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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.

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Johannes verurtheilt und zum Galgen geführt, und als er oben stand und gerichtet werden sollte, sprach er 'jeder der sterben soll, darf vor seinem Ende noch einmal reden, soll ich das Recht auch haben?' 'Ja,' antwortete der König, 'es soll dir vergönnt sein.' Da sprach der treue Johannes 'Jch bin mit Unrecht verurtheilt und bin dir immer treu gewesen,' und erzählte wie er auf dem Meer das Gespräch der Raben gehört, und wie er, um seinen Herrn zu retten, das alles hätte thun müssen. Da rief der König 'o mein treuester Johannes, Gnade! Gnade! führt ihn herunter.' Aber der treue Johannes war bei dem letzten Wort das er geredet hatte leblos herabgefallen, und war ein Stein.

Darüber trug nun der König und die Königin großes Leid, und der König sprach 'ach, was hab ich große Treue so übel belohnt!' und ließ das steinerne Bild aufheben und in seine Schlafkammer neben sein Bett stellen. So oft er es ansah, weinte er und sprach 'ach, könnt ich dich wieder lebendig machen, mein getreuester Johannes.' Es gieng eine Zeit herum, da gebar die Königin Zwillinge, zwei Söhnlein, die wuchsen heran und waren ihre Freude. Einmal, als die Königin in der Kirche war, und die zwei Kinder bei dem Vater saßen und spielten, sah dieser wieder das steinerne Bildnis voll Trauer an, seufzte und rief 'ach, könnt ich dich wieder lebendig machen, mein getreuester Johannes.' Da fieng der Stein an zu reden und sprach 'ja, du kannst mich wieder lebendig machen, wenn du dein Liebstes daran wenden willst.' Da rief der König 'alles, was ich auf der Welt habe, will ich für dich hingeben.' Sprach der Stein weiter 'wenn du mit deiner eigenen Hand deinen beiden Kindern den Kopf abhaust und mich mit ihrem Blute bestreichst, so erhalte ich das Leben wieder.' Der König erschrack, als er hörte daß er seine liebsten Kinder selbst tödten sollte, doch dachte er an die große Treue, und daß der getreue Johannes für ihn gestorben war, zog sein Schwert und

Johannes verurtheilt und zum Galgen geführt, und als er oben stand und gerichtet werden sollte, sprach er ‘jeder der sterben soll, darf vor seinem Ende noch einmal reden, soll ich das Recht auch haben?’ ‘Ja,’ antwortete der König, ‘es soll dir vergönnt sein.’ Da sprach der treue Johannes ‘Jch bin mit Unrecht verurtheilt und bin dir immer treu gewesen,’ und erzählte wie er auf dem Meer das Gespräch der Raben gehört, und wie er, um seinen Herrn zu retten, das alles hätte thun müssen. Da rief der König ‘o mein treuester Johannes, Gnade! Gnade! führt ihn herunter.’ Aber der treue Johannes war bei dem letzten Wort das er geredet hatte leblos herabgefallen, und war ein Stein.

Darüber trug nun der König und die Königin großes Leid, und der König sprach ‘ach, was hab ich große Treue so übel belohnt!’ und ließ das steinerne Bild aufheben und in seine Schlafkammer neben sein Bett stellen. So oft er es ansah, weinte er und sprach ‘ach, könnt ich dich wieder lebendig machen, mein getreuester Johannes.’ Es gieng eine Zeit herum, da gebar die Königin Zwillinge, zwei Söhnlein, die wuchsen heran und waren ihre Freude. Einmal, als die Königin in der Kirche war, und die zwei Kinder bei dem Vater saßen und spielten, sah dieser wieder das steinerne Bildnis voll Trauer an, seufzte und rief ‘ach, könnt ich dich wieder lebendig machen, mein getreuester Johannes.’ Da fieng der Stein an zu reden und sprach ‘ja, du kannst mich wieder lebendig machen, wenn du dein Liebstes daran wenden willst.’ Da rief der König ‘alles, was ich auf der Welt habe, will ich für dich hingeben.’ Sprach der Stein weiter ‘wenn du mit deiner eigenen Hand deinen beiden Kindern den Kopf abhaust und mich mit ihrem Blute bestreichst, so erhalte ich das Leben wieder.’ Der König erschrack, als er hörte daß er seine liebsten Kinder selbst tödten sollte, doch dachte er an die große Treue, und daß der getreue Johannes für ihn gestorben war, zog sein Schwert und

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[37/0070] Johannes verurtheilt und zum Galgen geführt, und als er oben stand und gerichtet werden sollte, sprach er ‘jeder der sterben soll, darf vor seinem Ende noch einmal reden, soll ich das Recht auch haben?’ ‘Ja,’ antwortete der König, ‘es soll dir vergönnt sein.’ Da sprach der treue Johannes ‘Jch bin mit Unrecht verurtheilt und bin dir immer treu gewesen,’ und erzählte wie er auf dem Meer das Gespräch der Raben gehört, und wie er, um seinen Herrn zu retten, das alles hätte thun müssen. Da rief der König ‘o mein treuester Johannes, Gnade! Gnade! führt ihn herunter.’ Aber der treue Johannes war bei dem letzten Wort das er geredet hatte leblos herabgefallen, und war ein Stein. Darüber trug nun der König und die Königin großes Leid, und der König sprach ‘ach, was hab ich große Treue so übel belohnt!’ und ließ das steinerne Bild aufheben und in seine Schlafkammer neben sein Bett stellen. So oft er es ansah, weinte er und sprach ‘ach, könnt ich dich wieder lebendig machen, mein getreuester Johannes.’ Es gieng eine Zeit herum, da gebar die Königin Zwillinge, zwei Söhnlein, die wuchsen heran und waren ihre Freude. Einmal, als die Königin in der Kirche war, und die zwei Kinder bei dem Vater saßen und spielten, sah dieser wieder das steinerne Bildnis voll Trauer an, seufzte und rief ‘ach, könnt ich dich wieder lebendig machen, mein getreuester Johannes.’ Da fieng der Stein an zu reden und sprach ‘ja, du kannst mich wieder lebendig machen, wenn du dein Liebstes daran wenden willst.’ Da rief der König ‘alles, was ich auf der Welt habe, will ich für dich hingeben.’ Sprach der Stein weiter ‘wenn du mit deiner eigenen Hand deinen beiden Kindern den Kopf abhaust und mich mit ihrem Blute bestreichst, so erhalte ich das Leben wieder.’ Der König erschrack, als er hörte daß er seine liebsten Kinder selbst tödten sollte, doch dachte er an die große Treue, und daß der getreue Johannes für ihn gestorben war, zog sein Schwert und

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/70>, abgerufen am 27.11.2024.