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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.

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ich dich wieder lebendig sehen würde; hast du nun gelernt was Gruseln ist?' 'Nein,' sagte er, 'es ist alles vergeblich: wenn mirs nur einer sagen könnte!'

Die zweite Nacht gieng er abermals hinauf ins alte Schloß, setzte sich zum Feuer und fieng sein altes Lied wieder an, 'wenn mirs nur gruselte!' Wie Mitternacht herankam, ließ sich ein Lärm und Gepolter hören, erst sachte, dann immer stärker, dann wars ein bischen still, endlich kam mit lautem Geschrei ein halber Mensch den Schornstein herab und fiel vor ihn hin. 'Heda!' rief er, 'noch ein halber gehört dazu, das ist zu wenig.' Da gieng der Lärm von frischem an, es tobte und heulte, und fiel die andere Hälfte auch herab. 'Wart,' sprach er, 'ich will dir erst das Feuer ein wenig anblasen.' Wie er das gethan hatte und sich wieder umsah, da waren die beiden Stücke zusammen gefahren, und saß da ein gräulicher Mann auf seinem Platz. 'So haben wir nicht gewettet,' sprach der Junge, 'die Bank ist mein.' Der Mann wollte ihn wegdrängen, aber der Junge ließ sichs nicht gefallen, schob ihn mit Gewalt weg und setzte sich wieder auf seinen Platz. Da fielen noch mehr Männer herab, einer nach dem andern, die holten neun Todtenbeine und zwei Todtenköpfe, setzten auf und spielten Kegel. Der Junge bekam auch Lust und fragte 'hört ihr, kann ich mit sein?' 'Ja, wenn du Geld hast.' 'Geld genug,' antwortete er, 'aber eure Kugeln sind nicht recht rund.' Da nahm er die Todtenköpfe, setzte sie in die Drehbank und drehte sie rund. 'So, jetzt werden sie besser schüppeln,' sprach er, 'heida! nun gehts lustig!' Er spielte mit und verlor etwas von seinem Geld, als es aber zwölf Uhr schlug, war alles vor seinen Augen verschwunden. Er legte sich nieder und schlief ruhig ein. Am andern Morgen kam der König und wollte sich erkundigen. 'Wie ist dirs diesmal gegangen?' fragte er. 'Jch habe gekegelt,' antwortete er, 'und ein paar Heller verloren.' 'Hat dir denn nicht

ich dich wieder lebendig sehen würde; hast du nun gelernt was Gruseln ist?’ ‘Nein,’ sagte er, ‘es ist alles vergeblich: wenn mirs nur einer sagen könnte!’

Die zweite Nacht gieng er abermals hinauf ins alte Schloß, setzte sich zum Feuer und fieng sein altes Lied wieder an, ‘wenn mirs nur gruselte!’ Wie Mitternacht herankam, ließ sich ein Lärm und Gepolter hören, erst sachte, dann immer stärker, dann wars ein bischen still, endlich kam mit lautem Geschrei ein halber Mensch den Schornstein herab und fiel vor ihn hin. ‘Heda!’ rief er, ‘noch ein halber gehört dazu, das ist zu wenig.’ Da gieng der Lärm von frischem an, es tobte und heulte, und fiel die andere Hälfte auch herab. ‘Wart,’ sprach er, ‘ich will dir erst das Feuer ein wenig anblasen.’ Wie er das gethan hatte und sich wieder umsah, da waren die beiden Stücke zusammen gefahren, und saß da ein gräulicher Mann auf seinem Platz. ‘So haben wir nicht gewettet,’ sprach der Junge, ‘die Bank ist mein.’ Der Mann wollte ihn wegdrängen, aber der Junge ließ sichs nicht gefallen, schob ihn mit Gewalt weg und setzte sich wieder auf seinen Platz. Da fielen noch mehr Männer herab, einer nach dem andern, die holten neun Todtenbeine und zwei Todtenköpfe, setzten auf und spielten Kegel. Der Junge bekam auch Lust und fragte ‘hört ihr, kann ich mit sein?’ ‘Ja, wenn du Geld hast.’ ‘Geld genug,’ antwortete er, ‘aber eure Kugeln sind nicht recht rund.’ Da nahm er die Todtenköpfe, setzte sie in die Drehbank und drehte sie rund. ‘So, jetzt werden sie besser schüppeln,’ sprach er, ‘heida! nun gehts lustig!’ Er spielte mit und verlor etwas von seinem Geld, als es aber zwölf Uhr schlug, war alles vor seinen Augen verschwunden. Er legte sich nieder und schlief ruhig ein. Am andern Morgen kam der König und wollte sich erkundigen. ‘Wie ist dirs diesmal gegangen?’ fragte er. ‘Jch habe gekegelt,’ antwortete er, ‘und ein paar Heller verloren.’ ‘Hat dir denn nicht

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[22/0055] ich dich wieder lebendig sehen würde; hast du nun gelernt was Gruseln ist?’ ‘Nein,’ sagte er, ‘es ist alles vergeblich: wenn mirs nur einer sagen könnte!’ Die zweite Nacht gieng er abermals hinauf ins alte Schloß, setzte sich zum Feuer und fieng sein altes Lied wieder an, ‘wenn mirs nur gruselte!’ Wie Mitternacht herankam, ließ sich ein Lärm und Gepolter hören, erst sachte, dann immer stärker, dann wars ein bischen still, endlich kam mit lautem Geschrei ein halber Mensch den Schornstein herab und fiel vor ihn hin. ‘Heda!’ rief er, ‘noch ein halber gehört dazu, das ist zu wenig.’ Da gieng der Lärm von frischem an, es tobte und heulte, und fiel die andere Hälfte auch herab. ‘Wart,’ sprach er, ‘ich will dir erst das Feuer ein wenig anblasen.’ Wie er das gethan hatte und sich wieder umsah, da waren die beiden Stücke zusammen gefahren, und saß da ein gräulicher Mann auf seinem Platz. ‘So haben wir nicht gewettet,’ sprach der Junge, ‘die Bank ist mein.’ Der Mann wollte ihn wegdrängen, aber der Junge ließ sichs nicht gefallen, schob ihn mit Gewalt weg und setzte sich wieder auf seinen Platz. Da fielen noch mehr Männer herab, einer nach dem andern, die holten neun Todtenbeine und zwei Todtenköpfe, setzten auf und spielten Kegel. Der Junge bekam auch Lust und fragte ‘hört ihr, kann ich mit sein?’ ‘Ja, wenn du Geld hast.’ ‘Geld genug,’ antwortete er, ‘aber eure Kugeln sind nicht recht rund.’ Da nahm er die Todtenköpfe, setzte sie in die Drehbank und drehte sie rund. ‘So, jetzt werden sie besser schüppeln,’ sprach er, ‘heida! nun gehts lustig!’ Er spielte mit und verlor etwas von seinem Geld, als es aber zwölf Uhr schlug, war alles vor seinen Augen verschwunden. Er legte sich nieder und schlief ruhig ein. Am andern Morgen kam der König und wollte sich erkundigen. ‘Wie ist dirs diesmal gegangen?’ fragte er. ‘Jch habe gekegelt,’ antwortete er, ‘und ein paar Heller verloren.’ ‘Hat dir denn nicht

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/55>, abgerufen am 24.11.2024.