Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite
13.
Die drei Männlein im Walde.

Es war ein Mann, dem starb seine Frau, und eine Frau, der starb ihr Mann; und der Mann hatte eine Tochter, und die Frau hatte auch eine Tochter. Die Mädchen waren mit einander bekannt und giengen zusammen spazieren und kamen hernach zu der Frau ins Haus. Da sprach sie zu des Mannes Tochter 'hör, sage deinem Vater, ich wollt ihn heirathen, dann sollst du jeden Morgen dich in Milch waschen und Wein trinken, meine Tochter aber soll sich in Wasser waschen und Wasser trinken.' Das Mädchen gieng nach Haus und erzählte seinem Vater was die Frau gesagt hatte. Der Mann sprach 'was soll ich thun? das Heirathen ist eine Freude und ist auch eine Qual.' Endlich, weil er keinen Entschluß fassen konnte, zog er seinen Stiefel aus und sagte 'nimm diesen Stiefel, der hat in der Sohle ein Loch, geh damit auf den Boden, häng ihn an den großen Nagel und gieß dann Wasser hinein. Hält er das Wasser, so will ich wieder eine Frau nehmen, läufts aber durch, so will ich nicht.' Das Mädchen that wie ihm geheißen war: aber das Wasser zog das Loch zusammen, und der Stiefel ward voll bis obenhin. Es verkündigte seinem Vater wies ausgefallen war. Da stieg er selbst hinauf, und als er sah daß es seine Richtigkeit hatte,

13.
Die drei Männlein im Walde.

Es war ein Mann, dem starb seine Frau, und eine Frau, der starb ihr Mann; und der Mann hatte eine Tochter, und die Frau hatte auch eine Tochter. Die Mädchen waren mit einander bekannt und giengen zusammen spazieren und kamen hernach zu der Frau ins Haus. Da sprach sie zu des Mannes Tochter ‘hör, sage deinem Vater, ich wollt ihn heirathen, dann sollst du jeden Morgen dich in Milch waschen und Wein trinken, meine Tochter aber soll sich in Wasser waschen und Wasser trinken.’ Das Mädchen gieng nach Haus und erzählte seinem Vater was die Frau gesagt hatte. Der Mann sprach ‘was soll ich thun? das Heirathen ist eine Freude und ist auch eine Qual.’ Endlich, weil er keinen Entschluß fassen konnte, zog er seinen Stiefel aus und sagte ‘nimm diesen Stiefel, der hat in der Sohle ein Loch, geh damit auf den Boden, häng ihn an den großen Nagel und gieß dann Wasser hinein. Hält er das Wasser, so will ich wieder eine Frau nehmen, läufts aber durch, so will ich nicht.’ Das Mädchen that wie ihm geheißen war: aber das Wasser zog das Loch zusammen, und der Stiefel ward voll bis obenhin. Es verkündigte seinem Vater wies ausgefallen war. Da stieg er selbst hinauf, und als er sah daß es seine Richtigkeit hatte,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0161" n="79"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">13.<lb/>
Die drei Männlein im Walde.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>s war ein Mann, dem starb seine Frau, und eine Frau, der starb ihr Mann; und der Mann hatte eine Tochter, und die Frau hatte auch eine Tochter. Die Mädchen waren mit einander bekannt und giengen zusammen spazieren und kamen hernach zu der Frau ins Haus. Da sprach sie zu des Mannes Tochter &#x2018;hör, sage deinem Vater, ich wollt ihn heirathen, dann sollst du jeden Morgen dich in Milch waschen und Wein trinken, meine Tochter aber soll sich in Wasser waschen und Wasser trinken.&#x2019; Das Mädchen gieng nach Haus und erzählte seinem Vater was die Frau gesagt hatte. Der Mann sprach &#x2018;was soll ich thun? das Heirathen ist eine Freude und ist auch eine Qual.&#x2019; Endlich, weil er keinen Entschluß fassen konnte, zog er seinen Stiefel aus und sagte &#x2018;nimm diesen Stiefel, der hat in der Sohle ein Loch, geh damit auf den Boden, häng ihn an den großen Nagel und gieß dann Wasser hinein. Hält er das Wasser, so will ich wieder eine Frau nehmen, läufts aber durch, so will ich nicht.&#x2019; Das Mädchen that wie ihm geheißen war: aber das Wasser zog das Loch zusammen, und der Stiefel ward voll bis obenhin. Es verkündigte seinem Vater wies ausgefallen war. Da stieg er selbst hinauf, und als er sah daß es seine Richtigkeit hatte,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0161] 13. Die drei Männlein im Walde. Es war ein Mann, dem starb seine Frau, und eine Frau, der starb ihr Mann; und der Mann hatte eine Tochter, und die Frau hatte auch eine Tochter. Die Mädchen waren mit einander bekannt und giengen zusammen spazieren und kamen hernach zu der Frau ins Haus. Da sprach sie zu des Mannes Tochter ‘hör, sage deinem Vater, ich wollt ihn heirathen, dann sollst du jeden Morgen dich in Milch waschen und Wein trinken, meine Tochter aber soll sich in Wasser waschen und Wasser trinken.’ Das Mädchen gieng nach Haus und erzählte seinem Vater was die Frau gesagt hatte. Der Mann sprach ‘was soll ich thun? das Heirathen ist eine Freude und ist auch eine Qual.’ Endlich, weil er keinen Entschluß fassen konnte, zog er seinen Stiefel aus und sagte ‘nimm diesen Stiefel, der hat in der Sohle ein Loch, geh damit auf den Boden, häng ihn an den großen Nagel und gieß dann Wasser hinein. Hält er das Wasser, so will ich wieder eine Frau nehmen, läufts aber durch, so will ich nicht.’ Das Mädchen that wie ihm geheißen war: aber das Wasser zog das Loch zusammen, und der Stiefel ward voll bis obenhin. Es verkündigte seinem Vater wies ausgefallen war. Da stieg er selbst hinauf, und als er sah daß es seine Richtigkeit hatte,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-03T14:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850/161
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850/161>, abgerufen am 25.11.2024.