waͤren, und er muͤßt’ zusehen, und waͤren keine in ihren Koͤpfen, wie das zuginge? Da sagte der Hauptmann: „sie werden keine gehabt haben.“ „Ei! sagte der Koͤnig, jed’ Gethier hat eine Zunge,“ und fragte weiter, was der werth waͤre, daß ihm widerfuͤhre? Da sprach der Hauptmann:

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[129/0207] sie ihn, wo er den Degen her haͤtte, da staͤnde ja ihres Vaters Name darauf! Fragte er, ob sie des Koͤnigs Tochter waͤre? „ja“ sagte sie. „Mit diesem Saͤbel, sprach er, hab’ ich drei Riesen den Kopf abgehauen“ und holte zum Zeichen ihre Zungen aus dem Ranzen, dann zeigte er ihr auch den Pantoffel, den Schlippen vom Halstuch und das Stuͤck vom Hemd. Da war sie voller Freude und sagte, er waͤr’ derjenige, der sie erloͤst haͤtte. Darauf gingen sie zusammen zum alten Koͤnig, und sie fuͤhrte ihn in ihre Kammer und sagte ihm, der Jaͤger sey der rechte, der sie erloͤst haͤtte von den Riesen. Und wie der alte Koͤnig die Wahrzeichen alle sah, da konnt’ er nicht mehr zweifeln und sagte, das waͤr’ ihm lieb, und er sollte sie nun auch zur Gemahlin haben; daruͤber war die Jungfrau von Herzen froh. Darauf kleideten sie ihn, als wenn er ein fremder Herr waͤre, und der Koͤnig ließ ein Gastmahl anstellen. Als sie nun zu Tisch gingen, kam der Hauptmann auf die linke Seite der Koͤnigstochter, der Jaͤger aber auf die rechte, und der Hauptmann meinte, das sey ein fremder Herr und waͤr’ zum Besuch gekommen. Wie sie gegessen und getrunken hatten, sprach der alte Koͤnig zum Hauptmann, er wollt’ ihm etwas aufgeben, das sollt’ er errathen: wenn einer spraͤch, er haͤtte drei Riesen ums Leben gebracht und er gefragt wuͤrde, wo die Zungen der Riesen waͤren, und er muͤßt’ zusehen, und waͤren keine in ihren Koͤpfen, wie das zuginge? Da sagte der Hauptmann: „sie werden keine gehabt haben.“ „Ei! sagte der Koͤnig, jed’ Gethier hat eine Zunge,“ und fragte weiter, was der werth waͤre, daß ihm widerfuͤhre? Da sprach der Hauptmann:

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/207>, abgerufen am 04.05.2024.