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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

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erst bei Tag seinen Kammeraden sagen. Da gin-
gen sie noch den dritten Tag durch den Wald und
Nachts mußte der dritte Soldat Wache stehen.
Das rothe Männchen kam auch zu dem und rief
wer da? "Gutfreund!" -- "Was für Gut-
freund?" -- "Drei alte abgedankte Soldaten."
Da schenkte ihm das rothe Männchen ein Horn,
wenn man darauf blies, kamen alle Völker zu-
sammen. Am Morgen, wie nun jeder ein Ge-
schenk hatte, that der erste den Mantel um und
wünschte, daß sie aus dem Wald wären, da wa-
ren sie gleich draußen. Sie gingen in ein Wirths-
haus und ließen sich da Essen und Trinken geben,
das Beste, das der Wirth nur auftreiben konnte;
als sie fertig waren, bezahlte der mit dem Beu-
telchen alles und zog dem Wirth auch keinen Hel-
ler ab.

Nun waren sie das Reisen müde, da sprach
der mit dem Beutel zu dem mit dem Mantel:
"ich wollte, daß du uns ein Schloß dahin wünsch-
test, Geld haben wir doch genug, wir könnten wie
Fürsten leben." Da wünschte er ein Schloß und
gleich stand es da und war alles Zugehör dabei.
Als sie eine Zeitlang da gelebt hatten, wünschte
er einen Wagen mit drei Schimmeln, sie wollten
in ein ander Königreich fahren und sich für drei
Königssöhne ausgeben. Da fuhren sie ab mit
einer großen Begleitung von Lakaien, daß es
recht fürstlich aussah. Sie fuhren zu einem Kö-

erſt bei Tag ſeinen Kammeraden ſagen. Da gin-
gen ſie noch den dritten Tag durch den Wald und
Nachts mußte der dritte Soldat Wache ſtehen.
Das rothe Maͤnnchen kam auch zu dem und rief
wer da? „Gutfreund!“ — „Was fuͤr Gut-
freund?“ — „Drei alte abgedankte Soldaten.“
Da ſchenkte ihm das rothe Maͤnnchen ein Horn,
wenn man darauf blies, kamen alle Voͤlker zu-
ſammen. Am Morgen, wie nun jeder ein Ge-
ſchenk hatte, that der erſte den Mantel um und
wuͤnſchte, daß ſie aus dem Wald waͤren, da wa-
ren ſie gleich draußen. Sie gingen in ein Wirths-
haus und ließen ſich da Eſſen und Trinken geben,
das Beſte, das der Wirth nur auftreiben konnte;
als ſie fertig waren, bezahlte der mit dem Beu-
telchen alles und zog dem Wirth auch keinen Hel-
ler ab.

Nun waren ſie das Reiſen muͤde, da ſprach
der mit dem Beutel zu dem mit dem Mantel:
„ich wollte, daß du uns ein Schloß dahin wuͤnſch-
teſt, Geld haben wir doch genug, wir koͤnnten wie
Fuͤrſten leben.“ Da wuͤnſchte er ein Schloß und
gleich ſtand es da und war alles Zugehoͤr dabei.
Als ſie eine Zeitlang da gelebt hatten, wuͤnſchte
er einen Wagen mit drei Schimmeln, ſie wollten
in ein ander Koͤnigreich fahren und ſich fuͤr drei
Koͤnigsſoͤhne ausgeben. Da fuhren ſie ab mit
einer großen Begleitung von Lakaien, daß es
recht fuͤrſtlich ausſah. Sie fuhren zu einem Koͤ-

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[187/0208] erſt bei Tag ſeinen Kammeraden ſagen. Da gin- gen ſie noch den dritten Tag durch den Wald und Nachts mußte der dritte Soldat Wache ſtehen. Das rothe Maͤnnchen kam auch zu dem und rief wer da? „Gutfreund!“ — „Was fuͤr Gut- freund?“ — „Drei alte abgedankte Soldaten.“ Da ſchenkte ihm das rothe Maͤnnchen ein Horn, wenn man darauf blies, kamen alle Voͤlker zu- ſammen. Am Morgen, wie nun jeder ein Ge- ſchenk hatte, that der erſte den Mantel um und wuͤnſchte, daß ſie aus dem Wald waͤren, da wa- ren ſie gleich draußen. Sie gingen in ein Wirths- haus und ließen ſich da Eſſen und Trinken geben, das Beſte, das der Wirth nur auftreiben konnte; als ſie fertig waren, bezahlte der mit dem Beu- telchen alles und zog dem Wirth auch keinen Hel- ler ab. Nun waren ſie das Reiſen muͤde, da ſprach der mit dem Beutel zu dem mit dem Mantel: „ich wollte, daß du uns ein Schloß dahin wuͤnſch- teſt, Geld haben wir doch genug, wir koͤnnten wie Fuͤrſten leben.“ Da wuͤnſchte er ein Schloß und gleich ſtand es da und war alles Zugehoͤr dabei. Als ſie eine Zeitlang da gelebt hatten, wuͤnſchte er einen Wagen mit drei Schimmeln, ſie wollten in ein ander Koͤnigreich fahren und ſich fuͤr drei Koͤnigsſoͤhne ausgeben. Da fuhren ſie ab mit einer großen Begleitung von Lakaien, daß es recht fuͤrſtlich ausſah. Sie fuhren zu einem Koͤ-

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/208>, abgerufen am 10.05.2024.