Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

her; dieser zahlte ihn mit gleicher Münze, und sie geriethen in solche Wuth, daß sie Bäume ausrissen und auf einander los schlugen, und ließen nicht eher ab als bis sie beide todt auf der Erde lagen. Nun sprang das Schneiderlein herab. 'Ein Glück nur,' sprach es, 'daß sie den Baum, auf dem ich saß, nicht ausgerissen haben, sonst hätt ich wie ein Eichhörnchen auf einen andern springen müssen: doch unser einer ist flüchtig!' Es zog sein Schwert, und versetzte jedem ein paar tüchtige Hiebe in die Brust, dann gieng es hinaus zu den Reitern, und sprach 'ich habe beiden den Garaus gemacht, hart ist es hergegangen, und sie haben in der Noth Bäume ausgerissen und sich gewehrt, aber es hilft alles nichts wenn einer kommt wie ich, der siebene auf einen Streich schlägt.' 'Seid ihr denn nicht verwundet?' fragten die Reiter. 'Das hat gute Wege,' antwortete der Schneider, 'kein Haar haben sie mir gekrümmt.' Die Reiter wollten ihm keinen Glauben beimessen, und ritten in den Wald hinein, da fanden sie die Riesen in ihrem Blute schwimmend, und rings herum lagen die ausgerissenen Bäume.

Das Schneiderlein verlangte von dem König die versprochene Belohnung, diesen aber reute sein Versprechen, und er sann aufs neue wie er sich den Helden vom Halse schaffen könnte. 'Ehe du meine Tochter und das halbe Reich erhälst,' sprach er zu ihm, 'mußt du noch eine Heldenthat vollbringen. Jn dem Walde läuft ein Einhorn, das großen Schaden anrichtet, das mußt du erst einfangen.' 'Vor einem Einhorne fürchte ich mich noch weniger als vor zwei Riesen: siebene auf einen

her; dieser zahlte ihn mit gleicher Münze, und sie geriethen in solche Wuth, daß sie Bäume ausrissen und auf einander los schlugen, und ließen nicht eher ab als bis sie beide todt auf der Erde lagen. Nun sprang das Schneiderlein herab. ‘Ein Glück nur,’ sprach es, ‘daß sie den Baum, auf dem ich saß, nicht ausgerissen haben, sonst hätt ich wie ein Eichhörnchen auf einen andern springen müssen: doch unser einer ist flüchtig!’ Es zog sein Schwert, und versetzte jedem ein paar tüchtige Hiebe in die Brust, dann gieng es hinaus zu den Reitern, und sprach ‘ich habe beiden den Garaus gemacht, hart ist es hergegangen, und sie haben in der Noth Bäume ausgerissen und sich gewehrt, aber es hilft alles nichts wenn einer kommt wie ich, der siebene auf einen Streich schlägt.’ ‘Seid ihr denn nicht verwundet?’ fragten die Reiter. ‘Das hat gute Wege,’ antwortete der Schneider, ‘kein Haar haben sie mir gekrümmt.’ Die Reiter wollten ihm keinen Glauben beimessen, und ritten in den Wald hinein, da fanden sie die Riesen in ihrem Blute schwimmend, und rings herum lagen die ausgerissenen Bäume.

Das Schneiderlein verlangte von dem König die versprochene Belohnung, diesen aber reute sein Versprechen, und er sann aufs neue wie er sich den Helden vom Halse schaffen könnte. ‘Ehe du meine Tochter und das halbe Reich erhälst,’ sprach er zu ihm, ‘mußt du noch eine Heldenthat vollbringen. Jn dem Walde läuft ein Einhorn, das großen Schaden anrichtet, das mußt du erst einfangen.’ ‘Vor einem Einhorne fürchte ich mich noch weniger als vor zwei Riesen: siebene auf einen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0182" n="133"/>
her; dieser zahlte ihn mit gleicher Münze, und sie geriethen in solche Wuth, daß sie Bäume ausrissen und auf einander los schlugen, und ließen nicht eher ab als bis sie beide todt auf der Erde lagen. Nun sprang das Schneiderlein herab. &#x2018;Ein Glück nur,&#x2019; sprach es, &#x2018;daß sie den Baum, auf dem ich saß, nicht ausgerissen haben, sonst hätt ich wie ein Eichhörnchen auf einen andern springen müssen: doch unser einer ist flüchtig!&#x2019; Es zog sein Schwert, und versetzte jedem ein paar tüchtige Hiebe in die Brust, dann gieng es hinaus zu den Reitern, und sprach &#x2018;ich habe beiden den Garaus gemacht, hart ist es hergegangen, und sie haben in der Noth Bäume ausgerissen und sich gewehrt, aber es hilft alles nichts wenn einer kommt wie ich, der siebene auf einen Streich schlägt.&#x2019; &#x2018;Seid ihr denn nicht verwundet?&#x2019; fragten die Reiter. &#x2018;Das hat gute Wege,&#x2019; antwortete der Schneider, &#x2018;kein Haar haben sie mir gekrümmt.&#x2019; Die Reiter wollten ihm keinen Glauben beimessen, und ritten in den Wald hinein, da fanden sie die Riesen in ihrem Blute schwimmend, und rings herum lagen die ausgerissenen Bäume.</p><lb/>
        <p>Das Schneiderlein verlangte von dem König die versprochene Belohnung, diesen aber reute sein Versprechen, und er sann aufs neue wie er sich den Helden vom Halse schaffen könnte. &#x2018;Ehe du meine Tochter und das halbe Reich erhälst,&#x2019; sprach er zu ihm, &#x2018;mußt du noch eine Heldenthat vollbringen. Jn dem Walde läuft ein Einhorn, das großen Schaden anrichtet, das mußt du erst einfangen.&#x2019; &#x2018;Vor einem Einhorne fürchte ich mich noch weniger als vor zwei Riesen: siebene auf einen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0182] her; dieser zahlte ihn mit gleicher Münze, und sie geriethen in solche Wuth, daß sie Bäume ausrissen und auf einander los schlugen, und ließen nicht eher ab als bis sie beide todt auf der Erde lagen. Nun sprang das Schneiderlein herab. ‘Ein Glück nur,’ sprach es, ‘daß sie den Baum, auf dem ich saß, nicht ausgerissen haben, sonst hätt ich wie ein Eichhörnchen auf einen andern springen müssen: doch unser einer ist flüchtig!’ Es zog sein Schwert, und versetzte jedem ein paar tüchtige Hiebe in die Brust, dann gieng es hinaus zu den Reitern, und sprach ‘ich habe beiden den Garaus gemacht, hart ist es hergegangen, und sie haben in der Noth Bäume ausgerissen und sich gewehrt, aber es hilft alles nichts wenn einer kommt wie ich, der siebene auf einen Streich schlägt.’ ‘Seid ihr denn nicht verwundet?’ fragten die Reiter. ‘Das hat gute Wege,’ antwortete der Schneider, ‘kein Haar haben sie mir gekrümmt.’ Die Reiter wollten ihm keinen Glauben beimessen, und ritten in den Wald hinein, da fanden sie die Riesen in ihrem Blute schwimmend, und rings herum lagen die ausgerissenen Bäume. Das Schneiderlein verlangte von dem König die versprochene Belohnung, diesen aber reute sein Versprechen, und er sann aufs neue wie er sich den Helden vom Halse schaffen könnte. ‘Ehe du meine Tochter und das halbe Reich erhälst,’ sprach er zu ihm, ‘mußt du noch eine Heldenthat vollbringen. Jn dem Walde läuft ein Einhorn, das großen Schaden anrichtet, das mußt du erst einfangen.’ ‘Vor einem Einhorne fürchte ich mich noch weniger als vor zwei Riesen: siebene auf einen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-07-24T14:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840/182
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840/182>, abgerufen am 24.11.2024.