sich weiter versuchen, und der Jäger gab ihm nichts zum Lohn als eine Windbüchse, die hatte aber die Eigenschaft, wenn er damit schoß, so traf er ohnfehlbar. Da ging er nun fort und kam in einen sehr großen Wald, von dem konnt' er in einem Tag das Ende nicht finden; wie's nun Abend war, setzte er sich auf einen hohen Baum, damit er aus den wilden Thieren käme. Gegen Mitternacht zu, däuchte ihm, schimmerte ein klei- nes Lichtchen von weitem, da sah er durch die Aeste darauf hin und behielt in acht, wo es war. Doch nahm er erst noch seinen Hut und warf ihn nach dem Licht zu herunter, daß er darnach gehen wollte, wann er herabgestiegen wär, als nach ei- nem Zeichen. Nun kletterte er herunter, ging auf seinen Hut los, setzte ihn wieder auf und zog gerades Wegs fort. Je weiter er ging, je größer ward das Licht, und wie er nahe dabei kam, sah er, daß es ein gewaltiges Feuer war und saßen drei Riesen dabei, aßen und hielten große Stücken Fleisch vor dem Mund, die sie bei dem Feuer gebraten hatten. Da nahm er seine Windbüchse und schoß dem ersten Riesen das Stück Fleisch vor dem Mund weg, wie er eben hinein- beißen wollte; und dann auch dem zweiten. Die Riesen sprachen zu einander: "ei! das muß ein scharfer Schütze seyn, der uns das vor dem Maul wegschießen kann, käm' er zu uns, wir wollten ihn gern aufnehmen." Der Jäger aber schoß
ſich weiter verſuchen, und der Jaͤger gab ihm nichts zum Lohn als eine Windbuͤchſe, die hatte aber die Eigenſchaft, wenn er damit ſchoß, ſo traf er ohnfehlbar. Da ging er nun fort und kam in einen ſehr großen Wald, von dem konnt’ er in einem Tag das Ende nicht finden; wie’s nun Abend war, ſetzte er ſich auf einen hohen Baum, damit er aus den wilden Thieren kaͤme. Gegen Mitternacht zu, daͤuchte ihm, ſchimmerte ein klei- nes Lichtchen von weitem, da ſah er durch die Aeſte darauf hin und behielt in acht, wo es war. Doch nahm er erſt noch ſeinen Hut und warf ihn nach dem Licht zu herunter, daß er darnach gehen wollte, wann er herabgeſtiegen waͤr, als nach ei- nem Zeichen. Nun kletterte er herunter, ging auf ſeinen Hut los, ſetzte ihn wieder auf und zog gerades Wegs fort. Je weiter er ging, je groͤßer ward das Licht, und wie er nahe dabei kam, ſah er, daß es ein gewaltiges Feuer war und ſaßen drei Rieſen dabei, aßen und hielten große Stuͤcken Fleiſch vor dem Mund, die ſie bei dem Feuer gebraten hatten. Da nahm er ſeine Windbuͤchſe und ſchoß dem erſten Rieſen das Stuͤck Fleiſch vor dem Mund weg, wie er eben hinein- beißen wollte; und dann auch dem zweiten. Die Rieſen ſprachen zu einander: „ei! das muß ein ſcharfer Schuͤtze ſeyn, der uns das vor dem Maul wegſchießen kann, kaͤm’ er zu uns, wir wollten ihn gern aufnehmen.“ Der Jaͤger aber ſchoß
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ſich weiter verſuchen, und der Jaͤger gab ihm
nichts zum Lohn als eine Windbuͤchſe, die hatte
aber die Eigenſchaft, wenn er damit ſchoß, ſo traf
er ohnfehlbar. Da ging er nun fort und kam in
einen ſehr großen Wald, von dem konnt’ er in
einem Tag das Ende nicht finden; wie’s nun
Abend war, ſetzte er ſich auf einen hohen Baum,
damit er aus den wilden Thieren kaͤme. Gegen
Mitternacht zu, daͤuchte ihm, ſchimmerte ein klei-
nes Lichtchen von weitem, da ſah er durch die
Aeſte darauf hin und behielt in acht, wo es war.
Doch nahm er erſt noch ſeinen Hut und warf ihn
nach dem Licht zu herunter, daß er darnach gehen
wollte, wann er herabgeſtiegen waͤr, als nach ei-
nem Zeichen. Nun kletterte er herunter, ging
auf ſeinen Hut los, ſetzte ihn wieder auf und
zog gerades Wegs fort. Je weiter er ging, je
groͤßer ward das Licht, und wie er nahe dabei
kam, ſah er, daß es ein gewaltiges Feuer war
und ſaßen drei Rieſen dabei, aßen und hielten
große Stuͤcken Fleiſch vor dem Mund, die ſie bei
dem Feuer gebraten hatten. Da nahm er ſeine
Windbuͤchſe und ſchoß dem erſten Rieſen das Stuͤck
Fleiſch vor dem Mund weg, wie er eben hinein-
beißen wollte; und dann auch dem zweiten. Die
Rieſen ſprachen zu einander: „ei! das muß ein
ſcharfer Schuͤtze ſeyn, der uns das vor dem Maul
wegſchießen kann, kaͤm’ er zu uns, wir wollten
ihn gern aufnehmen.“ Der Jaͤger aber ſchoß
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/160>, abgerufen am 18.12.2024.
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