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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843.

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so bückte, rollte ihm ein Käse aus der Tasche fort, den Berg hinab. Sprach das Catherlieschen 'ich habe den Weg schon einmal herauf gemacht, ich gehe nicht wieder hinab, es mag ein anderer hinlaufen und ihn wieder holen.' Also nahm es einen andern Käs, und rollte ihn hinab. Die Käse aber kamen beide nicht wieder, da ließ es noch einen dritten hinablaufen, und dachte 'vielleicht warten sie auf Gesellschaft, und gehen nicht gern allein.' Als sie alle drei ausblieben, sprach es 'ich weiß nicht, was das vorstellen soll! doch kanns ja sein, der dritte hat den Weg nicht gefunden, und sich verirrt, ich will nur den vierten schicken, daß er sie herbei ruft.' Der vierte machte es aber nicht besser als der dritte. Da ward das Catherlieschen ärgerlich, und warf noch den fünften und sechsten hinab, und das waren die letzten. Eine Zeit lang blieb es stehen und lauerte daß sie kämen, als sie aber immer nicht kamen, sprach es 'o, ihr seid gut nach dem Tod schicken, ihr bleibt fein lange aus; meint ihr, ich wollt noch länger auf euch warten? ich gehe meiner Wege, ihr könnt mir nachlaufen, ihr habt jüngere Beine als ich.' Catherlieschen gieng fort, und fand den Frieder, der war stehen geblieben und hatte gewartet, weil er gerne was essen wollte. 'Nun, gib einmal her, was du mitgenommen hast.' Sie reichte ihm das trockene Brot. 'Wo ist Butter und Käse?' fragte der Mann. 'Ach, Friederchen,' sagte Catherlieschen, 'mit der Butter hab ich die Fahrgleisen geschmiert, und die Käse werden bald kommen; einer lief mir fort, da hab ich die andern nachgeschickt, sie sollten ihn rufen.' Sprach der Frieder 'das hättest du nicht thun sollen, Catherlieschen, die Butter an den

so bückte, rollte ihm ein Käse aus der Tasche fort, den Berg hinab. Sprach das Catherlieschen ‘ich habe den Weg schon einmal herauf gemacht, ich gehe nicht wieder hinab, es mag ein anderer hinlaufen und ihn wieder holen.’ Also nahm es einen andern Käs, und rollte ihn hinab. Die Käse aber kamen beide nicht wieder, da ließ es noch einen dritten hinablaufen, und dachte ‘vielleicht warten sie auf Gesellschaft, und gehen nicht gern allein.’ Als sie alle drei ausblieben, sprach es ‘ich weiß nicht, was das vorstellen soll! doch kanns ja sein, der dritte hat den Weg nicht gefunden, und sich verirrt, ich will nur den vierten schicken, daß er sie herbei ruft.’ Der vierte machte es aber nicht besser als der dritte. Da ward das Catherlieschen ärgerlich, und warf noch den fünften und sechsten hinab, und das waren die letzten. Eine Zeit lang blieb es stehen und lauerte daß sie kämen, als sie aber immer nicht kamen, sprach es ‘o, ihr seid gut nach dem Tod schicken, ihr bleibt fein lange aus; meint ihr, ich wollt noch länger auf euch warten? ich gehe meiner Wege, ihr könnt mir nachlaufen, ihr habt jüngere Beine als ich.’ Catherlieschen gieng fort, und fand den Frieder, der war stehen geblieben und hatte gewartet, weil er gerne was essen wollte. ‘Nun, gib einmal her, was du mitgenommen hast.’ Sie reichte ihm das trockene Brot. ‘Wo ist Butter und Käse?’ fragte der Mann. ‘Ach, Friederchen,’ sagte Catherlieschen, ‘mit der Butter hab ich die Fahrgleisen geschmiert, und die Käse werden bald kommen; einer lief mir fort, da hab ich die andern nachgeschickt, sie sollten ihn rufen.’ Sprach der Frieder ‘das hättest du nicht thun sollen, Catherlieschen, die Butter an den

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[357/0395] so bückte, rollte ihm ein Käse aus der Tasche fort, den Berg hinab. Sprach das Catherlieschen ‘ich habe den Weg schon einmal herauf gemacht, ich gehe nicht wieder hinab, es mag ein anderer hinlaufen und ihn wieder holen.’ Also nahm es einen andern Käs, und rollte ihn hinab. Die Käse aber kamen beide nicht wieder, da ließ es noch einen dritten hinablaufen, und dachte ‘vielleicht warten sie auf Gesellschaft, und gehen nicht gern allein.’ Als sie alle drei ausblieben, sprach es ‘ich weiß nicht, was das vorstellen soll! doch kanns ja sein, der dritte hat den Weg nicht gefunden, und sich verirrt, ich will nur den vierten schicken, daß er sie herbei ruft.’ Der vierte machte es aber nicht besser als der dritte. Da ward das Catherlieschen ärgerlich, und warf noch den fünften und sechsten hinab, und das waren die letzten. Eine Zeit lang blieb es stehen und lauerte daß sie kämen, als sie aber immer nicht kamen, sprach es ‘o, ihr seid gut nach dem Tod schicken, ihr bleibt fein lange aus; meint ihr, ich wollt noch länger auf euch warten? ich gehe meiner Wege, ihr könnt mir nachlaufen, ihr habt jüngere Beine als ich.’ Catherlieschen gieng fort, und fand den Frieder, der war stehen geblieben und hatte gewartet, weil er gerne was essen wollte. ‘Nun, gib einmal her, was du mitgenommen hast.’ Sie reichte ihm das trockene Brot. ‘Wo ist Butter und Käse?’ fragte der Mann. ‘Ach, Friederchen,’ sagte Catherlieschen, ‘mit der Butter hab ich die Fahrgleisen geschmiert, und die Käse werden bald kommen; einer lief mir fort, da hab ich die andern nachgeschickt, sie sollten ihn rufen.’ Sprach der Frieder ‘das hättest du nicht thun sollen, Catherlieschen, die Butter an den

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843/395>, abgerufen am 12.05.2024.