Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840.Königstochter nicht in das Händchen fiel, das sie in die Höhe gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug, und geradezu ins Wasser hinein rollte. Die Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, und der Brunnen war tief, und gar kein Grund zu sehen. Da fieng sie an zu weinen, und weinte immer lauter, und konnte sich gar nicht trösten. Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu 'was hast du vor, Königstochter, du schreist ja daß sich ein Stein erbarmen möchte.' Sie sah sich um, woher die Stimme käme, da erblickte sie einen Frosch, der seinen dicken häßlichen Kopf aus dem Wasser streckte. 'Ach, du bists, alter Wasserpatscher,' sagte sie, 'ich weine über meine goldne Kugel, die mir in den Brunnen hinab gefallen ist.' 'Laß dein Jammern,' antwortete der Frosch, 'ich kann wohl Rath schaffen, aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraufhole?' 'Was du willst, lieber Frosch,' sagte sie, 'meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, dazu die goldne Krone, die ich trage.' Der Frosch antwortete 'deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine, deine goldne Krone, die mag ich nicht: aber wenn du mich lieb haben willst, und ich soll dein Geselle und Spielkamerad seyn, an deinem Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldnen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen: wenn du mir das versprichst, so will ich hinunter steigen, und dir die goldne Kugel wieder aus dem Grunde herauf holen.' 'Ach ja', sagte sie, 'ich verspreche dir alles, was du willst, wenn du mir nur die Kugel wieder bringst.' Sie dachte aber 'was der einfältige Königstochter nicht in das Händchen fiel, das sie in die Höhe gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug, und geradezu ins Wasser hinein rollte. Die Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, und der Brunnen war tief, und gar kein Grund zu sehen. Da fieng sie an zu weinen, und weinte immer lauter, und konnte sich gar nicht trösten. Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu ‘was hast du vor, Königstochter, du schreist ja daß sich ein Stein erbarmen möchte.’ Sie sah sich um, woher die Stimme käme, da erblickte sie einen Frosch, der seinen dicken häßlichen Kopf aus dem Wasser streckte. ‘Ach, du bists, alter Wasserpatscher,’ sagte sie, ‘ich weine über meine goldne Kugel, die mir in den Brunnen hinab gefallen ist.’ ‘Laß dein Jammern,’ antwortete der Frosch, ‘ich kann wohl Rath schaffen, aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraufhole?’ ‘Was du willst, lieber Frosch,’ sagte sie, ‘meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, dazu die goldne Krone, die ich trage.’ Der Frosch antwortete ‘deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine, deine goldne Krone, die mag ich nicht: aber wenn du mich lieb haben willst, und ich soll dein Geselle und Spielkamerad seyn, an deinem Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldnen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen: wenn du mir das versprichst, so will ich hinunter steigen, und dir die goldne Kugel wieder aus dem Grunde herauf holen.’ ‘Ach ja’, sagte sie, ‘ich verspreche dir alles, was du willst, wenn du mir nur die Kugel wieder bringst.’ Sie dachte aber ‘was der einfältige <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0051" n="2"/> Königstochter nicht in das Händchen fiel, das sie in die Höhe gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug, und geradezu ins Wasser hinein rollte. Die Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, und der Brunnen war tief, und gar kein Grund zu sehen. Da fieng sie an zu weinen, und weinte immer lauter, und konnte sich gar nicht trösten. Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu ‘was hast du vor, Königstochter, du schreist ja daß sich ein Stein erbarmen möchte.’ Sie sah sich um, woher die Stimme käme, da erblickte sie einen Frosch, der seinen dicken häßlichen Kopf aus dem Wasser streckte. ‘Ach, du bists, alter Wasserpatscher,’ sagte sie, ‘ich weine über meine goldne Kugel, die mir in den Brunnen hinab gefallen ist.’ ‘Laß dein Jammern,’ antwortete der Frosch, ‘ich kann wohl Rath schaffen, aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraufhole?’ ‘Was du willst, lieber Frosch,’ sagte sie, ‘meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, dazu die goldne Krone, die ich trage.’ Der Frosch antwortete ‘deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine, deine goldne Krone, die mag ich nicht: aber wenn du mich lieb haben willst, und ich soll dein Geselle und Spielkamerad seyn, an deinem Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldnen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen: wenn du mir das versprichst, so will ich hinunter steigen, und dir die goldne Kugel wieder aus dem Grunde herauf holen.’ ‘Ach ja’, sagte sie, ‘ich verspreche dir alles, was du willst, wenn du mir nur die Kugel wieder bringst.’ Sie dachte aber ‘was der einfältige </p> </div> </body> </text> </TEI> [2/0051]
Königstochter nicht in das Händchen fiel, das sie in die Höhe gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug, und geradezu ins Wasser hinein rollte. Die Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, und der Brunnen war tief, und gar kein Grund zu sehen. Da fieng sie an zu weinen, und weinte immer lauter, und konnte sich gar nicht trösten. Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu ‘was hast du vor, Königstochter, du schreist ja daß sich ein Stein erbarmen möchte.’ Sie sah sich um, woher die Stimme käme, da erblickte sie einen Frosch, der seinen dicken häßlichen Kopf aus dem Wasser streckte. ‘Ach, du bists, alter Wasserpatscher,’ sagte sie, ‘ich weine über meine goldne Kugel, die mir in den Brunnen hinab gefallen ist.’ ‘Laß dein Jammern,’ antwortete der Frosch, ‘ich kann wohl Rath schaffen, aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraufhole?’ ‘Was du willst, lieber Frosch,’ sagte sie, ‘meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, dazu die goldne Krone, die ich trage.’ Der Frosch antwortete ‘deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine, deine goldne Krone, die mag ich nicht: aber wenn du mich lieb haben willst, und ich soll dein Geselle und Spielkamerad seyn, an deinem Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldnen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen: wenn du mir das versprichst, so will ich hinunter steigen, und dir die goldne Kugel wieder aus dem Grunde herauf holen.’ ‘Ach ja’, sagte sie, ‘ich verspreche dir alles, was du willst, wenn du mir nur die Kugel wieder bringst.’ Sie dachte aber ‘was der einfältige
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-07-24T14:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |