Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

Den zweiten Tag ließ sie herumfragen bei allen Leuten, und sagte dem Männlein die ungewöhnlichsten und seltsamsten vor, Rippenbiest, Hammelswade, Schnürbein, aber es blieb dabei 'so heiß ich nicht.' Den dritten Tag kam der Bote wieder zurück und erzählte 'neue Namen habe ich keinen einzigen finden können, aber wie ich an einen hohen Berg um die Waldecke kam, wo Fuchs und Has sich gute Nacht sagen, so sah ich da ein kleines Haus, und vor dem Haus brannte ein Feuer, und um das Feuer sprang ein gar zu lächerliches Männchen, hüpfte auf einem Bein und schrie

'heute back ich, morgen brau ich,
übermorgen hol ich der Königin ihr Kind;
ach, wie gut ist daß niemand weiß
daß ich Rumpelstilzchen heiß!'

Da war die Königin ganz froh daß sie den Namen wußte, und als bald hernach das Männlein kam und fragte 'nun, Frau Königin, wie heiß ich?' fragte sie erst 'heißest du Cunz?' 'Nein.' 'Heißest du Heinz?' 'Nein.'

'Heißt du etwa Rumpelstilzchen?'

'Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt' schrie das Männlein und stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde, daß es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wuth den linken Fuß mit beiden Händen und riß sich selbst mitten entzwei.



Den zweiten Tag ließ sie herumfragen bei allen Leuten, und sagte dem Männlein die ungewöhnlichsten und seltsamsten vor, Rippenbiest, Hammelswade, Schnürbein, aber es blieb dabei ‘so heiß ich nicht.’ Den dritten Tag kam der Bote wieder zurück und erzählte ‘neue Namen habe ich keinen einzigen finden können, aber wie ich an einen hohen Berg um die Waldecke kam, wo Fuchs und Has sich gute Nacht sagen, so sah ich da ein kleines Haus, und vor dem Haus brannte ein Feuer, und um das Feuer sprang ein gar zu lächerliches Männchen, hüpfte auf einem Bein und schrie

‘heute back ich, morgen brau ich,
übermorgen hol ich der Königin ihr Kind;
ach, wie gut ist daß niemand weiß
daß ich Rumpelstilzchen heiß!’

Da war die Königin ganz froh daß sie den Namen wußte, und als bald hernach das Männlein kam und fragte ‘nun, Frau Königin, wie heiß ich?’ fragte sie erst ‘heißest du Cunz?’ ‘Nein.’ ‘Heißest du Heinz?’ ‘Nein.’

‘Heißt du etwa Rumpelstilzchen?’

‘Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt’ schrie das Männlein und stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde, daß es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wuth den linken Fuß mit beiden Händen und riß sich selbst mitten entzwei.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0411" n="329"/>
Den zweiten Tag ließ sie herumfragen bei allen Leuten, und sagte dem Männlein die ungewöhnlichsten und seltsamsten vor, Rippenbiest, Hammelswade, Schnürbein, aber es blieb dabei &#x2018;so heiß ich nicht.&#x2019; Den dritten Tag kam der Bote wieder zurück und erzählte &#x2018;neue Namen habe ich keinen einzigen finden können, aber wie ich an einen hohen Berg um die Waldecke kam, wo Fuchs und Has sich gute Nacht sagen, so sah ich da ein kleines Haus, und vor dem Haus brannte ein Feuer, und um das Feuer sprang ein gar zu lächerliches Männchen, hüpfte auf einem Bein und schrie</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>&#x2018;heute back ich, morgen brau ich,</l><lb/>
          <l>übermorgen hol ich der Königin ihr Kind;</l><lb/>
          <l>ach, wie gut ist daß niemand weiß</l><lb/>
          <l>daß ich Rumpelstilzchen heiß!&#x2019;</l><lb/>
        </lg>
        <p>Da war die Königin ganz froh daß sie den Namen wußte, und als bald hernach das Männlein kam und fragte &#x2018;nun, Frau Königin, wie heiß ich?&#x2019; fragte sie erst &#x2018;heißest du Cunz?&#x2019; &#x2018;Nein.&#x2019; &#x2018;Heißest du Heinz?&#x2019; &#x2018;Nein.&#x2019;</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>&#x2018;Heißt du etwa Rumpelstilzchen?&#x2019;</l><lb/>
        </lg>
        <p>&#x2018;Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt&#x2019; schrie das Männlein und stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde, daß es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wuth den linken Fuß mit beiden Händen und riß sich selbst mitten entzwei.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[329/0411] Den zweiten Tag ließ sie herumfragen bei allen Leuten, und sagte dem Männlein die ungewöhnlichsten und seltsamsten vor, Rippenbiest, Hammelswade, Schnürbein, aber es blieb dabei ‘so heiß ich nicht.’ Den dritten Tag kam der Bote wieder zurück und erzählte ‘neue Namen habe ich keinen einzigen finden können, aber wie ich an einen hohen Berg um die Waldecke kam, wo Fuchs und Has sich gute Nacht sagen, so sah ich da ein kleines Haus, und vor dem Haus brannte ein Feuer, und um das Feuer sprang ein gar zu lächerliches Männchen, hüpfte auf einem Bein und schrie ‘heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hol ich der Königin ihr Kind; ach, wie gut ist daß niemand weiß daß ich Rumpelstilzchen heiß!’ Da war die Königin ganz froh daß sie den Namen wußte, und als bald hernach das Männlein kam und fragte ‘nun, Frau Königin, wie heiß ich?’ fragte sie erst ‘heißest du Cunz?’ ‘Nein.’ ‘Heißest du Heinz?’ ‘Nein.’ ‘Heißt du etwa Rumpelstilzchen?’ ‘Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt’ schrie das Männlein und stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde, daß es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wuth den linken Fuß mit beiden Händen und riß sich selbst mitten entzwei.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-03T14:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850/411
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850/411>, abgerufen am 23.11.2024.