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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843.

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Soldat ertrugs geduldig, und wußte schon wies schmeckte: der Jude aber that jämmerlich, 'au weih geschrien! sind das die harten Thaler?' Der König mußte über den Bauer lachen, und da aller Zorn verschwunden war, sprach er, 'weil du deinen Lohn schon verloren, eh du ihn empfangen hast, so will ich dir einen Ersatz geben: geh in meine Schatzkammer und hol dir Geld, so viel du willst.' Der Bauer ließ sich das nicht zweimal sagen, und füllte in seine weiten Taschen was nur hinein wollte. Darnach gieng er ins Wirthshaus, und überzählte sein Geld. Der Jude war ihm nachgeschlichen, und hörte wie er mit sich allein brummte 'nun hat mich der Spitzbube von König doch hintes Licht geführt! hätte er mir nicht selbst das Geld geben können, so wüßte ich was ich hätte, wie kann ich nun wissen ob das richtig ist, was ich so eingesteckt habe!' 'Gott bewahre,' sprach der Jude für sich, 'der spricht despectirlich von unserm Herrn, ich lauf und gebs an, da krieg ich eine Belohnung, und er wird obendrein noch bestraft.' Als der König die Reden des Bauern erfuhr, ward er zornig, und hieß den Juden hingehen, und den Sünder herbeiholen. Der Jude lief zum Bauer, 'ihr sollt gleich zum Herrn König kommen, wie ihr geht und steht.' 'Jch weiß besser, was sich schickt,' antwortete der Bauer, 'erst laß ich mir einen neuen Rock machen; meinst du ein Mann, der so viel Geld in der Tasche hat, sollte in dem alten Lumpenrock hingehen?' Der Jude, wie er sah daß der Bauer ohne einen andern Rock nicht wegzubringen war, und weil er fürchtete wenn der König seinen Zorn verliere, so verliere er seine Belohnung und der Bauer die Strafe, so sprach er 'ich will

Soldat ertrugs geduldig, und wußte schon wies schmeckte: der Jude aber that jämmerlich, ‘au weih geschrien! sind das die harten Thaler?’ Der König mußte über den Bauer lachen, und da aller Zorn verschwunden war, sprach er, ‘weil du deinen Lohn schon verloren, eh du ihn empfangen hast, so will ich dir einen Ersatz geben: geh in meine Schatzkammer und hol dir Geld, so viel du willst.’ Der Bauer ließ sich das nicht zweimal sagen, und füllte in seine weiten Taschen was nur hinein wollte. Darnach gieng er ins Wirthshaus, und überzählte sein Geld. Der Jude war ihm nachgeschlichen, und hörte wie er mit sich allein brummte ‘nun hat mich der Spitzbube von König doch hintes Licht geführt! hätte er mir nicht selbst das Geld geben können, so wüßte ich was ich hätte, wie kann ich nun wissen ob das richtig ist, was ich so eingesteckt habe!’ ‘Gott bewahre,’ sprach der Jude für sich, ‘der spricht despectirlich von unserm Herrn, ich lauf und gebs an, da krieg ich eine Belohnung, und er wird obendrein noch bestraft.’ Als der König die Reden des Bauern erfuhr, ward er zornig, und hieß den Juden hingehen, und den Sünder herbeiholen. Der Jude lief zum Bauer, ‘ihr sollt gleich zum Herrn König kommen, wie ihr geht und steht.’ ‘Jch weiß besser, was sich schickt,’ antwortete der Bauer, ‘erst laß ich mir einen neuen Rock machen; meinst du ein Mann, der so viel Geld in der Tasche hat, sollte in dem alten Lumpenrock hingehen?’ Der Jude, wie er sah daß der Bauer ohne einen andern Rock nicht wegzubringen war, und weil er fürchtete wenn der König seinen Zorn verliere, so verliere er seine Belohnung und der Bauer die Strafe, so sprach er ‘ich will

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[49/0087] Soldat ertrugs geduldig, und wußte schon wies schmeckte: der Jude aber that jämmerlich, ‘au weih geschrien! sind das die harten Thaler?’ Der König mußte über den Bauer lachen, und da aller Zorn verschwunden war, sprach er, ‘weil du deinen Lohn schon verloren, eh du ihn empfangen hast, so will ich dir einen Ersatz geben: geh in meine Schatzkammer und hol dir Geld, so viel du willst.’ Der Bauer ließ sich das nicht zweimal sagen, und füllte in seine weiten Taschen was nur hinein wollte. Darnach gieng er ins Wirthshaus, und überzählte sein Geld. Der Jude war ihm nachgeschlichen, und hörte wie er mit sich allein brummte ‘nun hat mich der Spitzbube von König doch hintes Licht geführt! hätte er mir nicht selbst das Geld geben können, so wüßte ich was ich hätte, wie kann ich nun wissen ob das richtig ist, was ich so eingesteckt habe!’ ‘Gott bewahre,’ sprach der Jude für sich, ‘der spricht despectirlich von unserm Herrn, ich lauf und gebs an, da krieg ich eine Belohnung, und er wird obendrein noch bestraft.’ Als der König die Reden des Bauern erfuhr, ward er zornig, und hieß den Juden hingehen, und den Sünder herbeiholen. Der Jude lief zum Bauer, ‘ihr sollt gleich zum Herrn König kommen, wie ihr geht und steht.’ ‘Jch weiß besser, was sich schickt,’ antwortete der Bauer, ‘erst laß ich mir einen neuen Rock machen; meinst du ein Mann, der so viel Geld in der Tasche hat, sollte in dem alten Lumpenrock hingehen?’ Der Jude, wie er sah daß der Bauer ohne einen andern Rock nicht wegzubringen war, und weil er fürchtete wenn der König seinen Zorn verliere, so verliere er seine Belohnung und der Bauer die Strafe, so sprach er ‘ich will

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843/87>, abgerufen am 28.04.2024.