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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.

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sprach 'bringt mich nicht um, ich will unsern Herrn wieder lebendig machen. Jch weiß einen Berg, da wächst eine Wurzel, wer die im Mund hat, der wird von aller Krankheit und allen Wunden geheilt. Aber der Berg liegt zweihundert Stunden von hier.' Sprach der Löwe 'in vier und zwanzig Stunden mußt du hin und her gelaufen sein und die Wurzel mitbringen.' Da sprang der Hase fort, und in vier und zwanzig Stunden war er zurück, und brachte die Wurzel mit. Der Löwe setzte dem Jäger den Kopf wieder an, und der Hase steckte ihm die Wurzel in den Mund, alsbald fügte sich alles wieder zusammen, und das Herz schlug und das Leben kehrte zurück. Da erwachte der Jäger, und erschrack als er die Jungfrau nicht mehr sah, und dachte 'sie ist wohl fortgegangen, während ich schlief, um mich los zu werden.' Der Löwe hatte in der großen Eile seinem Herrn den Kopf verkehrt aufgesetzt, der aber merkte es nicht bei seinen traurigen Gedanken an die Königstochter: erst zu Mittag, als er etwas essen wollte, da sah er daß ihm der Kopf nach dem Rücken zu stand, konnte es nicht begreifen und fragte die Thiere was ihm im Schlaf widerfahren wäre? Da erzählte ihm der Löwe daß sie auch alle aus Müdigkeit eingeschlafen wären und beim Erwachen hätten sie ihn todt gefunden, mit abgeschlagenem Haupte, der Hase hätte die Lebenswurzel geholt, er aber in der Eil den Kopf verkehrt gehalten; doch wollte er seinen Fehler wieder gut machen. Dann riß er dem Jäger den Kopf wieder ab, drehte ihn herum, und der Hase heilte ihn mit der Wurzel fest.

Der Jäger aber war traurig, zog in der Welt herum, und ließ seine Thiere vor den Leuten tanzen. Es trug sich zu, daß er gerade

sprach ‘bringt mich nicht um, ich will unsern Herrn wieder lebendig machen. Jch weiß einen Berg, da wächst eine Wurzel, wer die im Mund hat, der wird von aller Krankheit und allen Wunden geheilt. Aber der Berg liegt zweihundert Stunden von hier.’ Sprach der Löwe ‘in vier und zwanzig Stunden mußt du hin und her gelaufen sein und die Wurzel mitbringen.’ Da sprang der Hase fort, und in vier und zwanzig Stunden war er zurück, und brachte die Wurzel mit. Der Löwe setzte dem Jäger den Kopf wieder an, und der Hase steckte ihm die Wurzel in den Mund, alsbald fügte sich alles wieder zusammen, und das Herz schlug und das Leben kehrte zurück. Da erwachte der Jäger, und erschrack als er die Jungfrau nicht mehr sah, und dachte ‘sie ist wohl fortgegangen, während ich schlief, um mich los zu werden.’ Der Löwe hatte in der großen Eile seinem Herrn den Kopf verkehrt aufgesetzt, der aber merkte es nicht bei seinen traurigen Gedanken an die Königstochter: erst zu Mittag, als er etwas essen wollte, da sah er daß ihm der Kopf nach dem Rücken zu stand, konnte es nicht begreifen und fragte die Thiere was ihm im Schlaf widerfahren wäre? Da erzählte ihm der Löwe daß sie auch alle aus Müdigkeit eingeschlafen wären und beim Erwachen hätten sie ihn todt gefunden, mit abgeschlagenem Haupte, der Hase hätte die Lebenswurzel geholt, er aber in der Eil den Kopf verkehrt gehalten; doch wollte er seinen Fehler wieder gut machen. Dann riß er dem Jäger den Kopf wieder ab, drehte ihn herum, und der Hase heilte ihn mit der Wurzel fest.

Der Jäger aber war traurig, zog in der Welt herum, und ließ seine Thiere vor den Leuten tanzen. Es trug sich zu, daß er gerade

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[372/0454] sprach ‘bringt mich nicht um, ich will unsern Herrn wieder lebendig machen. Jch weiß einen Berg, da wächst eine Wurzel, wer die im Mund hat, der wird von aller Krankheit und allen Wunden geheilt. Aber der Berg liegt zweihundert Stunden von hier.’ Sprach der Löwe ‘in vier und zwanzig Stunden mußt du hin und her gelaufen sein und die Wurzel mitbringen.’ Da sprang der Hase fort, und in vier und zwanzig Stunden war er zurück, und brachte die Wurzel mit. Der Löwe setzte dem Jäger den Kopf wieder an, und der Hase steckte ihm die Wurzel in den Mund, alsbald fügte sich alles wieder zusammen, und das Herz schlug und das Leben kehrte zurück. Da erwachte der Jäger, und erschrack als er die Jungfrau nicht mehr sah, und dachte ‘sie ist wohl fortgegangen, während ich schlief, um mich los zu werden.’ Der Löwe hatte in der großen Eile seinem Herrn den Kopf verkehrt aufgesetzt, der aber merkte es nicht bei seinen traurigen Gedanken an die Königstochter: erst zu Mittag, als er etwas essen wollte, da sah er daß ihm der Kopf nach dem Rücken zu stand, konnte es nicht begreifen und fragte die Thiere was ihm im Schlaf widerfahren wäre? Da erzählte ihm der Löwe daß sie auch alle aus Müdigkeit eingeschlafen wären und beim Erwachen hätten sie ihn todt gefunden, mit abgeschlagenem Haupte, der Hase hätte die Lebenswurzel geholt, er aber in der Eil den Kopf verkehrt gehalten; doch wollte er seinen Fehler wieder gut machen. Dann riß er dem Jäger den Kopf wieder ab, drehte ihn herum, und der Hase heilte ihn mit der Wurzel fest. Der Jäger aber war traurig, zog in der Welt herum, und ließ seine Thiere vor den Leuten tanzen. Es trug sich zu, daß er gerade

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850/454>, abgerufen am 16.07.2024.