zufrieden, denn er war auch so ein Geitzhals. Am andern Morgen, da sollten die Knechte ins Holz fahren und die andern waren schon auf, er aber lag noch im Bett. Da rief ihn einer an: "nun steh auf, es ist Zeit, wir wollen in's Holz, du mußt mit." "Ach, sagte er ganz grob und trotzig, geht ihr nur hin, ich komme doch eher wieder, als ihr alle miteinander." Da gingen die andern zum Amtmann und erzählten ihm, der Großknecht läge noch im Bett und wollte nicht mit in's Holz fahren. Der Amtmann sagte, sie sollten ihn noch einmal wecken und ihn heißen die Pferde vorspannen. Der Großknecht sprach aber wie vorher: "geht ihr nur hin, ich komme doch eher wieder, als ihr alle miteinander." Darauf blieb er noch zwei Stunden liegen, da stieg er endlich aus den Federn, holte sich aber erst zwei Scheffel voll Erbsen vom Boden, kochte sie und aß sie in guter Ruhe, und wie das alles gesche- hen war, ging er hin, spannte die Pferde vor und fuhr in's Holz. Bald vor dem Holz war ein Hohlweg, wo er durch mußte, da fuhr er den Wagen erst vorwärts, dann mußten die Pferde stille halten und er ging hinter den Wagen und nahm Bäume und Reisig und machte da eine große Hucke (Verhack), so daß kein Pferd durch- kommen konnte. Wie er nun vor's Holz kam, fuhren die andern eben mit ihren beladenen Wa- gen heraus und wollten heim, da sprach er zu
zufrieden, denn er war auch ſo ein Geitzhals. Am andern Morgen, da ſollten die Knechte ins Holz fahren und die andern waren ſchon auf, er aber lag noch im Bett. Da rief ihn einer an: „nun ſteh auf, es iſt Zeit, wir wollen in’s Holz, du mußt mit.“ „Ach, ſagte er ganz grob und trotzig, geht ihr nur hin, ich komme doch eher wieder, als ihr alle miteinander.“ Da gingen die andern zum Amtmann und erzaͤhlten ihm, der Großknecht laͤge noch im Bett und wollte nicht mit in’s Holz fahren. Der Amtmann ſagte, ſie ſollten ihn noch einmal wecken und ihn heißen die Pferde vorſpannen. Der Großknecht ſprach aber wie vorher: „geht ihr nur hin, ich komme doch eher wieder, als ihr alle miteinander.“ Darauf blieb er noch zwei Stunden liegen, da ſtieg er endlich aus den Federn, holte ſich aber erſt zwei Scheffel voll Erbſen vom Boden, kochte ſie und aß ſie in guter Ruhe, und wie das alles geſche- hen war, ging er hin, ſpannte die Pferde vor und fuhr in’s Holz. Bald vor dem Holz war ein Hohlweg, wo er durch mußte, da fuhr er den Wagen erſt vorwaͤrts, dann mußten die Pferde ſtille halten und er ging hinter den Wagen und nahm Baͤume und Reiſig und machte da eine große Hucke (Verhack), ſo daß kein Pferd durch- kommen konnte. Wie er nun vor’s Holz kam, fuhren die andern eben mit ihren beladenen Wa- gen heraus und wollten heim, da ſprach er zu
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zufrieden, denn er war auch ſo ein Geitzhals.
Am andern Morgen, da ſollten die Knechte ins
Holz fahren und die andern waren ſchon auf, er
aber lag noch im Bett. Da rief ihn einer an:
„nun ſteh auf, es iſt Zeit, wir wollen in’s Holz,
du mußt mit.“ „Ach, ſagte er ganz grob und
trotzig, geht ihr nur hin, ich komme doch eher
wieder, als ihr alle miteinander.“ Da gingen
die andern zum Amtmann und erzaͤhlten ihm, der
Großknecht laͤge noch im Bett und wollte nicht
mit in’s Holz fahren. Der Amtmann ſagte, ſie
ſollten ihn noch einmal wecken und ihn heißen die
Pferde vorſpannen. Der Großknecht ſprach aber
wie vorher: „geht ihr nur hin, ich komme doch
eher wieder, als ihr alle miteinander.“ Darauf
blieb er noch zwei Stunden liegen, da ſtieg er
endlich aus den Federn, holte ſich aber erſt zwei
Scheffel voll Erbſen vom Boden, kochte ſie und
aß ſie in guter Ruhe, und wie das alles geſche-
hen war, ging er hin, ſpannte die Pferde vor
und fuhr in’s Holz. Bald vor dem Holz war ein
Hohlweg, wo er durch mußte, da fuhr er den
Wagen erſt vorwaͤrts, dann mußten die Pferde
ſtille halten und er ging hinter den Wagen und
nahm Baͤume und Reiſig und machte da eine
große Hucke (Verhack), ſo daß kein Pferd durch-
kommen konnte. Wie er nun vor’s Holz kam,
fuhren die andern eben mit ihren beladenen Wa-
gen heraus und wollten heim, da ſprach er zu
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/52>, abgerufen am 19.12.2024.
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