Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

der junge Geselle aber sprach 'gebt euch keine Mühe, meinen Grauschimmel führe ich selbst in den Stall, und binde ihn auch selbst an, denn ich muß wissen wo er steht.' Dem Wirth kam das wunderlich vor, und er meinte einer, der seinen Esel selbst besorge, habe nicht viel zu verzehren, als aber der Fremde in die Tasche griff, und zwei Goldstücke heraus holte, und sagte er sollte nur etwas gutes für ihn einkaufen, so machte er große Augen, lief und suchte das beste, das er auftreiben konnte. Nach der Mahlzeit fragte der Gast was er schuldig sei, der Wirth wollte die doppelte Kreide nicht sparen, und sagte noch ein paar Goldstücke müßte er zulegen. Der Geselle griff in die Tasche, aber sein Gold war eben zu Ende. 'Wartet einen Augenblick, Herr Wirth,' sprach er, 'ich will nur gehen und Gold holen;' nahm aber das Tischtuch mit. Der Wirth wußte nicht was das heißen sollte, war neugierig, schlich ihm nach, und da der Gast die Stallthüre zuriegelte, so guckte er durch ein Astloch. Der Fremde breitete unter dem Esel das Tuch aus, rief 'Bricklebrit,' und augenblicklich fieng das Thier an Gold zu speien von hinten und vorn, daß es ordentlich auf die Erde herabregnete. 'Ei der tausend,' sagte der Wirth, 'da sind die Ducaten bald geprägt! so ein Geldbeutel ist nicht übel!' Der Gast bezahlte seine Zeche, und legte sich schlafen, der Wirth aber schlich in der Nacht herab in den Stall, führte den Münzmeister weg, und band einen andern Esel an seine Stelle. Den folgenden Morgen in der Frühe zog der Geselle mit seinem Esel ab, und meinte er hätte seinen Goldesel. Mittags kam er bei seinem Vater an, der sich freute als er ihn wiedersah, und ihn gerne

der junge Geselle aber sprach ‘gebt euch keine Mühe, meinen Grauschimmel führe ich selbst in den Stall, und binde ihn auch selbst an, denn ich muß wissen wo er steht.’ Dem Wirth kam das wunderlich vor, und er meinte einer, der seinen Esel selbst besorge, habe nicht viel zu verzehren, als aber der Fremde in die Tasche griff, und zwei Goldstücke heraus holte, und sagte er sollte nur etwas gutes für ihn einkaufen, so machte er große Augen, lief und suchte das beste, das er auftreiben konnte. Nach der Mahlzeit fragte der Gast was er schuldig sei, der Wirth wollte die doppelte Kreide nicht sparen, und sagte noch ein paar Goldstücke müßte er zulegen. Der Geselle griff in die Tasche, aber sein Gold war eben zu Ende. ‘Wartet einen Augenblick, Herr Wirth,’ sprach er, ‘ich will nur gehen und Gold holen;’ nahm aber das Tischtuch mit. Der Wirth wußte nicht was das heißen sollte, war neugierig, schlich ihm nach, und da der Gast die Stallthüre zuriegelte, so guckte er durch ein Astloch. Der Fremde breitete unter dem Esel das Tuch aus, rief ‘Bricklebrit,’ und augenblicklich fieng das Thier an Gold zu speien von hinten und vorn, daß es ordentlich auf die Erde herabregnete. ‘Ei der tausend,’ sagte der Wirth, ‘da sind die Ducaten bald geprägt! so ein Geldbeutel ist nicht übel!’ Der Gast bezahlte seine Zeche, und legte sich schlafen, der Wirth aber schlich in der Nacht herab in den Stall, führte den Münzmeister weg, und band einen andern Esel an seine Stelle. Den folgenden Morgen in der Frühe zog der Geselle mit seinem Esel ab, und meinte er hätte seinen Goldesel. Mittags kam er bei seinem Vater an, der sich freute als er ihn wiedersah, und ihn gerne

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0258" n="220"/>
der junge Geselle aber sprach &#x2018;gebt euch keine Mühe, meinen Grauschimmel führe ich selbst in den Stall, und binde ihn auch selbst an, denn ich muß wissen wo er steht.&#x2019; Dem Wirth kam das wunderlich vor, und er meinte einer, der seinen Esel selbst besorge, habe nicht viel zu verzehren, als aber der Fremde in die Tasche griff, und zwei Goldstücke heraus holte, und sagte er sollte nur etwas gutes für ihn einkaufen, so machte er große Augen, lief und suchte das beste, das er auftreiben konnte. Nach der Mahlzeit fragte der Gast was er schuldig sei, der Wirth wollte die doppelte Kreide nicht sparen, und sagte noch ein paar Goldstücke müßte er zulegen. Der Geselle griff in die Tasche, aber sein Gold war eben zu Ende. &#x2018;Wartet einen Augenblick, Herr Wirth,&#x2019; sprach er, &#x2018;ich will nur gehen und Gold holen;&#x2019; nahm aber das Tischtuch mit. Der Wirth wußte nicht was das heißen sollte, war neugierig, schlich ihm nach, und da der Gast die Stallthüre zuriegelte, so guckte er durch ein Astloch. Der Fremde breitete unter dem Esel das Tuch aus, rief &#x2018;Bricklebrit,&#x2019; und augenblicklich fieng das Thier an Gold zu speien von hinten und vorn, daß es ordentlich auf die Erde herabregnete. &#x2018;Ei der tausend,&#x2019; sagte der Wirth, &#x2018;da sind die Ducaten bald geprägt! so ein Geldbeutel ist nicht übel!&#x2019; Der Gast bezahlte seine Zeche, und legte sich schlafen, der Wirth aber schlich in der Nacht herab in den Stall, führte den Münzmeister weg, und band einen andern Esel an seine Stelle. Den folgenden Morgen in der Frühe zog der Geselle mit seinem Esel ab, und meinte er hätte seinen Goldesel. Mittags kam er bei seinem Vater an, der sich freute als er ihn wiedersah, und ihn gerne
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[220/0258] der junge Geselle aber sprach ‘gebt euch keine Mühe, meinen Grauschimmel führe ich selbst in den Stall, und binde ihn auch selbst an, denn ich muß wissen wo er steht.’ Dem Wirth kam das wunderlich vor, und er meinte einer, der seinen Esel selbst besorge, habe nicht viel zu verzehren, als aber der Fremde in die Tasche griff, und zwei Goldstücke heraus holte, und sagte er sollte nur etwas gutes für ihn einkaufen, so machte er große Augen, lief und suchte das beste, das er auftreiben konnte. Nach der Mahlzeit fragte der Gast was er schuldig sei, der Wirth wollte die doppelte Kreide nicht sparen, und sagte noch ein paar Goldstücke müßte er zulegen. Der Geselle griff in die Tasche, aber sein Gold war eben zu Ende. ‘Wartet einen Augenblick, Herr Wirth,’ sprach er, ‘ich will nur gehen und Gold holen;’ nahm aber das Tischtuch mit. Der Wirth wußte nicht was das heißen sollte, war neugierig, schlich ihm nach, und da der Gast die Stallthüre zuriegelte, so guckte er durch ein Astloch. Der Fremde breitete unter dem Esel das Tuch aus, rief ‘Bricklebrit,’ und augenblicklich fieng das Thier an Gold zu speien von hinten und vorn, daß es ordentlich auf die Erde herabregnete. ‘Ei der tausend,’ sagte der Wirth, ‘da sind die Ducaten bald geprägt! so ein Geldbeutel ist nicht übel!’ Der Gast bezahlte seine Zeche, und legte sich schlafen, der Wirth aber schlich in der Nacht herab in den Stall, führte den Münzmeister weg, und band einen andern Esel an seine Stelle. Den folgenden Morgen in der Frühe zog der Geselle mit seinem Esel ab, und meinte er hätte seinen Goldesel. Mittags kam er bei seinem Vater an, der sich freute als er ihn wiedersah, und ihn gerne

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-01T14:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843/258
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843/258>, abgerufen am 25.11.2024.