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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

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waren, mittendrein. Als nun die Bauern zusammen kamen, fingen sie an sich zu zanken, schmeißen und lärmen und der Ochsenbauer wollte das Füllchen behalten und sagte, die Ochsen hätten's gehabt, und der andere sagte, nein, seine Pferde hätten's gehabt und es wär' sein. Der Zank kam vor den König und der that den Ausspruch: wo das Füllen gelegen hätte, da sollt' es bleiben, und also bekam's der Ochsenbauer, dem's doch nicht gehörte. Da ging der andere weg, weinte und lamentirte über sein Füllchen; nun so hatte er gehört, wie daß die Frau Königin so gnädig sey, weil sie auch von armen Bauersleuten gekommen wäre, ging zu ihr und bat sie, ob sie ihm nicht helfen könnte, daß er sein Füllchen wieder bekäme. Sagte sie: "ja, wenn ihr mir versprecht, daß ihr mich nicht verrathen wollt, will ich's euch sagen: morgen früh, wenn der König auf der Wachtparade ist, so stellt euch hin mitten in die Straße, wo er vorbei kommen muß, nehmt ein großes Fischgarn und thut als fischtet ihr, und fischt also fort und schüttet es aus, als wenn ihr's voll hättet," und sagte ihm auch, was er antworten sollte, wenn er vom König gefragt würde. Also stand der Bauer am andern Tag da, und fischte auf einem trockenen Platz; wie der König vorbei kam und das sah, schickte er seinen Laufer hin, der sollte fragen, was der närrische Mann vorhabe. Da gab er zur Antwort: "ich fische." Fragte der Laufer, wie er fischen könnte, es wär' ja kein Wasser da. Sagte der Bauer: "so gut als zwei Ochsen können ein Füllen kriegen, so gut kann ich auch auf dem trockenen Platz fischen." Da ging der Laufer hin und brachte dem König

waren, mittendrein. Als nun die Bauern zusammen kamen, fingen sie an sich zu zanken, schmeißen und laͤrmen und der Ochsenbauer wollte das Fuͤllchen behalten und sagte, die Ochsen haͤtten’s gehabt, und der andere sagte, nein, seine Pferde haͤtten’s gehabt und es waͤr’ sein. Der Zank kam vor den Koͤnig und der that den Ausspruch: wo das Fuͤllen gelegen haͤtte, da sollt’ es bleiben, und also bekam’s der Ochsenbauer, dem’s doch nicht gehoͤrte. Da ging der andere weg, weinte und lamentirte uͤber sein Fuͤllchen; nun so hatte er gehoͤrt, wie daß die Frau Koͤnigin so gnaͤdig sey, weil sie auch von armen Bauersleuten gekommen waͤre, ging zu ihr und bat sie, ob sie ihm nicht helfen koͤnnte, daß er sein Fuͤllchen wieder bekaͤme. Sagte sie: „ja, wenn ihr mir versprecht, daß ihr mich nicht verrathen wollt, will ich’s euch sagen: morgen fruͤh, wenn der Koͤnig auf der Wachtparade ist, so stellt euch hin mitten in die Straße, wo er vorbei kommen muß, nehmt ein großes Fischgarn und thut als fischtet ihr, und fischt also fort und schuͤttet es aus, als wenn ihr’s voll haͤttet,“ und sagte ihm auch, was er antworten sollte, wenn er vom Koͤnig gefragt wuͤrde. Also stand der Bauer am andern Tag da, und fischte auf einem trockenen Platz; wie der Koͤnig vorbei kam und das sah, schickte er seinen Laufer hin, der sollte fragen, was der naͤrrische Mann vorhabe. Da gab er zur Antwort: „ich fische.“ Fragte der Laufer, wie er fischen koͤnnte, es waͤr’ ja kein Wasser da. Sagte der Bauer: „so gut als zwei Ochsen koͤnnen ein Fuͤllen kriegen, so gut kann ich auch auf dem trockenen Platz fischen.“ Da ging der Laufer hin und brachte dem Koͤnig

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[56/0134] waren, mittendrein. Als nun die Bauern zusammen kamen, fingen sie an sich zu zanken, schmeißen und laͤrmen und der Ochsenbauer wollte das Fuͤllchen behalten und sagte, die Ochsen haͤtten’s gehabt, und der andere sagte, nein, seine Pferde haͤtten’s gehabt und es waͤr’ sein. Der Zank kam vor den Koͤnig und der that den Ausspruch: wo das Fuͤllen gelegen haͤtte, da sollt’ es bleiben, und also bekam’s der Ochsenbauer, dem’s doch nicht gehoͤrte. Da ging der andere weg, weinte und lamentirte uͤber sein Fuͤllchen; nun so hatte er gehoͤrt, wie daß die Frau Koͤnigin so gnaͤdig sey, weil sie auch von armen Bauersleuten gekommen waͤre, ging zu ihr und bat sie, ob sie ihm nicht helfen koͤnnte, daß er sein Fuͤllchen wieder bekaͤme. Sagte sie: „ja, wenn ihr mir versprecht, daß ihr mich nicht verrathen wollt, will ich’s euch sagen: morgen fruͤh, wenn der Koͤnig auf der Wachtparade ist, so stellt euch hin mitten in die Straße, wo er vorbei kommen muß, nehmt ein großes Fischgarn und thut als fischtet ihr, und fischt also fort und schuͤttet es aus, als wenn ihr’s voll haͤttet,“ und sagte ihm auch, was er antworten sollte, wenn er vom Koͤnig gefragt wuͤrde. Also stand der Bauer am andern Tag da, und fischte auf einem trockenen Platz; wie der Koͤnig vorbei kam und das sah, schickte er seinen Laufer hin, der sollte fragen, was der naͤrrische Mann vorhabe. Da gab er zur Antwort: „ich fische.“ Fragte der Laufer, wie er fischen koͤnnte, es waͤr’ ja kein Wasser da. Sagte der Bauer: „so gut als zwei Ochsen koͤnnen ein Fuͤllen kriegen, so gut kann ich auch auf dem trockenen Platz fischen.“ Da ging der Laufer hin und brachte dem Koͤnig

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/134>, abgerufen am 08.05.2024.