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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

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Unrecht, und spielte einen neuen Hüpfauf. Da legte sich der Jude auf Bitten und Versprechen und wollte ihm Geld geben, wenn er aufhörte, allein das Geld war dem Knecht erst lange nicht genug und trieb ihn immer weiter, bis der Jude ihm hundert harte Gulden verhieß, die er im Beutel führte und eben einem Christen abgeprellt hatte. Wie mein Knecht das viele Geld sah, sprach er: "unter dieser Bedingung ja," nahm den Beutel und stellte sein Fiedeln ein; darauf ging er ruhig und vergnügt weiter die Straße.

Der Jude riß sich halb nackt und armselig aus dem Dornstrauch, überschlug, wie er sich rächen möchte, und fluchte dem Gesellen alles Böse nach. Lief endlich zum Richter, klagte daß er von einem Bösewicht unverschuldeter Weise seines Geldes beraubt und noch dazu zerschlagen wäre, daß es erbarmte, und der Kerl, der es gethan hätte, trüge ein Rohr auf dem Buckel und eine Geige hinge an seinem Hals. Da sandte der Richter Boten und Häscher aus, die sollten den Knecht fahen, wo sie ihn könnten sehen, der wurde bald ertappt und vor Gericht gestellt. Da klagte der Jude, daß er ihm das Geld geraubt hätte, der Knecht sagte: "nein, gegeben hast du mir's, weil ich dir aufgespielt habe," aber der Richter machte das Ding kurz und verurtheilte meinen Knecht zum Tod am Galgen. Schon stand er auf der Leitersprosse, den Strick am Hals, da sprach er: "Herr Richter, gewährt mir eine letzte Bitte!" -- "Wofern du nicht dein Leben bittest, soll sie gewährt seyn." "Nein, um mein Leben ist's nicht, laßt mich noch eins auf meiner Geige geigen zu guter Letzt." Da schrie

Unrecht, und spielte einen neuen Huͤpfauf. Da legte sich der Jude auf Bitten und Versprechen und wollte ihm Geld geben, wenn er aufhoͤrte, allein das Geld war dem Knecht erst lange nicht genug und trieb ihn immer weiter, bis der Jude ihm hundert harte Gulden verhieß, die er im Beutel fuͤhrte und eben einem Christen abgeprellt hatte. Wie mein Knecht das viele Geld sah, sprach er: „unter dieser Bedingung ja,“ nahm den Beutel und stellte sein Fiedeln ein; darauf ging er ruhig und vergnuͤgt weiter die Straße.

Der Jude riß sich halb nackt und armselig aus dem Dornstrauch, uͤberschlug, wie er sich raͤchen moͤchte, und fluchte dem Gesellen alles Boͤse nach. Lief endlich zum Richter, klagte daß er von einem Boͤsewicht unverschuldeter Weise seines Geldes beraubt und noch dazu zerschlagen waͤre, daß es erbarmte, und der Kerl, der es gethan haͤtte, truͤge ein Rohr auf dem Buckel und eine Geige hinge an seinem Hals. Da sandte der Richter Boten und Haͤscher aus, die sollten den Knecht fahen, wo sie ihn koͤnnten sehen, der wurde bald ertappt und vor Gericht gestellt. Da klagte der Jude, daß er ihm das Geld geraubt haͤtte, der Knecht sagte: „nein, gegeben hast du mir’s, weil ich dir aufgespielt habe,“ aber der Richter machte das Ding kurz und verurtheilte meinen Knecht zum Tod am Galgen. Schon stand er auf der Leitersprosse, den Strick am Hals, da sprach er: „Herr Richter, gewaͤhrt mir eine letzte Bitte!“ — „Wofern du nicht dein Leben bittest, soll sie gewaͤhrt seyn.“ „Nein, um mein Leben ist’s nicht, laßt mich noch eins auf meiner Geige geigen zu guter Letzt.“ Da schrie

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[121/0199] Unrecht, und spielte einen neuen Huͤpfauf. Da legte sich der Jude auf Bitten und Versprechen und wollte ihm Geld geben, wenn er aufhoͤrte, allein das Geld war dem Knecht erst lange nicht genug und trieb ihn immer weiter, bis der Jude ihm hundert harte Gulden verhieß, die er im Beutel fuͤhrte und eben einem Christen abgeprellt hatte. Wie mein Knecht das viele Geld sah, sprach er: „unter dieser Bedingung ja,“ nahm den Beutel und stellte sein Fiedeln ein; darauf ging er ruhig und vergnuͤgt weiter die Straße. Der Jude riß sich halb nackt und armselig aus dem Dornstrauch, uͤberschlug, wie er sich raͤchen moͤchte, und fluchte dem Gesellen alles Boͤse nach. Lief endlich zum Richter, klagte daß er von einem Boͤsewicht unverschuldeter Weise seines Geldes beraubt und noch dazu zerschlagen waͤre, daß es erbarmte, und der Kerl, der es gethan haͤtte, truͤge ein Rohr auf dem Buckel und eine Geige hinge an seinem Hals. Da sandte der Richter Boten und Haͤscher aus, die sollten den Knecht fahen, wo sie ihn koͤnnten sehen, der wurde bald ertappt und vor Gericht gestellt. Da klagte der Jude, daß er ihm das Geld geraubt haͤtte, der Knecht sagte: „nein, gegeben hast du mir’s, weil ich dir aufgespielt habe,“ aber der Richter machte das Ding kurz und verurtheilte meinen Knecht zum Tod am Galgen. Schon stand er auf der Leitersprosse, den Strick am Hals, da sprach er: „Herr Richter, gewaͤhrt mir eine letzte Bitte!“ — „Wofern du nicht dein Leben bittest, soll sie gewaͤhrt seyn.“ „Nein, um mein Leben ist’s nicht, laßt mich noch eins auf meiner Geige geigen zu guter Letzt.“ Da schrie

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/199>, abgerufen am 22.11.2024.