Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

Mann auf und sprach 'gottlob, daß du wieder hier bist! Das ist ein Wetter, als wenn die Welt untergehen sollte!' Der Müller sahs Bürle auf dem Streu liegen und fragte 'was will der Kerl da?' 'Ach,' sagte die Frau, 'der arme Schelm kam in dem Sturm und Regen, und bat um ein Obdach, da hab ich ihm ein Käsebrot gegeben, und ihm die Streu angewiesen.' Sprach der Mann 'ich habe nichts dagegen, aber schaff mir bald etwas zu essen.' Die Frau sagte 'ich habe aber nichts als Käsebrot.' 'Jch bin mit allem zufrieden,' antwortete der Mann, 'meinetwegen mit Käsebrot,' sah das Bürle an und rief 'komm und iß noch einmal mit.' Bürle ließ sich das nicht zweimal sagen, stand auf und aß mit. Danach sah der Müller das Fell auf der Erde liegen, in dem der Rabe steckte, und fragte 'was hast du da?' Antwortete das Bürle 'da hab ich einen Wahrsager drin.' 'Kann der mir auch wahrsagen?' sprach der Müller. 'Warum nicht?' antwortete das Bürle, 'er sagt aber nur vier Dinge, und das fünfte behält er bei sich.' Der Müller war neugierig, und sprach 'laß ihn einmal wahrsagen.' Da drückte Bürle dem Raben auf den Kopf, daß er quackte und 'krr krr' machte. Sprach der Müller 'was hat er gesagt?' Bürle antwortete 'erstens hat er gesagt es steckte Wein unterm Kopfkissen.' 'Das wäre des Guckgucks!' rief der Müller, gieng hin und fand den Wein. 'Nun weiter' sprach der Müller. Das Bürle ließ den Raben wieder quacksen und sprach 'zweitens, hat er gesagt, wäre Braten in der Ofenkachel.' 'Das wäre des Guckgucks!' rief der Müller, gieng hin und fand den Braten. Bürle ließ den Raben noch mehr weissagen und sprach 'drittens, hat er gesagt, wäre Salat auf dem Bett.' 'Das wäre des Guckgucks!' rief der Müller, gieng hin und fand den Salat. Endlich drückte das Bürle den Raben noch einmal, daß er knurrte, und sprach 'viertens, hat er gesagt, wäre Kuchen unterm Bett.' 'Das wäre des Guckgucks!' rief der Müller, gieng hin und fand den Kuchen.

Mann auf und sprach ‘gottlob, daß du wieder hier bist! Das ist ein Wetter, als wenn die Welt untergehen sollte!’ Der Müller sahs Bürle auf dem Streu liegen und fragte ‘was will der Kerl da?’ ‘Ach,’ sagte die Frau, ‘der arme Schelm kam in dem Sturm und Regen, und bat um ein Obdach, da hab ich ihm ein Käsebrot gegeben, und ihm die Streu angewiesen.’ Sprach der Mann ‘ich habe nichts dagegen, aber schaff mir bald etwas zu essen.’ Die Frau sagte ‘ich habe aber nichts als Käsebrot.’ ‘Jch bin mit allem zufrieden,’ antwortete der Mann, ‘meinetwegen mit Käsebrot,’ sah das Bürle an und rief ‘komm und iß noch einmal mit.’ Bürle ließ sich das nicht zweimal sagen, stand auf und aß mit. Danach sah der Müller das Fell auf der Erde liegen, in dem der Rabe steckte, und fragte ‘was hast du da?’ Antwortete das Bürle ‘da hab ich einen Wahrsager drin.’ ‘Kann der mir auch wahrsagen?’ sprach der Müller. ‘Warum nicht?’ antwortete das Bürle, ‘er sagt aber nur vier Dinge, und das fünfte behält er bei sich.’ Der Müller war neugierig, und sprach ‘laß ihn einmal wahrsagen.’ Da drückte Bürle dem Raben auf den Kopf, daß er quackte und ‘krr krr’ machte. Sprach der Müller ‘was hat er gesagt?’ Bürle antwortete ‘erstens hat er gesagt es steckte Wein unterm Kopfkissen.’ ‘Das wäre des Guckgucks!’ rief der Müller, gieng hin und fand den Wein. ‘Nun weiter’ sprach der Müller. Das Bürle ließ den Raben wieder quacksen und sprach ‘zweitens, hat er gesagt, wäre Braten in der Ofenkachel.’ ‘Das wäre des Guckgucks!’ rief der Müller, gieng hin und fand den Braten. Bürle ließ den Raben noch mehr weissagen und sprach ‘drittens, hat er gesagt, wäre Salat auf dem Bett.’ ‘Das wäre des Guckgucks!’ rief der Müller, gieng hin und fand den Salat. Endlich drückte das Bürle den Raben noch einmal, daß er knurrte, und sprach ‘viertens, hat er gesagt, wäre Kuchen unterm Bett.’ ‘Das wäre des Guckgucks!’ rief der Müller, gieng hin und fand den Kuchen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0370" n="337"/>
Mann auf und sprach &#x2018;gottlob, daß du wieder hier bist! Das ist ein Wetter, als wenn die Welt untergehen sollte!&#x2019; Der Müller sahs Bürle auf dem Streu liegen und fragte &#x2018;was will der Kerl da?&#x2019; &#x2018;Ach,&#x2019; sagte die Frau, &#x2018;der arme Schelm kam in dem Sturm und Regen, und bat um ein Obdach, da hab ich ihm ein Käsebrot gegeben, und ihm die Streu angewiesen.&#x2019; Sprach der Mann &#x2018;ich habe nichts dagegen, aber schaff mir bald etwas zu essen.&#x2019; Die Frau sagte &#x2018;ich habe aber nichts als Käsebrot.&#x2019; &#x2018;Jch bin mit allem zufrieden,&#x2019; antwortete der Mann, &#x2018;meinetwegen mit Käsebrot,&#x2019; sah das Bürle an und rief &#x2018;komm und iß noch einmal mit.&#x2019; Bürle ließ sich das nicht zweimal sagen, stand auf und aß mit. Danach sah der Müller das Fell auf der Erde liegen, in dem der Rabe steckte, und fragte &#x2018;was hast du da?&#x2019; Antwortete das Bürle &#x2018;da hab ich einen Wahrsager drin.&#x2019; &#x2018;Kann der mir auch wahrsagen?&#x2019; sprach der Müller. &#x2018;Warum nicht?&#x2019; antwortete das Bürle, &#x2018;er sagt aber nur vier Dinge, und das fünfte behält er bei sich.&#x2019; Der Müller war neugierig, und sprach &#x2018;laß ihn einmal wahrsagen.&#x2019; Da drückte Bürle dem Raben auf den Kopf, daß er quackte und &#x2018;krr krr&#x2019; machte. Sprach der Müller &#x2018;was hat er gesagt?&#x2019; Bürle antwortete &#x2018;erstens hat er gesagt es steckte Wein unterm Kopfkissen.&#x2019; &#x2018;Das wäre des Guckgucks!&#x2019; rief der Müller, gieng hin und fand den Wein. &#x2018;Nun weiter&#x2019; sprach der Müller. Das Bürle ließ den Raben wieder quacksen und sprach &#x2018;zweitens, hat er gesagt, wäre Braten in der Ofenkachel.&#x2019; &#x2018;Das wäre des Guckgucks!&#x2019; rief der Müller, gieng hin und fand den Braten. Bürle ließ den Raben noch mehr weissagen und sprach &#x2018;drittens, hat er gesagt, wäre Salat auf dem Bett.&#x2019; &#x2018;Das wäre des Guckgucks!&#x2019; rief der Müller, gieng hin und fand den Salat. Endlich drückte das Bürle den Raben noch einmal, daß er knurrte, und sprach &#x2018;viertens, hat er gesagt, wäre Kuchen unterm Bett.&#x2019; &#x2018;Das wäre des Guckgucks!&#x2019; rief der Müller, gieng hin und fand den Kuchen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[337/0370] Mann auf und sprach ‘gottlob, daß du wieder hier bist! Das ist ein Wetter, als wenn die Welt untergehen sollte!’ Der Müller sahs Bürle auf dem Streu liegen und fragte ‘was will der Kerl da?’ ‘Ach,’ sagte die Frau, ‘der arme Schelm kam in dem Sturm und Regen, und bat um ein Obdach, da hab ich ihm ein Käsebrot gegeben, und ihm die Streu angewiesen.’ Sprach der Mann ‘ich habe nichts dagegen, aber schaff mir bald etwas zu essen.’ Die Frau sagte ‘ich habe aber nichts als Käsebrot.’ ‘Jch bin mit allem zufrieden,’ antwortete der Mann, ‘meinetwegen mit Käsebrot,’ sah das Bürle an und rief ‘komm und iß noch einmal mit.’ Bürle ließ sich das nicht zweimal sagen, stand auf und aß mit. Danach sah der Müller das Fell auf der Erde liegen, in dem der Rabe steckte, und fragte ‘was hast du da?’ Antwortete das Bürle ‘da hab ich einen Wahrsager drin.’ ‘Kann der mir auch wahrsagen?’ sprach der Müller. ‘Warum nicht?’ antwortete das Bürle, ‘er sagt aber nur vier Dinge, und das fünfte behält er bei sich.’ Der Müller war neugierig, und sprach ‘laß ihn einmal wahrsagen.’ Da drückte Bürle dem Raben auf den Kopf, daß er quackte und ‘krr krr’ machte. Sprach der Müller ‘was hat er gesagt?’ Bürle antwortete ‘erstens hat er gesagt es steckte Wein unterm Kopfkissen.’ ‘Das wäre des Guckgucks!’ rief der Müller, gieng hin und fand den Wein. ‘Nun weiter’ sprach der Müller. Das Bürle ließ den Raben wieder quacksen und sprach ‘zweitens, hat er gesagt, wäre Braten in der Ofenkachel.’ ‘Das wäre des Guckgucks!’ rief der Müller, gieng hin und fand den Braten. Bürle ließ den Raben noch mehr weissagen und sprach ‘drittens, hat er gesagt, wäre Salat auf dem Bett.’ ‘Das wäre des Guckgucks!’ rief der Müller, gieng hin und fand den Salat. Endlich drückte das Bürle den Raben noch einmal, daß er knurrte, und sprach ‘viertens, hat er gesagt, wäre Kuchen unterm Bett.’ ‘Das wäre des Guckgucks!’ rief der Müller, gieng hin und fand den Kuchen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google Books (University of Oxford, Taylor Institution Library): Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-03T14:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/370
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/370>, abgerufen am 14.08.2024.