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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.

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geworden, mein Sohn?' fragte der Alte. 'Ein Müller, lieber Vater,' antwortete er. 'Was hast du von deiner Wanderschaft mitgebracht?' 'Weiter nichts als einen Esel.' 'Esel gibts hier genug,' sagte der Vater, 'da wäre mir doch eine gute Ziege lieber gewesen.' 'Ja,' antwortete der Sohn, 'aber es ist kein gemeiner Esel, sondern ein Goldesel: wenn ich sage 'Bricklebrit,' so speit euch das gute Thier ein ganzes Tuch voll Goldstücke. Laßt nur alle Verwandte herbei rufen, ich mache sie alle zu reichen Leuten.' 'Das laß ich mir gefallen,' sagte der Schneider, 'dann brauch ich mich mit der Nadel nicht weiter zu quälen,' sprang selbst fort, und rief die Verwandten herbei. Sobald sie beisammen waren, hieß sie der Müller Platz machen, breitete sein Tuch aus, und brachte den Esel in die Stube. 'Jetzt gebt acht' sagte er, und rief 'Bricklebrit,' aber es waren keine Goldstücke was herabfiel, und es zeigte sich, daß das Thier nichts von der Kunst verstand, denn es bringts nicht jeder Esel so weit. Da machte der arme Müller ein langes Gesicht, sah daß er betrogen war und bat die Verwandten um Verzeihung, die so arm heim giengen, als sie gekommen waren. Es blieb nichts übrig, der Alte mußte wieder nach der Nadel greifen, und der Junge sich bei einem Müller verdingen.

Der dritte Bruder war zu einem Drechsler in die Lehre gegangen, und weil es ein kunstreiches Handwerk ist, mußte er am längsten lernen. Seine Brüder aber meldeten ihm in einem Briefe wie schlimm es ihnen ergangen wäre, und wie sie der Wirth noch am letzten Abende um ihre schönen Wünschdinge gebracht hätte. Als der Drechsler nun ausgelernt hatte und wandern sollte, so schenkte

geworden, mein Sohn?’ fragte der Alte. ‘Ein Müller, lieber Vater,’ antwortete er. ‘Was hast du von deiner Wanderschaft mitgebracht?’ ‘Weiter nichts als einen Esel.’ ‘Esel gibts hier genug,’ sagte der Vater, ‘da wäre mir doch eine gute Ziege lieber gewesen.’ ‘Ja,’ antwortete der Sohn, ‘aber es ist kein gemeiner Esel, sondern ein Goldesel: wenn ich sage ‘Bricklebrit,’ so speit euch das gute Thier ein ganzes Tuch voll Goldstücke. Laßt nur alle Verwandte herbei rufen, ich mache sie alle zu reichen Leuten.’ ‘Das laß ich mir gefallen,’ sagte der Schneider, ‘dann brauch ich mich mit der Nadel nicht weiter zu quälen,’ sprang selbst fort, und rief die Verwandten herbei. Sobald sie beisammen waren, hieß sie der Müller Platz machen, breitete sein Tuch aus, und brachte den Esel in die Stube. ‘Jetzt gebt acht’ sagte er, und rief ‘Bricklebrit,’ aber es waren keine Goldstücke was herabfiel, und es zeigte sich, daß das Thier nichts von der Kunst verstand, denn es bringts nicht jeder Esel so weit. Da machte der arme Müller ein langes Gesicht, sah daß er betrogen war und bat die Verwandten um Verzeihung, die so arm heim giengen, als sie gekommen waren. Es blieb nichts übrig, der Alte mußte wieder nach der Nadel greifen, und der Junge sich bei einem Müller verdingen.

Der dritte Bruder war zu einem Drechsler in die Lehre gegangen, und weil es ein kunstreiches Handwerk ist, mußte er am längsten lernen. Seine Brüder aber meldeten ihm in einem Briefe wie schlimm es ihnen ergangen wäre, und wie sie der Wirth noch am letzten Abende um ihre schönen Wünschdinge gebracht hätte. Als der Drechsler nun ausgelernt hatte und wandern sollte, so schenkte

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[219/0301] geworden, mein Sohn?’ fragte der Alte. ‘Ein Müller, lieber Vater,’ antwortete er. ‘Was hast du von deiner Wanderschaft mitgebracht?’ ‘Weiter nichts als einen Esel.’ ‘Esel gibts hier genug,’ sagte der Vater, ‘da wäre mir doch eine gute Ziege lieber gewesen.’ ‘Ja,’ antwortete der Sohn, ‘aber es ist kein gemeiner Esel, sondern ein Goldesel: wenn ich sage ‘Bricklebrit,’ so speit euch das gute Thier ein ganzes Tuch voll Goldstücke. Laßt nur alle Verwandte herbei rufen, ich mache sie alle zu reichen Leuten.’ ‘Das laß ich mir gefallen,’ sagte der Schneider, ‘dann brauch ich mich mit der Nadel nicht weiter zu quälen,’ sprang selbst fort, und rief die Verwandten herbei. Sobald sie beisammen waren, hieß sie der Müller Platz machen, breitete sein Tuch aus, und brachte den Esel in die Stube. ‘Jetzt gebt acht’ sagte er, und rief ‘Bricklebrit,’ aber es waren keine Goldstücke was herabfiel, und es zeigte sich, daß das Thier nichts von der Kunst verstand, denn es bringts nicht jeder Esel so weit. Da machte der arme Müller ein langes Gesicht, sah daß er betrogen war und bat die Verwandten um Verzeihung, die so arm heim giengen, als sie gekommen waren. Es blieb nichts übrig, der Alte mußte wieder nach der Nadel greifen, und der Junge sich bei einem Müller verdingen. Der dritte Bruder war zu einem Drechsler in die Lehre gegangen, und weil es ein kunstreiches Handwerk ist, mußte er am längsten lernen. Seine Brüder aber meldeten ihm in einem Briefe wie schlimm es ihnen ergangen wäre, und wie sie der Wirth noch am letzten Abende um ihre schönen Wünschdinge gebracht hätte. Als der Drechsler nun ausgelernt hatte und wandern sollte, so schenkte

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850/301>, abgerufen am 22.11.2024.