Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

damit niemand aufwacht.' Aber Daumesdick that als hätte er sie nicht verstanden, und schrie von neuem 'was wollt ihr? wollt ihr alles haben, was hier ist?' Das hörte die Köchin, die in der Stube daran schlief, richtete sich im Bette auf, und horchte. Die Diebe aber waren vor Schrecken ein Stück Wegs zurück gelaufen, endlich faßten sie wieder Muth, dachten 'der kleine Kerl will uns necken,' kamen zurück, und flüsterten ihm hinein 'nun mach Ernst, und reich uns etwas heraus.' Da schrie Daumesdick noch einmal so laut er konnte 'ich will euch ja alles geben, reichts nur die Hände herein.' 'Das aber hörte die horchende Magd ganz deutlich, sprang aus dem Bett, und stolperte zur Thür herein. Die Diebe liefen fort, und rannten als wäre der wilde Jäger hinter ihnen, die Magd aber, als sie nichts bemerken konnte, gieng ein Licht anzuzünden. Wie sie damit herbei kam, machte sich Daumesdick, ohne daß er gesehen wurde, hinaus in die Scheune: die Magd aber, nachdem sie alle Winkel durchgesucht und nichts gefunden hatte, legte sich endlich wieder zu Bett, und glaubte sie hätte mit offnen Augen und Ohren doch nur geträumt.

Daumesdick war in den Heuhälmchen herumgeklettert, und hatte einen schönen Platz zum Schlafen gefunden: da wollte er sich ausruhen bis es Tag wäre, und dann zu seinen Eltern wieder heim gehen. Aber er mußte andere Dinge erfahren! ja, es giebt viel Trübsal und Noth auf der Welt! Die Magd stieg, wie gewöhnlich, als der Tag graute, schon aus dem Bett, und wollte das Vieh füttern. Jhr erster Gang war in die Scheune, wo sie einen Arm voll Heu packte, und gerade dasjenige, worin der arme Daumesdick lag und schlief. Er schlief aber so

damit niemand aufwacht.’ Aber Daumesdick that als hätte er sie nicht verstanden, und schrie von neuem ‘was wollt ihr? wollt ihr alles haben, was hier ist?’ Das hörte die Köchin, die in der Stube daran schlief, richtete sich im Bette auf, und horchte. Die Diebe aber waren vor Schrecken ein Stück Wegs zurück gelaufen, endlich faßten sie wieder Muth, dachten ‘der kleine Kerl will uns necken,’ kamen zurück, und flüsterten ihm hinein ‘nun mach Ernst, und reich uns etwas heraus.’ Da schrie Daumesdick noch einmal so laut er konnte ‘ich will euch ja alles geben, reichts nur die Hände herein.’ ‘Das aber hörte die horchende Magd ganz deutlich, sprang aus dem Bett, und stolperte zur Thür herein. Die Diebe liefen fort, und rannten als wäre der wilde Jäger hinter ihnen, die Magd aber, als sie nichts bemerken konnte, gieng ein Licht anzuzünden. Wie sie damit herbei kam, machte sich Daumesdick, ohne daß er gesehen wurde, hinaus in die Scheune: die Magd aber, nachdem sie alle Winkel durchgesucht und nichts gefunden hatte, legte sich endlich wieder zu Bett, und glaubte sie hätte mit offnen Augen und Ohren doch nur geträumt.

Daumesdick war in den Heuhälmchen herumgeklettert, und hatte einen schönen Platz zum Schlafen gefunden: da wollte er sich ausruhen bis es Tag wäre, und dann zu seinen Eltern wieder heim gehen. Aber er mußte andere Dinge erfahren! ja, es giebt viel Trübsal und Noth auf der Welt! Die Magd stieg, wie gewöhnlich, als der Tag graute, schon aus dem Bett, und wollte das Vieh füttern. Jhr erster Gang war in die Scheune, wo sie einen Arm voll Heu packte, und gerade dasjenige, worin der arme Daumesdick lag und schlief. Er schlief aber so

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0268" n="230"/>
damit niemand aufwacht.&#x2019; Aber Daumesdick that als hätte er sie nicht verstanden, und schrie von neuem &#x2018;was wollt ihr? wollt ihr alles haben, was hier ist?&#x2019; Das hörte die Köchin, die in der Stube daran schlief, richtete sich im Bette auf, und horchte. Die Diebe aber waren vor Schrecken ein Stück Wegs zurück gelaufen, endlich faßten sie wieder Muth, dachten &#x2018;der kleine Kerl will uns necken,&#x2019; kamen zurück, und flüsterten ihm hinein &#x2018;nun mach Ernst, und reich uns etwas heraus.&#x2019; Da schrie Daumesdick noch einmal so laut er konnte &#x2018;ich will euch ja alles geben, reichts nur die Hände herein.&#x2019; &#x2018;Das aber hörte die horchende Magd ganz deutlich, sprang aus dem Bett, und stolperte zur Thür herein. Die Diebe liefen fort, und rannten als wäre der wilde Jäger hinter ihnen, die Magd aber, als sie nichts bemerken konnte, gieng ein Licht anzuzünden. Wie sie damit herbei kam, machte sich Daumesdick, ohne daß er gesehen wurde, hinaus in die Scheune: die Magd aber, nachdem sie alle Winkel durchgesucht und nichts gefunden hatte, legte sich endlich wieder zu Bett, und glaubte sie hätte mit offnen Augen und Ohren doch nur geträumt.</p><lb/>
        <p>Daumesdick war in den Heuhälmchen herumgeklettert, und hatte einen schönen Platz zum Schlafen gefunden: da wollte er sich ausruhen bis es Tag wäre, und dann zu seinen Eltern wieder heim gehen. Aber er mußte andere Dinge erfahren! ja, es giebt viel Trübsal und Noth auf der Welt! Die Magd stieg, wie gewöhnlich, als der Tag graute, schon aus dem Bett, und wollte das Vieh füttern. Jhr erster Gang war in die Scheune, wo sie einen Arm voll Heu packte, und gerade dasjenige, worin der arme Daumesdick lag und schlief. Er schlief aber so
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[230/0268] damit niemand aufwacht.’ Aber Daumesdick that als hätte er sie nicht verstanden, und schrie von neuem ‘was wollt ihr? wollt ihr alles haben, was hier ist?’ Das hörte die Köchin, die in der Stube daran schlief, richtete sich im Bette auf, und horchte. Die Diebe aber waren vor Schrecken ein Stück Wegs zurück gelaufen, endlich faßten sie wieder Muth, dachten ‘der kleine Kerl will uns necken,’ kamen zurück, und flüsterten ihm hinein ‘nun mach Ernst, und reich uns etwas heraus.’ Da schrie Daumesdick noch einmal so laut er konnte ‘ich will euch ja alles geben, reichts nur die Hände herein.’ ‘Das aber hörte die horchende Magd ganz deutlich, sprang aus dem Bett, und stolperte zur Thür herein. Die Diebe liefen fort, und rannten als wäre der wilde Jäger hinter ihnen, die Magd aber, als sie nichts bemerken konnte, gieng ein Licht anzuzünden. Wie sie damit herbei kam, machte sich Daumesdick, ohne daß er gesehen wurde, hinaus in die Scheune: die Magd aber, nachdem sie alle Winkel durchgesucht und nichts gefunden hatte, legte sich endlich wieder zu Bett, und glaubte sie hätte mit offnen Augen und Ohren doch nur geträumt. Daumesdick war in den Heuhälmchen herumgeklettert, und hatte einen schönen Platz zum Schlafen gefunden: da wollte er sich ausruhen bis es Tag wäre, und dann zu seinen Eltern wieder heim gehen. Aber er mußte andere Dinge erfahren! ja, es giebt viel Trübsal und Noth auf der Welt! Die Magd stieg, wie gewöhnlich, als der Tag graute, schon aus dem Bett, und wollte das Vieh füttern. Jhr erster Gang war in die Scheune, wo sie einen Arm voll Heu packte, und gerade dasjenige, worin der arme Daumesdick lag und schlief. Er schlief aber so

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-01T14:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843/268
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843/268>, abgerufen am 22.11.2024.