Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.Bauer, 'dreihundert kannst du noch haben, gib mirs gleich in Münze, heut über drei Tage wirst du dafür beim König bezahlt werden.' Der Jude freute sich über das Profitchen und brachte die Summe in schlechten Groschen, wo drei so viel werth sind als zwei gute. Nach Verlauf der drei Tage gieng der Bauer, dem Befehl des Königs gemäß, vor den König. 'Zieht ihm den Rock aus,' sprach dieser, 'er soll seine fünfhundert haben.' 'Ach,' sagte der Bauer, 'sie gehören nicht mehr mein, zweihundert habe ich an die Schildwache verschenkt, und dreihundert hat mir der Jude eingewechselt, von Rechtswegen gebührt mir gar nichts.' Jndem kam der Soldat und der Jude herein, verlangten das Jhrige, das sie dem Bauer abgewonnen hätten, und erhielten die Schläge richtig zugemessen. Der Soldat ertrugs geduldig und wußte schon wies schmeckte: der Jude aber that jämmerlich, 'au weih geschrien! sind das die harten Thaler?' Der König mußte über den Bauer lachen, und da aller Zorn verschwunden war, sprach er, 'weil du deinen Lohn schon verloren hast, bevor er dir zu Theil ward, so will ich dir einen Ersatz geben: geh in meine Schatzkammer und hol dir Geld, so viel du willst.' Der Bauer ließ sich das nicht zweimal sagen, und füllte in seine weiten Taschen was nur hinein wollte. Danach gieng er ins Wirthshaus und überzählte sein Geld. Der Jude war ihm nachgeschlichen und hörte wie er mit sich allein brummte 'nun hat mich der Spitzbube von König doch hinters Licht geführt! hätte er mir nicht selbst das Geld geben können, so wüßte ich was ich hätte, wie kann ich nun wissen ob das richtig ist was ich so auf gut Glück eingesteckt habe!' 'Gott bewahre,' sprach der Jude für sich, 'der spricht despectirlich von unserm Herrn, ich lauf und gebs an, da krieg ich eine Belohnung, und er wird obendrein noch bestraft.' Als der König von den Reden des Bauern hörte, gerieth er in Zorn und hieß den Juden hingehen und den Sünder herbeiholen. Der Jude lief zum Bauer, 'ihr sollt gleich Bauer, ‘dreihundert kannst du noch haben, gib mirs gleich in Münze, heut über drei Tage wirst du dafür beim König bezahlt werden.’ Der Jude freute sich über das Profitchen und brachte die Summe in schlechten Groschen, wo drei so viel werth sind als zwei gute. Nach Verlauf der drei Tage gieng der Bauer, dem Befehl des Königs gemäß, vor den König. ‘Zieht ihm den Rock aus,’ sprach dieser, ‘er soll seine fünfhundert haben.’ ‘Ach,’ sagte der Bauer, ‘sie gehören nicht mehr mein, zweihundert habe ich an die Schildwache verschenkt, und dreihundert hat mir der Jude eingewechselt, von Rechtswegen gebührt mir gar nichts.’ Jndem kam der Soldat und der Jude herein, verlangten das Jhrige, das sie dem Bauer abgewonnen hätten, und erhielten die Schläge richtig zugemessen. Der Soldat ertrugs geduldig und wußte schon wies schmeckte: der Jude aber that jämmerlich, ‘au weih geschrien! sind das die harten Thaler?’ Der König mußte über den Bauer lachen, und da aller Zorn verschwunden war, sprach er, ‘weil du deinen Lohn schon verloren hast, bevor er dir zu Theil ward, so will ich dir einen Ersatz geben: geh in meine Schatzkammer und hol dir Geld, so viel du willst.’ Der Bauer ließ sich das nicht zweimal sagen, und füllte in seine weiten Taschen was nur hinein wollte. Danach gieng er ins Wirthshaus und überzählte sein Geld. Der Jude war ihm nachgeschlichen und hörte wie er mit sich allein brummte ‘nun hat mich der Spitzbube von König doch hinters Licht geführt! hätte er mir nicht selbst das Geld geben können, so wüßte ich was ich hätte, wie kann ich nun wissen ob das richtig ist was ich so auf gut Glück eingesteckt habe!’ ‘Gott bewahre,’ sprach der Jude für sich, ‘der spricht despectirlich von unserm Herrn, ich lauf und gebs an, da krieg ich eine Belohnung, und er wird obendrein noch bestraft.’ Als der König von den Reden des Bauern hörte, gerieth er in Zorn und hieß den Juden hingehen und den Sünder herbeiholen. Der Jude lief zum Bauer, ‘ihr sollt gleich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0075" n="42"/> Bauer, ‘dreihundert kannst du noch haben, gib mirs gleich in Münze, heut über drei Tage wirst du dafür beim König bezahlt werden.’ Der Jude freute sich über das Profitchen und brachte die Summe in schlechten Groschen, wo drei so viel werth sind als zwei gute. Nach Verlauf der drei Tage gieng der Bauer, dem Befehl des Königs gemäß, vor den König. ‘Zieht ihm den Rock aus,’ sprach dieser, ‘er soll seine fünfhundert haben.’ ‘Ach,’ sagte der Bauer, ‘sie gehören nicht mehr mein, zweihundert habe ich an die Schildwache verschenkt, und dreihundert hat mir der Jude eingewechselt, von Rechtswegen gebührt mir gar nichts.’ Jndem kam der Soldat und der Jude herein, verlangten das Jhrige, das sie dem Bauer abgewonnen hätten, und erhielten die Schläge richtig zugemessen. Der Soldat ertrugs geduldig und wußte schon wies schmeckte: der Jude aber that jämmerlich, ‘au weih geschrien! sind das die harten Thaler?’ Der König mußte über den Bauer lachen, und da aller Zorn verschwunden war, sprach er, ‘weil du deinen Lohn schon verloren hast, bevor er dir zu Theil ward, so will ich dir einen Ersatz geben: geh in meine Schatzkammer und hol dir Geld, so viel du willst.’ Der Bauer ließ sich das nicht zweimal sagen, und füllte in seine weiten Taschen was nur hinein wollte. Danach gieng er ins Wirthshaus und überzählte sein Geld. Der Jude war ihm nachgeschlichen und hörte wie er mit sich allein brummte ‘nun hat mich der Spitzbube von König doch hinters Licht geführt! hätte er mir nicht selbst das Geld geben können, so wüßte ich was ich hätte, wie kann ich nun wissen ob das richtig ist was ich so auf gut Glück eingesteckt habe!’ ‘Gott bewahre,’ sprach der Jude für sich, ‘der spricht despectirlich von unserm Herrn, ich lauf und gebs an, da krieg ich eine Belohnung, und er wird obendrein noch bestraft.’ Als der König von den Reden des Bauern hörte, gerieth er in Zorn und hieß den Juden hingehen und den Sünder herbeiholen. Der Jude lief zum Bauer, ‘ihr sollt gleich </p> </div> </body> </text> </TEI> [42/0075]
Bauer, ‘dreihundert kannst du noch haben, gib mirs gleich in Münze, heut über drei Tage wirst du dafür beim König bezahlt werden.’ Der Jude freute sich über das Profitchen und brachte die Summe in schlechten Groschen, wo drei so viel werth sind als zwei gute. Nach Verlauf der drei Tage gieng der Bauer, dem Befehl des Königs gemäß, vor den König. ‘Zieht ihm den Rock aus,’ sprach dieser, ‘er soll seine fünfhundert haben.’ ‘Ach,’ sagte der Bauer, ‘sie gehören nicht mehr mein, zweihundert habe ich an die Schildwache verschenkt, und dreihundert hat mir der Jude eingewechselt, von Rechtswegen gebührt mir gar nichts.’ Jndem kam der Soldat und der Jude herein, verlangten das Jhrige, das sie dem Bauer abgewonnen hätten, und erhielten die Schläge richtig zugemessen. Der Soldat ertrugs geduldig und wußte schon wies schmeckte: der Jude aber that jämmerlich, ‘au weih geschrien! sind das die harten Thaler?’ Der König mußte über den Bauer lachen, und da aller Zorn verschwunden war, sprach er, ‘weil du deinen Lohn schon verloren hast, bevor er dir zu Theil ward, so will ich dir einen Ersatz geben: geh in meine Schatzkammer und hol dir Geld, so viel du willst.’ Der Bauer ließ sich das nicht zweimal sagen, und füllte in seine weiten Taschen was nur hinein wollte. Danach gieng er ins Wirthshaus und überzählte sein Geld. Der Jude war ihm nachgeschlichen und hörte wie er mit sich allein brummte ‘nun hat mich der Spitzbube von König doch hinters Licht geführt! hätte er mir nicht selbst das Geld geben können, so wüßte ich was ich hätte, wie kann ich nun wissen ob das richtig ist was ich so auf gut Glück eingesteckt habe!’ ‘Gott bewahre,’ sprach der Jude für sich, ‘der spricht despectirlich von unserm Herrn, ich lauf und gebs an, da krieg ich eine Belohnung, und er wird obendrein noch bestraft.’ Als der König von den Reden des Bauern hörte, gerieth er in Zorn und hieß den Juden hingehen und den Sünder herbeiholen. Der Jude lief zum Bauer, ‘ihr sollt gleich
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/75>, abgerufen am 16.07.2024. |