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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.

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und man konnte das königliche Schloß auf drei Stunden Wegs sehen.

Nun giengen die zwei Brüder zusammen nach Haus und erzählten einander auf dem Weg ihre Schicksale. Und als der jüngste sagte, er wäre an des Königs Statt Herr im ganzen Lande, sprach der andere 'das hab ich wohl gemerkt, denn als ich in die Stadt kam und für dich angesehen ward, da geschah mir alle königliche Ehre: die junge Königin hielt mich für ihren Gemahl, und ich mußte an ihrer Seite essen und in deinem Bett schlafen.' Wie das der andere hörte, ward er so eifersüchtig und zornig, daß er sein Schwert zog und seinem Bruder den Kopf abschlug. Als dieser aber todt da lag, und er sein rothes Blut fließen sah, reute es ihn gewaltig: 'mein Bruder hat mich erlöst,' rief er aus, 'und ich habe ihn dafür getödtet!' und jammerte laut. Da kam sein Hase und erbot sich von der Lebenswurzel zu holen, sprang fort und brachte sie noch zu rechter Zeit: und der Todte ward wieder ins Leben gebracht und merkte gar nichts von der Wunde.

Darauf zogen sie weiter, und der jüngste sprach 'du siehst aus wie ich, hast königliche Kleider an wie ich, und die Thiere folgen dir nach wie mir: wir wollen zu den entgegengesetzten Thoren eingehen und von zwei Seiten zugleich beim alten König anlangen.' Also trennten sie sich, und bei dem alten König kam zu gleicher Zeit die Wache von dem einen und dem andern Thore und meldete der junge König mit den Thieren wäre von der Jagd angelangt. Sprach der König 'es ist nicht möglich, die Thore liegen eine Stunde weit aus einander.' Jndem aber kamen von zwei Seiten die beiden Brüder in den Schloßhof hinein und stiegen beide herauf. Da sprach der König zu seiner Tochter 'sag an welcher ist dein Gemahl? es sieht einer aus wie der andere, ich kanns nicht wissen.' Sie war da in großer Angst und konnte es

und man konnte das königliche Schloß auf drei Stunden Wegs sehen.

Nun giengen die zwei Brüder zusammen nach Haus und erzählten einander auf dem Weg ihre Schicksale. Und als der jüngste sagte, er wäre an des Königs Statt Herr im ganzen Lande, sprach der andere ‘das hab ich wohl gemerkt, denn als ich in die Stadt kam und für dich angesehen ward, da geschah mir alle königliche Ehre: die junge Königin hielt mich für ihren Gemahl, und ich mußte an ihrer Seite essen und in deinem Bett schlafen.’ Wie das der andere hörte, ward er so eifersüchtig und zornig, daß er sein Schwert zog und seinem Bruder den Kopf abschlug. Als dieser aber todt da lag, und er sein rothes Blut fließen sah, reute es ihn gewaltig: ‘mein Bruder hat mich erlöst,’ rief er aus, ‘und ich habe ihn dafür getödtet!’ und jammerte laut. Da kam sein Hase und erbot sich von der Lebenswurzel zu holen, sprang fort und brachte sie noch zu rechter Zeit: und der Todte ward wieder ins Leben gebracht und merkte gar nichts von der Wunde.

Darauf zogen sie weiter, und der jüngste sprach ‘du siehst aus wie ich, hast königliche Kleider an wie ich, und die Thiere folgen dir nach wie mir: wir wollen zu den entgegengesetzten Thoren eingehen und von zwei Seiten zugleich beim alten König anlangen.’ Also trennten sie sich, und bei dem alten König kam zu gleicher Zeit die Wache von dem einen und dem andern Thore und meldete der junge König mit den Thieren wäre von der Jagd angelangt. Sprach der König ‘es ist nicht möglich, die Thore liegen eine Stunde weit aus einander.’ Jndem aber kamen von zwei Seiten die beiden Brüder in den Schloßhof hinein und stiegen beide herauf. Da sprach der König zu seiner Tochter ‘sag an welcher ist dein Gemahl? es sieht einer aus wie der andere, ich kanns nicht wissen.’ Sie war da in großer Angst und konnte es

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[333/0366] und man konnte das königliche Schloß auf drei Stunden Wegs sehen. Nun giengen die zwei Brüder zusammen nach Haus und erzählten einander auf dem Weg ihre Schicksale. Und als der jüngste sagte, er wäre an des Königs Statt Herr im ganzen Lande, sprach der andere ‘das hab ich wohl gemerkt, denn als ich in die Stadt kam und für dich angesehen ward, da geschah mir alle königliche Ehre: die junge Königin hielt mich für ihren Gemahl, und ich mußte an ihrer Seite essen und in deinem Bett schlafen.’ Wie das der andere hörte, ward er so eifersüchtig und zornig, daß er sein Schwert zog und seinem Bruder den Kopf abschlug. Als dieser aber todt da lag, und er sein rothes Blut fließen sah, reute es ihn gewaltig: ‘mein Bruder hat mich erlöst,’ rief er aus, ‘und ich habe ihn dafür getödtet!’ und jammerte laut. Da kam sein Hase und erbot sich von der Lebenswurzel zu holen, sprang fort und brachte sie noch zu rechter Zeit: und der Todte ward wieder ins Leben gebracht und merkte gar nichts von der Wunde. Darauf zogen sie weiter, und der jüngste sprach ‘du siehst aus wie ich, hast königliche Kleider an wie ich, und die Thiere folgen dir nach wie mir: wir wollen zu den entgegengesetzten Thoren eingehen und von zwei Seiten zugleich beim alten König anlangen.’ Also trennten sie sich, und bei dem alten König kam zu gleicher Zeit die Wache von dem einen und dem andern Thore und meldete der junge König mit den Thieren wäre von der Jagd angelangt. Sprach der König ‘es ist nicht möglich, die Thore liegen eine Stunde weit aus einander.’ Jndem aber kamen von zwei Seiten die beiden Brüder in den Schloßhof hinein und stiegen beide herauf. Da sprach der König zu seiner Tochter ‘sag an welcher ist dein Gemahl? es sieht einer aus wie der andere, ich kanns nicht wissen.’ Sie war da in großer Angst und konnte es

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/366>, abgerufen am 22.11.2024.