Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Als drei Tage herum waren, dachte der Bauer 'heute Abend hast du dein Geld in der Tasche,' und war ganz vergnügt. Aber es wollte niemand kommen und auszahlen.' 'Es ist kein Verlaß mehr auf jemand,' sprach er, und endlich riß ihm die Geduld, daß er in die Stadt zu dem Fleischer gieng, und sein Geld forderte. Der Fleischer meinte, es wäre ein Spaß, aber der Bauer sagte 'Spaß beiseite, ich will mein Geld: hat der große Hund euch nicht die ganze geschlachtete Kuh vor drei Tagen heim gebracht?' Da ward der Fleischer zornig, griff nach einem Besenstiel, und jagte ihn hinaus. 'Wart,' sprach der Bauer, 'es giebt noch Gerechtigkeit auf der Welt!' und gieng in das königliche Schloß, und bat sich Gehör aus. Er ward vor den König geführt, der da saß mit seiner Tochter, und fragte was ihm für ein Leid wiederfahren wäre? 'Ach,' sagte er, 'die Frösche und Hunde haben mir das Meinige genommen, und der Metzger hat mich dafür mit dem Stock bezahlt,' und erzählte weitläuftig wie es zugegangen war. Darüber fieng die Königstochter laut an zu lachen, und der König sprach zu ihm 'Recht kann ich dir hier nicht geben, aber dafür sollst du meine Tochter zur Frau haben, ihr Lebtag hat sie noch nicht gelacht, als eben über dich, und ich habe sie dem versprochen, der sie zum Lachen brächte. Du kannst Gott für dein Glück danken.' 'O,' antwortete der Bauer, 'ich will sie gar nicht: ich habe daheim nur eine einzige Frau, und wenn ich nach Haus komme, so ist mir doch als ob in jedem Winkel eine stände.' Da ward der König zornig, und sprach 'bist du so ein Grobian, so mußt du einen andern Lohn haben: jetzt pack dich fort, aber in drei

Als drei Tage herum waren, dachte der Bauer ‘heute Abend hast du dein Geld in der Tasche,’ und war ganz vergnügt. Aber es wollte niemand kommen und auszahlen.’ ‘Es ist kein Verlaß mehr auf jemand,’ sprach er, und endlich riß ihm die Geduld, daß er in die Stadt zu dem Fleischer gieng, und sein Geld forderte. Der Fleischer meinte, es wäre ein Spaß, aber der Bauer sagte ‘Spaß beiseite, ich will mein Geld: hat der große Hund euch nicht die ganze geschlachtete Kuh vor drei Tagen heim gebracht?’ Da ward der Fleischer zornig, griff nach einem Besenstiel, und jagte ihn hinaus. ‘Wart,’ sprach der Bauer, ‘es giebt noch Gerechtigkeit auf der Welt!’ und gieng in das königliche Schloß, und bat sich Gehör aus. Er ward vor den König geführt, der da saß mit seiner Tochter, und fragte was ihm für ein Leid wiederfahren wäre? ‘Ach,’ sagte er, ‘die Frösche und Hunde haben mir das Meinige genommen, und der Metzger hat mich dafür mit dem Stock bezahlt,’ und erzählte weitläuftig wie es zugegangen war. Darüber fieng die Königstochter laut an zu lachen, und der König sprach zu ihm ‘Recht kann ich dir hier nicht geben, aber dafür sollst du meine Tochter zur Frau haben, ihr Lebtag hat sie noch nicht gelacht, als eben über dich, und ich habe sie dem versprochen, der sie zum Lachen brächte. Du kannst Gott für dein Glück danken.’ ‘O,’ antwortete der Bauer, ‘ich will sie gar nicht: ich habe daheim nur eine einzige Frau, und wenn ich nach Haus komme, so ist mir doch als ob in jedem Winkel eine stände.’ Da ward der König zornig, und sprach ‘bist du so ein Grobian, so mußt du einen andern Lohn haben: jetzt pack dich fort, aber in drei

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0085" n="47"/>
Als drei Tage herum waren, dachte der Bauer &#x2018;heute Abend hast du dein Geld in der Tasche,&#x2019; und war ganz vergnügt. Aber es wollte niemand kommen und auszahlen.&#x2019; &#x2018;Es ist kein Verlaß mehr auf jemand,&#x2019; sprach er, und endlich riß ihm die Geduld, daß er in die Stadt zu dem Fleischer gieng, und sein Geld forderte. Der Fleischer meinte, es wäre ein Spaß, aber der Bauer sagte &#x2018;Spaß beiseite, ich will mein Geld: hat der große Hund euch nicht die ganze geschlachtete Kuh vor drei Tagen heim gebracht?&#x2019; Da ward der Fleischer zornig, griff nach einem Besenstiel, und jagte ihn hinaus. &#x2018;Wart,&#x2019; sprach der Bauer, &#x2018;es giebt noch Gerechtigkeit auf der Welt!&#x2019; und gieng in das königliche Schloß, und bat sich Gehör aus. Er ward vor den König geführt, der da saß mit seiner Tochter, und fragte was ihm für ein Leid wiederfahren wäre? &#x2018;Ach,&#x2019; sagte er, &#x2018;die Frösche und Hunde haben mir das Meinige genommen, und der Metzger hat mich dafür mit dem Stock bezahlt,&#x2019; und erzählte weitläuftig wie es zugegangen war. Darüber fieng die Königstochter laut an zu lachen, und der König sprach zu ihm &#x2018;Recht kann ich dir hier nicht geben, aber dafür sollst du meine Tochter zur Frau haben, ihr Lebtag hat sie noch nicht gelacht, als eben über dich, und ich habe sie dem versprochen, der sie zum Lachen brächte. Du kannst Gott für dein Glück danken.&#x2019; &#x2018;O,&#x2019; antwortete der Bauer, &#x2018;ich will sie gar nicht: ich habe daheim nur eine einzige Frau, und wenn ich nach Haus komme, so ist mir doch als ob in jedem Winkel eine stände.&#x2019; Da ward der König zornig, und sprach &#x2018;bist du so ein Grobian, so mußt du einen andern Lohn haben: jetzt pack dich fort, aber in drei
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0085] Als drei Tage herum waren, dachte der Bauer ‘heute Abend hast du dein Geld in der Tasche,’ und war ganz vergnügt. Aber es wollte niemand kommen und auszahlen.’ ‘Es ist kein Verlaß mehr auf jemand,’ sprach er, und endlich riß ihm die Geduld, daß er in die Stadt zu dem Fleischer gieng, und sein Geld forderte. Der Fleischer meinte, es wäre ein Spaß, aber der Bauer sagte ‘Spaß beiseite, ich will mein Geld: hat der große Hund euch nicht die ganze geschlachtete Kuh vor drei Tagen heim gebracht?’ Da ward der Fleischer zornig, griff nach einem Besenstiel, und jagte ihn hinaus. ‘Wart,’ sprach der Bauer, ‘es giebt noch Gerechtigkeit auf der Welt!’ und gieng in das königliche Schloß, und bat sich Gehör aus. Er ward vor den König geführt, der da saß mit seiner Tochter, und fragte was ihm für ein Leid wiederfahren wäre? ‘Ach,’ sagte er, ‘die Frösche und Hunde haben mir das Meinige genommen, und der Metzger hat mich dafür mit dem Stock bezahlt,’ und erzählte weitläuftig wie es zugegangen war. Darüber fieng die Königstochter laut an zu lachen, und der König sprach zu ihm ‘Recht kann ich dir hier nicht geben, aber dafür sollst du meine Tochter zur Frau haben, ihr Lebtag hat sie noch nicht gelacht, als eben über dich, und ich habe sie dem versprochen, der sie zum Lachen brächte. Du kannst Gott für dein Glück danken.’ ‘O,’ antwortete der Bauer, ‘ich will sie gar nicht: ich habe daheim nur eine einzige Frau, und wenn ich nach Haus komme, so ist mir doch als ob in jedem Winkel eine stände.’ Da ward der König zornig, und sprach ‘bist du so ein Grobian, so mußt du einen andern Lohn haben: jetzt pack dich fort, aber in drei

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-01T14:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843/85
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843/85>, abgerufen am 25.11.2024.