daß er sein Füllchen wieder bekäme. Sagte sie, "ja," wenn ihr mir versprecht, daß ihr mich nicht verrathen wollt', will ich's euch sagen: morgen früh, wenn der König auf der Wachtparade ist, so stellt euch hin mitten in die Straße, wo er vor- beikommen muß, nehmt ein großes Fischgarn und thut als fischtet ihr, und fischt also fort und schüt- tet es aus, als wenn ihr's voll hättet, und sagte ihm auch, was er antworten sollte, wenn er vom König gefragt würde. Also stand der Bauer am andern Tag da, und fischte auf einem trockenen Platz; wie der König vorbeikam und das sah, schickte er seinen Laufer hin, der sollte fragen, was der närrische Mann vorhabe. Da gab er zur Antwort: "ich fische." Fragte der Laufer, wie er fischen könnte, es wär' ja kein Wasser da. Sagte der Bauer: "so gut als zwei Ochsen kön- nen ein Füllen kriegen, so gut kann ich auch auf dem trockenen Platz fischen." Da ging der Lau- fer hin und brachte dem König die Antwort, da ließ er den Bauer vor sich kommen und sagte ihm, das hätte er nicht von sich, von wem er das hätte? und sollt's gleich bekennen. Der Bauer aber wollt's nicht thun und sagte immer, Gottbe- wahr! er hätt' es von sich. Sie banden ihn aber auf ein Gebund Stroh und schlugen und drang- salten ihn so lange, bis er's bekannte, daß er's von der Frau Königin hätte. Als der König nach Haus kam, sagte er zu seiner Frau: "warum bist
daß er ſein Fuͤllchen wieder bekaͤme. Sagte ſie, „ja,“ wenn ihr mir verſprecht, daß ihr mich nicht verrathen wollt’, will ich’s euch ſagen: morgen fruͤh, wenn der Koͤnig auf der Wachtparade iſt, ſo ſtellt euch hin mitten in die Straße, wo er vor- beikommen muß, nehmt ein großes Fiſchgarn und thut als fiſchtet ihr, und fiſcht alſo fort und ſchuͤt- tet es aus, als wenn ihr’s voll haͤttet, und ſagte ihm auch, was er antworten ſollte, wenn er vom Koͤnig gefragt wuͤrde. Alſo ſtand der Bauer am andern Tag da, und fiſchte auf einem trockenen Platz; wie der Koͤnig vorbeikam und das ſah, ſchickte er ſeinen Laufer hin, der ſollte fragen, was der naͤrriſche Mann vorhabe. Da gab er zur Antwort: „ich fiſche.“ Fragte der Laufer, wie er fiſchen koͤnnte, es waͤr’ ja kein Waſſer da. Sagte der Bauer: „ſo gut als zwei Ochſen koͤn- nen ein Fuͤllen kriegen, ſo gut kann ich auch auf dem trockenen Platz fiſchen.“ Da ging der Lau- fer hin und brachte dem Koͤnig die Antwort, da ließ er den Bauer vor ſich kommen und ſagte ihm, das haͤtte er nicht von ſich, von wem er das haͤtte? und ſollt’s gleich bekennen. Der Bauer aber wollt’s nicht thun und ſagte immer, Gottbe- wahr! er haͤtt’ es von ſich. Sie banden ihn aber auf ein Gebund Stroh und ſchlugen und drang- ſalten ihn ſo lange, bis er’s bekannte, daß er’s von der Frau Koͤnigin haͤtte. Als der Koͤnig nach Haus kam, ſagte er zu ſeiner Frau: „warum biſt
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0087"n="66"/>
daß er ſein Fuͤllchen wieder bekaͤme. Sagte ſie,<lb/>„ja,“ wenn ihr mir verſprecht, daß ihr mich nicht<lb/>
verrathen wollt’, will ich’s euch ſagen: morgen<lb/>
fruͤh, wenn der Koͤnig auf der Wachtparade iſt,<lb/>ſo ſtellt euch hin mitten in die Straße, wo er vor-<lb/>
beikommen muß, nehmt ein großes Fiſchgarn und<lb/>
thut als fiſchtet ihr, und fiſcht alſo fort und ſchuͤt-<lb/>
tet es aus, als wenn ihr’s voll haͤttet, und ſagte<lb/>
ihm auch, was er antworten ſollte, wenn er vom<lb/>
Koͤnig gefragt wuͤrde. Alſo ſtand der Bauer am<lb/>
andern Tag da, und fiſchte auf einem trockenen<lb/>
Platz; wie der Koͤnig vorbeikam und das ſah,<lb/>ſchickte er ſeinen Laufer hin, der ſollte fragen,<lb/>
was der naͤrriſche Mann vorhabe. Da gab er<lb/>
zur Antwort: „ich fiſche.“ Fragte der Laufer,<lb/>
wie er fiſchen koͤnnte, es waͤr’ ja kein Waſſer da.<lb/>
Sagte der Bauer: „ſo gut als zwei Ochſen koͤn-<lb/>
nen ein Fuͤllen kriegen, ſo gut kann ich auch auf<lb/>
dem trockenen Platz fiſchen.“ Da ging der Lau-<lb/>
fer hin und brachte dem Koͤnig die Antwort, da<lb/>
ließ er den Bauer vor ſich kommen und ſagte ihm,<lb/>
das haͤtte er nicht von ſich, von wem er das<lb/>
haͤtte? und ſollt’s gleich bekennen. Der Bauer<lb/>
aber wollt’s nicht thun und ſagte immer, Gottbe-<lb/>
wahr! er haͤtt’ es von ſich. Sie banden ihn aber<lb/>
auf ein Gebund Stroh und ſchlugen und drang-<lb/>ſalten ihn ſo lange, bis er’s bekannte, daß er’s<lb/>
von der Frau Koͤnigin haͤtte. Als der Koͤnig nach<lb/>
Haus kam, ſagte er zu ſeiner Frau: „warum biſt<lb/></p></div></body></text></TEI>
[66/0087]
daß er ſein Fuͤllchen wieder bekaͤme. Sagte ſie,
„ja,“ wenn ihr mir verſprecht, daß ihr mich nicht
verrathen wollt’, will ich’s euch ſagen: morgen
fruͤh, wenn der Koͤnig auf der Wachtparade iſt,
ſo ſtellt euch hin mitten in die Straße, wo er vor-
beikommen muß, nehmt ein großes Fiſchgarn und
thut als fiſchtet ihr, und fiſcht alſo fort und ſchuͤt-
tet es aus, als wenn ihr’s voll haͤttet, und ſagte
ihm auch, was er antworten ſollte, wenn er vom
Koͤnig gefragt wuͤrde. Alſo ſtand der Bauer am
andern Tag da, und fiſchte auf einem trockenen
Platz; wie der Koͤnig vorbeikam und das ſah,
ſchickte er ſeinen Laufer hin, der ſollte fragen,
was der naͤrriſche Mann vorhabe. Da gab er
zur Antwort: „ich fiſche.“ Fragte der Laufer,
wie er fiſchen koͤnnte, es waͤr’ ja kein Waſſer da.
Sagte der Bauer: „ſo gut als zwei Ochſen koͤn-
nen ein Fuͤllen kriegen, ſo gut kann ich auch auf
dem trockenen Platz fiſchen.“ Da ging der Lau-
fer hin und brachte dem Koͤnig die Antwort, da
ließ er den Bauer vor ſich kommen und ſagte ihm,
das haͤtte er nicht von ſich, von wem er das
haͤtte? und ſollt’s gleich bekennen. Der Bauer
aber wollt’s nicht thun und ſagte immer, Gottbe-
wahr! er haͤtt’ es von ſich. Sie banden ihn aber
auf ein Gebund Stroh und ſchlugen und drang-
ſalten ihn ſo lange, bis er’s bekannte, daß er’s
von der Frau Koͤnigin haͤtte. Als der Koͤnig nach
Haus kam, ſagte er zu ſeiner Frau: „warum biſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/87>, abgerufen am 19.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.