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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.

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80.
Von dem Tode des Hühnchens.

Auf eine Zeit gieng das Hühnchen mit dem Hähnchen in den Nußberg, und sie machten mit einander aus wer einen Nußkern fände, sollte ihn mit dem andern theilen. Nun fand das Hühnchen eine große große Nuß, sagte aber nichts davon und wollte den Kern allein essen. Der Kern war aber so dick, daß es ihn nicht hinunter schlucken konnte, und er ihm im Hals stecken blieb, daß ihm angst wurde es müßte ersticken. Da schrie das Hühnchen 'Hähnchen, ich bitte dich lauf, was du kannst, und hol mir Wasser, sonst erstick ich.' Das Hähnchen lief, was es konnte, zum Brunnen, und sprach 'Born, du sollst mir Wasser geben; das Hühnchen liegt auf dem Nußberg, hat einen großen Nußkern geschluckt und will ersticken.' Der Brunnen antwortete 'lauf erst hin zur Braut, und laß dir rothe Seide geben.' Das Hähnchen lief zur Braut, 'Braut, du sollst mir rothe Seide geben: rothe Seide will ich dem Brunnen geben, der Brunnen soll mir Wasser geben, das Wasser will ich dem Hühnchen bringen, das liegt auf dem Nußberg, hat einen großen Nußkern geschluckt und will daran ersticken.' Die Braut antwortete 'lauf erst und hol mir mein Kränzlein, das blieb an einer Weide hängen.' Da lief das Hähnchen zur Weide und zog das Kränzlein von dem Ast und brachte es der Braut, und die Braut gab ihm rothe Seide dafür, die brachte es dem Brunnen, der gab ihm Wasser dafür. Da brachte das Hähnchen das Wasser zum Hühnchen, wie es aber hinkam, war dieweil das Hühnchen erstickt, und lag da todt und regte sich nicht. Da war das Hähnchen so traurig, daß es laut schrie, und kamen alle Thiere und beklagten das Hühnchen; und sechs Mäuse bauten einen

80.
Von dem Tode des Hühnchens.

Auf eine Zeit gieng das Hühnchen mit dem Hähnchen in den Nußberg, und sie machten mit einander aus wer einen Nußkern fände, sollte ihn mit dem andern theilen. Nun fand das Hühnchen eine große große Nuß, sagte aber nichts davon und wollte den Kern allein essen. Der Kern war aber so dick, daß es ihn nicht hinunter schlucken konnte, und er ihm im Hals stecken blieb, daß ihm angst wurde es müßte ersticken. Da schrie das Hühnchen ‘Hähnchen, ich bitte dich lauf, was du kannst, und hol mir Wasser, sonst erstick ich.’ Das Hähnchen lief, was es konnte, zum Brunnen, und sprach ‘Born, du sollst mir Wasser geben; das Hühnchen liegt auf dem Nußberg, hat einen großen Nußkern geschluckt und will ersticken.’ Der Brunnen antwortete ‘lauf erst hin zur Braut, und laß dir rothe Seide geben.’ Das Hähnchen lief zur Braut, ‘Braut, du sollst mir rothe Seide geben: rothe Seide will ich dem Brunnen geben, der Brunnen soll mir Wasser geben, das Wasser will ich dem Hühnchen bringen, das liegt auf dem Nußberg, hat einen großen Nußkern geschluckt und will daran ersticken.’ Die Braut antwortete ‘lauf erst und hol mir mein Kränzlein, das blieb an einer Weide hängen.’ Da lief das Hähnchen zur Weide und zog das Kränzlein von dem Ast und brachte es der Braut, und die Braut gab ihm rothe Seide dafür, die brachte es dem Brunnen, der gab ihm Wasser dafür. Da brachte das Hähnchen das Wasser zum Hühnchen, wie es aber hinkam, war dieweil das Hühnchen erstickt, und lag da todt und regte sich nicht. Da war das Hähnchen so traurig, daß es laut schrie, und kamen alle Thiere und beklagten das Hühnchen; und sechs Mäuse bauten einen

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[400/0433] 80. Von dem Tode des Hühnchens. Auf eine Zeit gieng das Hühnchen mit dem Hähnchen in den Nußberg, und sie machten mit einander aus wer einen Nußkern fände, sollte ihn mit dem andern theilen. Nun fand das Hühnchen eine große große Nuß, sagte aber nichts davon und wollte den Kern allein essen. Der Kern war aber so dick, daß es ihn nicht hinunter schlucken konnte, und er ihm im Hals stecken blieb, daß ihm angst wurde es müßte ersticken. Da schrie das Hühnchen ‘Hähnchen, ich bitte dich lauf, was du kannst, und hol mir Wasser, sonst erstick ich.’ Das Hähnchen lief, was es konnte, zum Brunnen, und sprach ‘Born, du sollst mir Wasser geben; das Hühnchen liegt auf dem Nußberg, hat einen großen Nußkern geschluckt und will ersticken.’ Der Brunnen antwortete ‘lauf erst hin zur Braut, und laß dir rothe Seide geben.’ Das Hähnchen lief zur Braut, ‘Braut, du sollst mir rothe Seide geben: rothe Seide will ich dem Brunnen geben, der Brunnen soll mir Wasser geben, das Wasser will ich dem Hühnchen bringen, das liegt auf dem Nußberg, hat einen großen Nußkern geschluckt und will daran ersticken.’ Die Braut antwortete ‘lauf erst und hol mir mein Kränzlein, das blieb an einer Weide hängen.’ Da lief das Hähnchen zur Weide und zog das Kränzlein von dem Ast und brachte es der Braut, und die Braut gab ihm rothe Seide dafür, die brachte es dem Brunnen, der gab ihm Wasser dafür. Da brachte das Hähnchen das Wasser zum Hühnchen, wie es aber hinkam, war dieweil das Hühnchen erstickt, und lag da todt und regte sich nicht. Da war das Hähnchen so traurig, daß es laut schrie, und kamen alle Thiere und beklagten das Hühnchen; und sechs Mäuse bauten einen

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/433>, abgerufen am 26.11.2024.