Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.73. Der Wolf und der Fuchs. Der Wolf hatte den Fuchs bei sich, und was der Wolf wollte, das mußte der Fuchs thun, weil er der schwächste war, und der Fuchs wär gerne des Herrn los gewesen. Es trug sich zu, daß sie beide durch den Wald giengen, da sprach der Wolf 'Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich selber auf.' Da antwortete der Fuchs 'ich weiß einen Bauernhof, wo ein paar junge Lämmlein sind, hast du Lust, so wollen wir eins holen.' Dem Wolf war das recht, sie giengen hin, und der Fuchs stahl das Lämmlein, brachte es dem Wolf und machte sich fort. Da fraß es der Wolf auf, war aber damit noch nicht zufrieden, sondern wollte das andere dazu haben, und gieng es zu holen. Weil er es aber so ungeschickt machte, ward es die Mutter vom Lämmlein gewahr und fieng an entsetzlich zu schreien und zu bläen, daß die Bauern herbeigelaufen kamen. Da fanden sie den Wolf und schlugen ihn so erbärmlich, daß er hinkend und heulend bei dem Fuchs ankam. 'Du hast mich schön angeführt,' sprach er, 'ich wollte das andere Lamm holen, da haben mich die Bauern erwischt und haben mich weich geschlagen.' Der Fuchs antwortete 'warum bist du so ein Nimmersatt.' Am andern Tag giengen sie wieder ins Feld, sprach der gierige Wolf abermals 'Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich selber auf.' Da antwortete der Fuchs 'ich weiß ein Bauernhaus, da backt die Frau heut Abend Pfannkuchen, wir wollen uns davon holen.' Sie giengen hin, und der Fuchs schlich 73. Der Wolf und der Fuchs. Der Wolf hatte den Fuchs bei sich, und was der Wolf wollte, das mußte der Fuchs thun, weil er der schwächste war, und der Fuchs wär gerne des Herrn los gewesen. Es trug sich zu, daß sie beide durch den Wald giengen, da sprach der Wolf ‘Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich selber auf.’ Da antwortete der Fuchs ‘ich weiß einen Bauernhof, wo ein paar junge Lämmlein sind, hast du Lust, so wollen wir eins holen.’ Dem Wolf war das recht, sie giengen hin, und der Fuchs stahl das Lämmlein, brachte es dem Wolf und machte sich fort. Da fraß es der Wolf auf, war aber damit noch nicht zufrieden, sondern wollte das andere dazu haben, und gieng es zu holen. Weil er es aber so ungeschickt machte, ward es die Mutter vom Lämmlein gewahr und fieng an entsetzlich zu schreien und zu bläen, daß die Bauern herbeigelaufen kamen. Da fanden sie den Wolf und schlugen ihn so erbärmlich, daß er hinkend und heulend bei dem Fuchs ankam. ‘Du hast mich schön angeführt,’ sprach er, ‘ich wollte das andere Lamm holen, da haben mich die Bauern erwischt und haben mich weich geschlagen.’ Der Fuchs antwortete ‘warum bist du so ein Nimmersatt.’ Am andern Tag giengen sie wieder ins Feld, sprach der gierige Wolf abermals ‘Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich selber auf.’ Da antwortete der Fuchs ‘ich weiß ein Bauernhaus, da backt die Frau heut Abend Pfannkuchen, wir wollen uns davon holen.’ Sie giengen hin, und der Fuchs schlich <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0416" n="383"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">73.<lb/> Der Wolf und der Fuchs.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>er Wolf hatte den Fuchs bei sich, und was der Wolf wollte, das mußte der Fuchs thun, weil er der schwächste war, und der Fuchs wär gerne des Herrn los gewesen. Es trug sich zu, daß sie beide durch den Wald giengen, da sprach der Wolf ‘Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich selber auf.’ Da antwortete der Fuchs ‘ich weiß einen Bauernhof, wo ein paar junge Lämmlein sind, hast du Lust, so wollen wir eins holen.’ Dem Wolf war das recht, sie giengen hin, und der Fuchs stahl das Lämmlein, brachte es dem Wolf und machte sich fort. Da fraß es der Wolf auf, war aber damit noch nicht zufrieden, sondern wollte das andere dazu haben, und gieng es zu holen. Weil er es aber so ungeschickt machte, ward es die Mutter vom Lämmlein gewahr und fieng an entsetzlich zu schreien und zu bläen, daß die Bauern herbeigelaufen kamen. Da fanden sie den Wolf und schlugen ihn so erbärmlich, daß er hinkend und heulend bei dem Fuchs ankam. ‘Du hast mich schön angeführt,’ sprach er, ‘ich wollte das andere Lamm holen, da haben mich die Bauern erwischt und haben mich weich geschlagen.’ Der Fuchs antwortete ‘warum bist du so ein Nimmersatt.’</p><lb/> <p>Am andern Tag giengen sie wieder ins Feld, sprach der gierige Wolf abermals ‘Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich selber auf.’ Da antwortete der Fuchs ‘ich weiß ein Bauernhaus, da backt die Frau heut Abend Pfannkuchen, wir wollen uns davon holen.’ Sie giengen hin, und der Fuchs schlich </p> </div> </body> </text> </TEI> [383/0416]
73.
Der Wolf und der Fuchs.
Der Wolf hatte den Fuchs bei sich, und was der Wolf wollte, das mußte der Fuchs thun, weil er der schwächste war, und der Fuchs wär gerne des Herrn los gewesen. Es trug sich zu, daß sie beide durch den Wald giengen, da sprach der Wolf ‘Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich selber auf.’ Da antwortete der Fuchs ‘ich weiß einen Bauernhof, wo ein paar junge Lämmlein sind, hast du Lust, so wollen wir eins holen.’ Dem Wolf war das recht, sie giengen hin, und der Fuchs stahl das Lämmlein, brachte es dem Wolf und machte sich fort. Da fraß es der Wolf auf, war aber damit noch nicht zufrieden, sondern wollte das andere dazu haben, und gieng es zu holen. Weil er es aber so ungeschickt machte, ward es die Mutter vom Lämmlein gewahr und fieng an entsetzlich zu schreien und zu bläen, daß die Bauern herbeigelaufen kamen. Da fanden sie den Wolf und schlugen ihn so erbärmlich, daß er hinkend und heulend bei dem Fuchs ankam. ‘Du hast mich schön angeführt,’ sprach er, ‘ich wollte das andere Lamm holen, da haben mich die Bauern erwischt und haben mich weich geschlagen.’ Der Fuchs antwortete ‘warum bist du so ein Nimmersatt.’
Am andern Tag giengen sie wieder ins Feld, sprach der gierige Wolf abermals ‘Rothfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich selber auf.’ Da antwortete der Fuchs ‘ich weiß ein Bauernhaus, da backt die Frau heut Abend Pfannkuchen, wir wollen uns davon holen.’ Sie giengen hin, und der Fuchs schlich
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