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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

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halb wie ein Igel, halb wie ein Mensch, rittlings
auf einem Hahn in einem hohen Baum gesessen
und schöne Musik gemacht, der hätte ihm fortge-
holfen und den Weg gezeigt, dafür aber er ihm
versprochen, was ihm am königlichen Hofe zuerst
begegnete, und das wäre sie und das thäte ihm
nun so leid. Da versprach sie ihm aber, sie
wollte gern mit ihm gehen, wann er käme, ihrem
alten Vater zu Liebe.

Hans mein Igel aber hütete seine Schweine
und die Schweine bekamen wieder Schweine und
diese wieder und wurden ihrer so viel, daß der
ganze Wald voll war. Da ließ Hans mein Igel
seinem Vater sagen, sie sollten alle Ställe im
Dorf ledig machen und räumen, er käme mit
einer so großen Heerde Schweine, daß jeder schlach-
ten sollte, der nur schlachten könnte. Da war
sein Vater betrübt, als er das hörte, denn er
dachte, Hans mein Igel wäre schon lang' gestor-
ben. Hans mein Igel aber setzte sich auf seinen
Göckelhahn, trieb die Schweine vor sich her in's
Dorf und ließ schlachten: hu! da war ein Ge-
metzel und ein Hacken, daß man's zwei Stunden
weit hören konnte. Darnach sagte Hans mein
Igel: "Väterchen, laßt mir meinen Göckelhahn
noch einmal vor der Schmiede beschlagen, dann
reit' ich fort und komm' mein Lebtag nicht wie-
der." Da ließ der Vater den Göckelhahn beschla-

Kindermährchen II. J

halb wie ein Igel, halb wie ein Menſch, rittlings
auf einem Hahn in einem hohen Baum geſeſſen
und ſchoͤne Muſik gemacht, der haͤtte ihm fortge-
holfen und den Weg gezeigt, dafuͤr aber er ihm
verſprochen, was ihm am koͤniglichen Hofe zuerſt
begegnete, und das waͤre ſie und das thaͤte ihm
nun ſo leid. Da verſprach ſie ihm aber, ſie
wollte gern mit ihm gehen, wann er kaͤme, ihrem
alten Vater zu Liebe.

Hans mein Igel aber huͤtete ſeine Schweine
und die Schweine bekamen wieder Schweine und
dieſe wieder und wurden ihrer ſo viel, daß der
ganze Wald voll war. Da ließ Hans mein Igel
ſeinem Vater ſagen, ſie ſollten alle Staͤlle im
Dorf ledig machen und raͤumen, er kaͤme mit
einer ſo großen Heerde Schweine, daß jeder ſchlach-
ten ſollte, der nur ſchlachten koͤnnte. Da war
ſein Vater betruͤbt, als er das hoͤrte, denn er
dachte, Hans mein Igel waͤre ſchon lang’ geſtor-
ben. Hans mein Igel aber ſetzte ſich auf ſeinen
Goͤckelhahn, trieb die Schweine vor ſich her in’s
Dorf und ließ ſchlachten: hu! da war ein Ge-
metzel und ein Hacken, daß man’s zwei Stunden
weit hoͤren konnte. Darnach ſagte Hans mein
Igel: „Vaͤterchen, laßt mir meinen Goͤckelhahn
noch einmal vor der Schmiede beſchlagen, dann
reit’ ich fort und komm’ mein Lebtag nicht wie-
der.“ Da ließ der Vater den Goͤckelhahn beſchla-

Kindermährchen II. J
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[129/0150] halb wie ein Igel, halb wie ein Menſch, rittlings auf einem Hahn in einem hohen Baum geſeſſen und ſchoͤne Muſik gemacht, der haͤtte ihm fortge- holfen und den Weg gezeigt, dafuͤr aber er ihm verſprochen, was ihm am koͤniglichen Hofe zuerſt begegnete, und das waͤre ſie und das thaͤte ihm nun ſo leid. Da verſprach ſie ihm aber, ſie wollte gern mit ihm gehen, wann er kaͤme, ihrem alten Vater zu Liebe. Hans mein Igel aber huͤtete ſeine Schweine und die Schweine bekamen wieder Schweine und dieſe wieder und wurden ihrer ſo viel, daß der ganze Wald voll war. Da ließ Hans mein Igel ſeinem Vater ſagen, ſie ſollten alle Staͤlle im Dorf ledig machen und raͤumen, er kaͤme mit einer ſo großen Heerde Schweine, daß jeder ſchlach- ten ſollte, der nur ſchlachten koͤnnte. Da war ſein Vater betruͤbt, als er das hoͤrte, denn er dachte, Hans mein Igel waͤre ſchon lang’ geſtor- ben. Hans mein Igel aber ſetzte ſich auf ſeinen Goͤckelhahn, trieb die Schweine vor ſich her in’s Dorf und ließ ſchlachten: hu! da war ein Ge- metzel und ein Hacken, daß man’s zwei Stunden weit hoͤren konnte. Darnach ſagte Hans mein Igel: „Vaͤterchen, laßt mir meinen Goͤckelhahn noch einmal vor der Schmiede beſchlagen, dann reit’ ich fort und komm’ mein Lebtag nicht wie- der.“ Da ließ der Vater den Goͤckelhahn beſchla- Kindermährchen II. J

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/150>, abgerufen am 10.05.2024.