nigs Tochter wäre? "ja" sagte sie. "Mit die- sem Säbel, sprach er, hab' ich drei Riesen den Kopf abgehauen" und holte zum Zeichen ihre Zungen aus dem Ranzen, dann zeigte er ihr auch den Pantoffel, den Schlippen vom Halstuch und das Stück vom Hemd. Da war sie voller Freude und sagte, er war' derjenige, der sie erlöst hätte. Darauf gingen sie zusammen zum alten König, und die Prinzessin führte ihn in ihre Kammer und sagte ihm, der Jäger sey der rechte, der sie erlöst hätte von den Riesen. Und wie der alte König die Wahrzeichen alle sah, da konnt' er nicht mehr zweifeln und sagte, das wär' ihm lieb, und er sollte sie nun auch zur Gemahlin haben; dar- über war die Prinzessin von Herzen froh. Dar- auf kleideten sie ihn, als wenn er ein fremder Herr wäre, und der König ließ ein Gastmahl an- stellen. Als sie nun zu Tisch gingen, kam der Hauptmann auf die linke Seite der Prinzessin, der Jäger aber auf die rechte, und der Haupt- mann meinte, das sey ein fremder Herr und wär' zum Besuch gekommen. Wie sie gegessen und getrunken hatten, sprach der alte König zum Hauptmann, er wollt' ihm etwas aufgeben, das sollt' er errathen: wenn einer spräch, er hätte drei Riesen um's Leben gebracht und er gefragt würde, wo die Zungen der Riesen wären, und er müßt' zusehen, und wären keine in ihren Köpfen, wie das zuginge? Da sagte der Hauptmann:
Kindermährchen II. K
nigs Tochter waͤre? „ja“ ſagte ſie. „Mit die- ſem Saͤbel, ſprach er, hab’ ich drei Rieſen den Kopf abgehauen“ und holte zum Zeichen ihre Zungen aus dem Ranzen, dann zeigte er ihr auch den Pantoffel, den Schlippen vom Halstuch und das Stuͤck vom Hemd. Da war ſie voller Freude und ſagte, er war’ derjenige, der ſie erloͤſt haͤtte. Darauf gingen ſie zuſammen zum alten Koͤnig, und die Prinzeſſin fuͤhrte ihn in ihre Kammer und ſagte ihm, der Jaͤger ſey der rechte, der ſie erloͤſt haͤtte von den Rieſen. Und wie der alte Koͤnig die Wahrzeichen alle ſah, da konnt’ er nicht mehr zweifeln und ſagte, das waͤr’ ihm lieb, und er ſollte ſie nun auch zur Gemahlin haben; dar- uͤber war die Prinzeſſin von Herzen froh. Dar- auf kleideten ſie ihn, als wenn er ein fremder Herr waͤre, und der Koͤnig ließ ein Gaſtmahl an- ſtellen. Als ſie nun zu Tiſch gingen, kam der Hauptmann auf die linke Seite der Prinzeſſin, der Jaͤger aber auf die rechte, und der Haupt- mann meinte, das ſey ein fremder Herr und waͤr’ zum Beſuch gekommen. Wie ſie gegeſſen und getrunken hatten, ſprach der alte Koͤnig zum Hauptmann, er wollt’ ihm etwas aufgeben, das ſollt’ er errathen: wenn einer ſpraͤch, er haͤtte drei Rieſen um’s Leben gebracht und er gefragt wuͤrde, wo die Zungen der Rieſen waͤren, und er muͤßt’ zuſehen, und waͤren keine in ihren Koͤpfen, wie das zuginge? Da ſagte der Hauptmann:
Kindermährchen II. K
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0166"n="145"/>
nigs Tochter waͤre? „ja“ſagte ſie. „Mit die-<lb/>ſem Saͤbel, ſprach er, hab’ ich drei Rieſen den<lb/>
Kopf abgehauen“ und holte zum Zeichen ihre<lb/>
Zungen aus dem Ranzen, dann zeigte er ihr auch<lb/>
den Pantoffel, den Schlippen vom Halstuch und<lb/>
das Stuͤck vom Hemd. Da war ſie voller Freude<lb/>
und ſagte, er war’ derjenige, der ſie erloͤſt haͤtte.<lb/>
Darauf gingen ſie zuſammen zum alten Koͤnig,<lb/>
und die Prinzeſſin fuͤhrte ihn in ihre Kammer<lb/>
und ſagte ihm, der Jaͤger ſey der rechte, der ſie<lb/>
erloͤſt haͤtte von den Rieſen. Und wie der alte<lb/>
Koͤnig die Wahrzeichen alle ſah, da konnt’ er nicht<lb/>
mehr zweifeln und ſagte, das waͤr’ ihm lieb, und<lb/>
er ſollte ſie nun auch zur Gemahlin haben; dar-<lb/>
uͤber war die Prinzeſſin von Herzen froh. Dar-<lb/>
auf kleideten ſie ihn, als wenn er ein fremder<lb/>
Herr waͤre, und der Koͤnig ließ ein Gaſtmahl an-<lb/>ſtellen. Als ſie nun zu Tiſch gingen, kam der<lb/>
Hauptmann auf die linke Seite der Prinzeſſin,<lb/>
der Jaͤger aber auf die rechte, und der Haupt-<lb/>
mann meinte, das ſey ein fremder Herr und waͤr’<lb/>
zum Beſuch gekommen. Wie ſie gegeſſen und<lb/>
getrunken hatten, ſprach der alte Koͤnig zum<lb/>
Hauptmann, er wollt’ ihm etwas aufgeben, das<lb/>ſollt’ er errathen: wenn einer ſpraͤch, er haͤtte<lb/>
drei Rieſen um’s Leben gebracht und er gefragt<lb/>
wuͤrde, wo die Zungen der Rieſen waͤren, und er<lb/>
muͤßt’ zuſehen, und waͤren keine in ihren Koͤpfen,<lb/>
wie das zuginge? Da ſagte der Hauptmann:<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Kindermährchen <hirendition="#aq">II.</hi> K</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[145/0166]
nigs Tochter waͤre? „ja“ ſagte ſie. „Mit die-
ſem Saͤbel, ſprach er, hab’ ich drei Rieſen den
Kopf abgehauen“ und holte zum Zeichen ihre
Zungen aus dem Ranzen, dann zeigte er ihr auch
den Pantoffel, den Schlippen vom Halstuch und
das Stuͤck vom Hemd. Da war ſie voller Freude
und ſagte, er war’ derjenige, der ſie erloͤſt haͤtte.
Darauf gingen ſie zuſammen zum alten Koͤnig,
und die Prinzeſſin fuͤhrte ihn in ihre Kammer
und ſagte ihm, der Jaͤger ſey der rechte, der ſie
erloͤſt haͤtte von den Rieſen. Und wie der alte
Koͤnig die Wahrzeichen alle ſah, da konnt’ er nicht
mehr zweifeln und ſagte, das waͤr’ ihm lieb, und
er ſollte ſie nun auch zur Gemahlin haben; dar-
uͤber war die Prinzeſſin von Herzen froh. Dar-
auf kleideten ſie ihn, als wenn er ein fremder
Herr waͤre, und der Koͤnig ließ ein Gaſtmahl an-
ſtellen. Als ſie nun zu Tiſch gingen, kam der
Hauptmann auf die linke Seite der Prinzeſſin,
der Jaͤger aber auf die rechte, und der Haupt-
mann meinte, das ſey ein fremder Herr und waͤr’
zum Beſuch gekommen. Wie ſie gegeſſen und
getrunken hatten, ſprach der alte Koͤnig zum
Hauptmann, er wollt’ ihm etwas aufgeben, das
ſollt’ er errathen: wenn einer ſpraͤch, er haͤtte
drei Rieſen um’s Leben gebracht und er gefragt
wuͤrde, wo die Zungen der Rieſen waͤren, und er
muͤßt’ zuſehen, und waͤren keine in ihren Koͤpfen,
wie das zuginge? Da ſagte der Hauptmann:
Kindermährchen II. K
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/166>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.