Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

viel, daß der ganze Wald voll war. Da ließ Hans mein Jgel seinem Vater sagen, sie sollten alle Ställe im Dorf ledig machen und räumen, er käme mit einer so großen Heerde Schweine, daß jeder schlachten sollte, der nur schlachten könnte. Da war sein Vater betrübt, als er das hörte, denn er dachte, Hans mein Jgel wäre schon lang' gestorben. Hans mein Jgel aber setzte sich auf seinen Göckelhahn, trieb die Schweine vor sich her ins Dorf und ließ schlachten; hu! da war ein Gemetzel und ein Hacken, daß man's zwei Stunden weit hören konnte. Darnach sagte Hans mein Jgel: "Väterchen, laßt mir meinen Göckelhahn noch einmal vor der Schmiede beschlagen, dann reit' ich fort und komm' mein Lebtag nicht wieder." Da ließ der Vater den Göckelhahn beschlagen und war froh, daß Hans mein Jgel nicht wieder kommen wollte.

Hans mein Jgel ritt fort in das erste Königreich, da hatte der König befohlen, wenn einer käme auf einem Hahn geritten und hätte einen Dudelsack bei sich, dann sollten alle auf ihn schießen, hauen und stechen, damit er nicht in's Schloß käme. Als nun Hans mein Jgel daher geritten kam, drangen sie mit den Bajonetten auf ihn ein, er aber gab dem Hahn die Sporn, flog auf, über das Thor hin vor des Königs Fenster, setzte sich da und rief ihm zu: "sollt' ihm geben, was er versprochen hätte, sonst so wollt' er ihm und seiner Tochter das Leben nehmen." Da gab der König seiner Tochter gute Worte, sie möchte zu ihm hinaus gehen, damit sie ihm und sich das Leben rettete. Da zog sie sich weiß an und ihr Vater gab ihr einen Wagen mit sechs

viel, daß der ganze Wald voll war. Da ließ Hans mein Jgel seinem Vater sagen, sie sollten alle Staͤlle im Dorf ledig machen und raͤumen, er kaͤme mit einer so großen Heerde Schweine, daß jeder schlachten sollte, der nur schlachten koͤnnte. Da war sein Vater betruͤbt, als er das hoͤrte, denn er dachte, Hans mein Jgel waͤre schon lang’ gestorben. Hans mein Jgel aber setzte sich auf seinen Goͤckelhahn, trieb die Schweine vor sich her ins Dorf und ließ schlachten; hu! da war ein Gemetzel und ein Hacken, daß man’s zwei Stunden weit hoͤren konnte. Darnach sagte Hans mein Jgel: „Vaͤterchen, laßt mir meinen Goͤckelhahn noch einmal vor der Schmiede beschlagen, dann reit’ ich fort und komm’ mein Lebtag nicht wieder.“ Da ließ der Vater den Goͤckelhahn beschlagen und war froh, daß Hans mein Jgel nicht wieder kommen wollte.

Hans mein Jgel ritt fort in das erste Koͤnigreich, da hatte der Koͤnig befohlen, wenn einer kaͤme auf einem Hahn geritten und haͤtte einen Dudelsack bei sich, dann sollten alle auf ihn schießen, hauen und stechen, damit er nicht in’s Schloß kaͤme. Als nun Hans mein Jgel daher geritten kam, drangen sie mit den Bajonetten auf ihn ein, er aber gab dem Hahn die Sporn, flog auf, uͤber das Thor hin vor des Koͤnigs Fenster, setzte sich da und rief ihm zu: „sollt’ ihm geben, was er versprochen haͤtte, sonst so wollt’ er ihm und seiner Tochter das Leben nehmen.“ Da gab der Koͤnig seiner Tochter gute Worte, sie moͤchte zu ihm hinaus gehen, damit sie ihm und sich das Leben rettete. Da zog sie sich weiß an und ihr Vater gab ihr einen Wagen mit sechs

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0193" n="115"/>
viel, daß der ganze Wald voll war. Da ließ Hans mein Jgel seinem Vater sagen, sie sollten alle Sta&#x0364;lle im Dorf ledig machen und ra&#x0364;umen, er ka&#x0364;me mit einer so großen Heerde Schweine, daß jeder schlachten sollte, der nur schlachten ko&#x0364;nnte. Da war sein Vater betru&#x0364;bt, als er das ho&#x0364;rte, denn er dachte, Hans mein Jgel wa&#x0364;re schon lang&#x2019; gestorben. Hans mein Jgel aber setzte sich auf seinen Go&#x0364;ckelhahn, trieb die Schweine vor sich her ins Dorf und ließ schlachten; hu! da war ein Gemetzel und ein Hacken, daß man&#x2019;s zwei Stunden weit ho&#x0364;ren konnte. Darnach sagte Hans mein Jgel: &#x201E;Va&#x0364;terchen, laßt mir meinen Go&#x0364;ckelhahn noch einmal vor der Schmiede beschlagen, dann reit&#x2019; ich fort und komm&#x2019; mein Lebtag nicht wieder.&#x201C; Da ließ der Vater den Go&#x0364;ckelhahn beschlagen und war froh, daß Hans mein Jgel nicht wieder kommen wollte.</p><lb/>
        <p>Hans mein Jgel ritt fort in das erste Ko&#x0364;nigreich, da hatte der Ko&#x0364;nig befohlen, wenn einer ka&#x0364;me auf einem Hahn geritten und ha&#x0364;tte einen Dudelsack bei sich, dann sollten alle auf ihn schießen, hauen und stechen, damit er nicht in&#x2019;s Schloß ka&#x0364;me. Als nun Hans mein Jgel daher geritten kam, drangen sie mit den Bajonetten auf ihn ein, er aber gab dem Hahn die Sporn, flog auf, u&#x0364;ber das Thor hin vor des Ko&#x0364;nigs Fenster, setzte sich da und rief ihm zu: &#x201E;sollt&#x2019; ihm geben, was er versprochen ha&#x0364;tte, sonst so wollt&#x2019; er ihm und seiner Tochter das Leben nehmen.&#x201C; Da gab der Ko&#x0364;nig seiner Tochter gute Worte, sie mo&#x0364;chte zu ihm hinaus gehen, damit sie ihm und sich das Leben rettete. Da zog sie sich weiß an und ihr Vater gab ihr einen Wagen mit sechs
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0193] viel, daß der ganze Wald voll war. Da ließ Hans mein Jgel seinem Vater sagen, sie sollten alle Staͤlle im Dorf ledig machen und raͤumen, er kaͤme mit einer so großen Heerde Schweine, daß jeder schlachten sollte, der nur schlachten koͤnnte. Da war sein Vater betruͤbt, als er das hoͤrte, denn er dachte, Hans mein Jgel waͤre schon lang’ gestorben. Hans mein Jgel aber setzte sich auf seinen Goͤckelhahn, trieb die Schweine vor sich her ins Dorf und ließ schlachten; hu! da war ein Gemetzel und ein Hacken, daß man’s zwei Stunden weit hoͤren konnte. Darnach sagte Hans mein Jgel: „Vaͤterchen, laßt mir meinen Goͤckelhahn noch einmal vor der Schmiede beschlagen, dann reit’ ich fort und komm’ mein Lebtag nicht wieder.“ Da ließ der Vater den Goͤckelhahn beschlagen und war froh, daß Hans mein Jgel nicht wieder kommen wollte. Hans mein Jgel ritt fort in das erste Koͤnigreich, da hatte der Koͤnig befohlen, wenn einer kaͤme auf einem Hahn geritten und haͤtte einen Dudelsack bei sich, dann sollten alle auf ihn schießen, hauen und stechen, damit er nicht in’s Schloß kaͤme. Als nun Hans mein Jgel daher geritten kam, drangen sie mit den Bajonetten auf ihn ein, er aber gab dem Hahn die Sporn, flog auf, uͤber das Thor hin vor des Koͤnigs Fenster, setzte sich da und rief ihm zu: „sollt’ ihm geben, was er versprochen haͤtte, sonst so wollt’ er ihm und seiner Tochter das Leben nehmen.“ Da gab der Koͤnig seiner Tochter gute Worte, sie moͤchte zu ihm hinaus gehen, damit sie ihm und sich das Leben rettete. Da zog sie sich weiß an und ihr Vater gab ihr einen Wagen mit sechs

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/193
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/193>, abgerufen am 08.05.2024.