Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.so vernahm er doch ihre Klage daß sie so elend umkommen müßten. Weil er ein mitleidiges Herz hatte, so stieg er vom Pferde ab und setzte die drei Gefangenen wieder ins Wasser. Sie zappelten vor Freude, streckten die Köpfe heraus und riefen ihm zu 'wir wollen dirs gedenken und dirs vergelten daß du uns errettet hast.' Er ritt weiter, und nach einem Weilchen kam es ihm vor als hörte er zu seinen Füßen in dem Sand eine Stimme. Er horchte und vernahm wie ein Ameisenkönig klagte 'wenn uns nur die Menschen mit den ungeschickten Thieren vom Leib blieben! da tritt mir das dumme Pferd mit seinen schweren Hufen meine Leute ohne Barmherzigkeit nieder!' Er lenkte auf einen Seitenweg ein und der Ameisenkönig rief ihm zu 'wir wollen dirs gedenken und dirs vergelten.' Der Weg führte ihn in einen Wald und da sah er einen Rabenvater und eine Rabenmutter, die standen bei ihrem Nest und warfen ihre Jungen heraus. 'Fort mit euch, ihr Galgenschwengel,' riefen sie, 'wir können euch nicht mehr satt machen, ihr seid groß genug, und könnt euch selbst ernähren.' Die armen Jungen lagen auf der Erde, flatterten und schlugen mit ihren Fittichen und schrien 'wir hilflosen Kinder, wir sollen uns selbst ernähren und können noch nicht fliegen! was bleibt uns übrig als hier Hungers zu sterben!' Da stieg der gute Jüngling ab, tödtete das Pferd mit seinem Degen und überließ es den jungen Raben zum Futter. Die kamen herbeigehüpft, sättigten sich und riefen 'wir wollen dirs gedenken und dirs vergelten.' Er mußte jetzt seine eigenen Beine gebrauchen, und als er lange Wege gegangen war, kam er in eine große Stadt. Da war großer Lärm und Gedränge in den Straßen, und kam einer zu Pferde und machte bekannt, 'die Königstochter suche einen Gemahl, wer sich aber um sie bewerben wolle, der müsse eine schwere Aufgabe vollbringen, und könne er es nicht glücklich ausführen, so habe er sein Leben verwirkt.' Viele hatten es schon versucht, aber so vernahm er doch ihre Klage daß sie so elend umkommen müßten. Weil er ein mitleidiges Herz hatte, so stieg er vom Pferde ab und setzte die drei Gefangenen wieder ins Wasser. Sie zappelten vor Freude, streckten die Köpfe heraus und riefen ihm zu ‘wir wollen dirs gedenken und dirs vergelten daß du uns errettet hast.’ Er ritt weiter, und nach einem Weilchen kam es ihm vor als hörte er zu seinen Füßen in dem Sand eine Stimme. Er horchte und vernahm wie ein Ameisenkönig klagte ‘wenn uns nur die Menschen mit den ungeschickten Thieren vom Leib blieben! da tritt mir das dumme Pferd mit seinen schweren Hufen meine Leute ohne Barmherzigkeit nieder!’ Er lenkte auf einen Seitenweg ein und der Ameisenkönig rief ihm zu ‘wir wollen dirs gedenken und dirs vergelten.’ Der Weg führte ihn in einen Wald und da sah er einen Rabenvater und eine Rabenmutter, die standen bei ihrem Nest und warfen ihre Jungen heraus. ‘Fort mit euch, ihr Galgenschwengel,’ riefen sie, ‘wir können euch nicht mehr satt machen, ihr seid groß genug, und könnt euch selbst ernähren.’ Die armen Jungen lagen auf der Erde, flatterten und schlugen mit ihren Fittichen und schrien ‘wir hilflosen Kinder, wir sollen uns selbst ernähren und können noch nicht fliegen! was bleibt uns übrig als hier Hungers zu sterben!’ Da stieg der gute Jüngling ab, tödtete das Pferd mit seinem Degen und überließ es den jungen Raben zum Futter. Die kamen herbeigehüpft, sättigten sich und riefen ‘wir wollen dirs gedenken und dirs vergelten.’ Er mußte jetzt seine eigenen Beine gebrauchen, und als er lange Wege gegangen war, kam er in eine große Stadt. Da war großer Lärm und Gedränge in den Straßen, und kam einer zu Pferde und machte bekannt, ‘die Königstochter suche einen Gemahl, wer sich aber um sie bewerben wolle, der müsse eine schwere Aufgabe vollbringen, und könne er es nicht glücklich ausführen, so habe er sein Leben verwirkt.’ Viele hatten es schon versucht, aber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0128" n="95"/> so vernahm er doch ihre Klage daß sie so elend umkommen müßten. Weil er ein mitleidiges Herz hatte, so stieg er vom Pferde ab und setzte die drei Gefangenen wieder ins Wasser. Sie zappelten vor Freude, streckten die Köpfe heraus und riefen ihm zu ‘wir wollen dirs gedenken und dirs vergelten daß du uns errettet hast.’ Er ritt weiter, und nach einem Weilchen kam es ihm vor als hörte er zu seinen Füßen in dem Sand eine Stimme. Er horchte und vernahm wie ein Ameisenkönig klagte ‘wenn uns nur die Menschen mit den ungeschickten Thieren vom Leib blieben! da tritt mir das dumme Pferd mit seinen schweren Hufen meine Leute ohne Barmherzigkeit nieder!’ Er lenkte auf einen Seitenweg ein und der Ameisenkönig rief ihm zu ‘wir wollen dirs gedenken und dirs vergelten.’ Der Weg führte ihn in einen Wald und da sah er einen Rabenvater und eine Rabenmutter, die standen bei ihrem Nest und warfen ihre Jungen heraus. ‘Fort mit euch, ihr Galgenschwengel,’ riefen sie, ‘wir können euch nicht mehr satt machen, ihr seid groß genug, und könnt euch selbst ernähren.’ Die armen Jungen lagen auf der Erde, flatterten und schlugen mit ihren Fittichen und schrien ‘wir hilflosen Kinder, wir sollen uns selbst ernähren und können noch nicht fliegen! was bleibt uns übrig als hier Hungers zu sterben!’ Da stieg der gute Jüngling ab, tödtete das Pferd mit seinem Degen und überließ es den jungen Raben zum Futter. Die kamen herbeigehüpft, sättigten sich und riefen ‘wir wollen dirs gedenken und dirs vergelten.’</p><lb/> <p>Er mußte jetzt seine eigenen Beine gebrauchen, und als er lange Wege gegangen war, kam er in eine große Stadt. Da war großer Lärm und Gedränge in den Straßen, und kam einer zu Pferde und machte bekannt, ‘die Königstochter suche einen Gemahl, wer sich aber um sie bewerben wolle, der müsse eine schwere Aufgabe vollbringen, und könne er es nicht glücklich ausführen, so habe er sein Leben verwirkt.’ Viele hatten es schon versucht, aber </p> </div> </body> </text> </TEI> [95/0128]
so vernahm er doch ihre Klage daß sie so elend umkommen müßten. Weil er ein mitleidiges Herz hatte, so stieg er vom Pferde ab und setzte die drei Gefangenen wieder ins Wasser. Sie zappelten vor Freude, streckten die Köpfe heraus und riefen ihm zu ‘wir wollen dirs gedenken und dirs vergelten daß du uns errettet hast.’ Er ritt weiter, und nach einem Weilchen kam es ihm vor als hörte er zu seinen Füßen in dem Sand eine Stimme. Er horchte und vernahm wie ein Ameisenkönig klagte ‘wenn uns nur die Menschen mit den ungeschickten Thieren vom Leib blieben! da tritt mir das dumme Pferd mit seinen schweren Hufen meine Leute ohne Barmherzigkeit nieder!’ Er lenkte auf einen Seitenweg ein und der Ameisenkönig rief ihm zu ‘wir wollen dirs gedenken und dirs vergelten.’ Der Weg führte ihn in einen Wald und da sah er einen Rabenvater und eine Rabenmutter, die standen bei ihrem Nest und warfen ihre Jungen heraus. ‘Fort mit euch, ihr Galgenschwengel,’ riefen sie, ‘wir können euch nicht mehr satt machen, ihr seid groß genug, und könnt euch selbst ernähren.’ Die armen Jungen lagen auf der Erde, flatterten und schlugen mit ihren Fittichen und schrien ‘wir hilflosen Kinder, wir sollen uns selbst ernähren und können noch nicht fliegen! was bleibt uns übrig als hier Hungers zu sterben!’ Da stieg der gute Jüngling ab, tödtete das Pferd mit seinem Degen und überließ es den jungen Raben zum Futter. Die kamen herbeigehüpft, sättigten sich und riefen ‘wir wollen dirs gedenken und dirs vergelten.’
Er mußte jetzt seine eigenen Beine gebrauchen, und als er lange Wege gegangen war, kam er in eine große Stadt. Da war großer Lärm und Gedränge in den Straßen, und kam einer zu Pferde und machte bekannt, ‘die Königstochter suche einen Gemahl, wer sich aber um sie bewerben wolle, der müsse eine schwere Aufgabe vollbringen, und könne er es nicht glücklich ausführen, so habe er sein Leben verwirkt.’ Viele hatten es schon versucht, aber
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