Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.schnarchten dabei, daß sich die Äste auf und nieder bogen. Das Schneiderlein, nicht faul, las beide Taschen voll Steine und stieg damit auf den Baum. Als es in der Mitte war, rutschte es auf einem Ast bis es gerade über die Schläfer zu sitzen kam, und ließ dem einen Riesen einen Stein nach dem andern auf die Brust fallen. Der Riese spürte lange nichts, bis er endlich aufwachte, seinen Gesellen anstieß und sprach 'was schlägst du mich.' 'Du träumst,' sagte der andere, 'ich schlage dich nicht.' Sie legten sich wieder zum Schlaf, da warf der Schneider auf den zweiten einen Stein herab. 'Was soll das?' rief der andere, 'warum wirfst du mich?' 'Jch werfe dich nicht, du mußt träumen,' antwortete der erste. Sie zankten sich eine Weile herum, doch weil sie müde waren, ließen sies gut sein, und die Augen fielen ihnen wieder zu. Das Schneiderlein fieng sein Spiel von neuem an, suchte den dicksten Stein aus und warf ihn dem ersten Riesen mit aller Gewalt auf die Brust. 'Das ist zu arg!' schrie er, sprang wie ein Unsinniger auf und fiel über seinen Gesellen her: dieser zahlte mit gleicher Münze, und sie geriethen in solche Wuth, daß sie Bäume ausrissen und auf einander los schlugen, und ließen nicht eher ab als bis sie beide todt auf der Erde lagen. Nun sprang das Schneiderlein herab. 'Ein Glück nur,' sprach es, 'daß sie den Baum, auf dem ich saß, nicht ausgerissen haben, sonst hätt ich wie ein Eichhörnchen auf einen andern springen müssen: doch unser einer ist flüchtig!' Es zog sein Schwert und versetzte jedem ein paar tüchtige Hiebe in die Brust, dann gieng es hinaus zu den Reitern und sprach 'die Arbeit ist gethan, ich habe beiden den Garaus gemacht: aber hart ist es schnarchten dabei, daß sich die Äste auf und nieder bogen. Das Schneiderlein, nicht faul, las beide Taschen voll Steine und stieg damit auf den Baum. Als es in der Mitte war, rutschte es auf einem Ast bis es gerade über die Schläfer zu sitzen kam, und ließ dem einen Riesen einen Stein nach dem andern auf die Brust fallen. Der Riese spürte lange nichts, bis er endlich aufwachte, seinen Gesellen anstieß und sprach ‘was schlägst du mich.’ ‘Du träumst,’ sagte der andere, ‘ich schlage dich nicht.’ Sie legten sich wieder zum Schlaf, da warf der Schneider auf den zweiten einen Stein herab. ‘Was soll das?’ rief der andere, ‘warum wirfst du mich?’ ‘Jch werfe dich nicht, du mußt träumen,’ antwortete der erste. Sie zankten sich eine Weile herum, doch weil sie müde waren, ließen sies gut sein, und die Augen fielen ihnen wieder zu. Das Schneiderlein fieng sein Spiel von neuem an, suchte den dicksten Stein aus und warf ihn dem ersten Riesen mit aller Gewalt auf die Brust. ‘Das ist zu arg!’ schrie er, sprang wie ein Unsinniger auf und fiel über seinen Gesellen her: dieser zahlte mit gleicher Münze, und sie geriethen in solche Wuth, daß sie Bäume ausrissen und auf einander los schlugen, und ließen nicht eher ab als bis sie beide todt auf der Erde lagen. Nun sprang das Schneiderlein herab. ‘Ein Glück nur,’ sprach es, ‘daß sie den Baum, auf dem ich saß, nicht ausgerissen haben, sonst hätt ich wie ein Eichhörnchen auf einen andern springen müssen: doch unser einer ist flüchtig!’ Es zog sein Schwert und versetzte jedem ein paar tüchtige Hiebe in die Brust, dann gieng es hinaus zu den Reitern und sprach ‘die Arbeit ist gethan, ich habe beiden den Garaus gemacht: aber hart ist es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0213" n="131"/> schnarchten dabei, daß sich die Äste auf und nieder bogen. Das Schneiderlein, nicht faul, las beide Taschen voll Steine und stieg damit auf den Baum. Als es in der Mitte war, rutschte es auf einem Ast bis es gerade über die Schläfer zu sitzen kam, und ließ dem einen Riesen einen Stein nach dem andern auf die Brust fallen. Der Riese spürte lange nichts, bis er endlich aufwachte, seinen Gesellen anstieß und sprach ‘was schlägst du mich.’ ‘Du träumst,’ sagte der andere, ‘ich schlage dich nicht.’ Sie legten sich wieder zum Schlaf, da warf der Schneider auf den zweiten einen Stein herab. ‘Was soll das?’ rief der andere, ‘warum wirfst du mich?’ ‘Jch werfe dich nicht, du mußt träumen,’ antwortete der erste. Sie zankten sich eine Weile herum, doch weil sie müde waren, ließen sies gut sein, und die Augen fielen ihnen wieder zu. Das Schneiderlein fieng sein Spiel von neuem an, suchte den dicksten Stein aus und warf ihn dem ersten Riesen mit aller Gewalt auf die Brust. ‘Das ist zu arg!’ schrie er, sprang wie ein Unsinniger auf und fiel über seinen Gesellen her: dieser zahlte mit gleicher Münze, und sie geriethen in solche Wuth, daß sie Bäume ausrissen und auf einander los schlugen, und ließen nicht eher ab als bis sie beide todt auf der Erde lagen. Nun sprang das Schneiderlein herab. ‘Ein Glück nur,’ sprach es, ‘daß sie den Baum, auf dem ich saß, nicht ausgerissen haben, sonst hätt ich wie ein Eichhörnchen auf einen andern springen müssen: doch unser einer ist flüchtig!’ Es zog sein Schwert und versetzte jedem ein paar tüchtige Hiebe in die Brust, dann gieng es hinaus zu den Reitern und sprach ‘die Arbeit ist gethan, ich habe beiden den Garaus gemacht: aber hart ist es </p> </div> </body> </text> </TEI> [131/0213]
schnarchten dabei, daß sich die Äste auf und nieder bogen. Das Schneiderlein, nicht faul, las beide Taschen voll Steine und stieg damit auf den Baum. Als es in der Mitte war, rutschte es auf einem Ast bis es gerade über die Schläfer zu sitzen kam, und ließ dem einen Riesen einen Stein nach dem andern auf die Brust fallen. Der Riese spürte lange nichts, bis er endlich aufwachte, seinen Gesellen anstieß und sprach ‘was schlägst du mich.’ ‘Du träumst,’ sagte der andere, ‘ich schlage dich nicht.’ Sie legten sich wieder zum Schlaf, da warf der Schneider auf den zweiten einen Stein herab. ‘Was soll das?’ rief der andere, ‘warum wirfst du mich?’ ‘Jch werfe dich nicht, du mußt träumen,’ antwortete der erste. Sie zankten sich eine Weile herum, doch weil sie müde waren, ließen sies gut sein, und die Augen fielen ihnen wieder zu. Das Schneiderlein fieng sein Spiel von neuem an, suchte den dicksten Stein aus und warf ihn dem ersten Riesen mit aller Gewalt auf die Brust. ‘Das ist zu arg!’ schrie er, sprang wie ein Unsinniger auf und fiel über seinen Gesellen her: dieser zahlte mit gleicher Münze, und sie geriethen in solche Wuth, daß sie Bäume ausrissen und auf einander los schlugen, und ließen nicht eher ab als bis sie beide todt auf der Erde lagen. Nun sprang das Schneiderlein herab. ‘Ein Glück nur,’ sprach es, ‘daß sie den Baum, auf dem ich saß, nicht ausgerissen haben, sonst hätt ich wie ein Eichhörnchen auf einen andern springen müssen: doch unser einer ist flüchtig!’ Es zog sein Schwert und versetzte jedem ein paar tüchtige Hiebe in die Brust, dann gieng es hinaus zu den Reitern und sprach ‘die Arbeit ist gethan, ich habe beiden den Garaus gemacht: aber hart ist es
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-03T14:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |