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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840.

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zu Ende gieng mußte er verschmachten. Nun saß er da voll Schmerz und Trauer, aß jeden Tag nur ein Bißlein Brot, trank nur einen Schluck Wein, und sah doch wie der Tod immer näher rückte. Jndem er so vor sich hinstarrte, sah er aus der Ecke des Gewölbes eine Schlange hervor kriechen, die sich der Leiche näherte. Und weil er dachte sie käme um sie zu verletzen, zog er sein Schwert, und sprach 'so lange ich lebe sollst du sie nicht anrühren,' und hieb sie in drei Stücke. Ueber ein Weilchen kroch eine zweite Schlange aus der Ecke hervor, als sie aber die andere todt und zerstückt liegen fand, gieng sie zurück, und kam bald wieder, und hatte drei grüne Blätter im Munde. Dann nahm sie die drei Stücke von der Schlange, legte sie, wie sie zusammen gehörten, und that auf jede Wunde eins von den Blättern. Alsbald fügte sich das Getrennte an einander, die Schlange regte sich und ward lebendig, und beide eilten mit einander fort. Die Blätter blieben auf der Erde liegen, und der Unglückliche, der alles mit angesehen hatte, kam es in die Gedanken, ob nicht die wunderbare Kraft der Blätter, welche die Schlange wieder lebendig gemacht hatte, auch einem Menschen helfen könnte. Er hob also die Blätter auf, und legte eins davon auf den Mund der Todten, die beiden andern auf ihre Augen. Und kaum war es geschehen, so bewegte sich das Blut in den Adern, stieg in das bleiche Angesicht, und röthete es wieder. Da zog sie Athem, schlug die Augen auf und sprach 'ach, Gott, wo bin ich?' 'Du bist bei mir, liebe Frau,' antwortete er, und erzählte ihr wie alles gekommen war und er

zu Ende gieng mußte er verschmachten. Nun saß er da voll Schmerz und Trauer, aß jeden Tag nur ein Bißlein Brot, trank nur einen Schluck Wein, und sah doch wie der Tod immer näher rückte. Jndem er so vor sich hinstarrte, sah er aus der Ecke des Gewölbes eine Schlange hervor kriechen, die sich der Leiche näherte. Und weil er dachte sie käme um sie zu verletzen, zog er sein Schwert, und sprach ‘so lange ich lebe sollst du sie nicht anrühren,’ und hieb sie in drei Stücke. Ueber ein Weilchen kroch eine zweite Schlange aus der Ecke hervor, als sie aber die andere todt und zerstückt liegen fand, gieng sie zurück, und kam bald wieder, und hatte drei grüne Blätter im Munde. Dann nahm sie die drei Stücke von der Schlange, legte sie, wie sie zusammen gehörten, und that auf jede Wunde eins von den Blättern. Alsbald fügte sich das Getrennte an einander, die Schlange regte sich und ward lebendig, und beide eilten mit einander fort. Die Blätter blieben auf der Erde liegen, und der Unglückliche, der alles mit angesehen hatte, kam es in die Gedanken, ob nicht die wunderbare Kraft der Blätter, welche die Schlange wieder lebendig gemacht hatte, auch einem Menschen helfen könnte. Er hob also die Blätter auf, und legte eins davon auf den Mund der Todten, die beiden andern auf ihre Augen. Und kaum war es geschehen, so bewegte sich das Blut in den Adern, stieg in das bleiche Angesicht, und röthete es wieder. Da zog sie Athem, schlug die Augen auf und sprach ‘ach, Gott, wo bin ich?’ ‘Du bist bei mir, liebe Frau,’ antwortete er, und erzählte ihr wie alles gekommen war und er

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zu Ende gieng mußte er verschmachten. Nun saß er da voll Schmerz und Trauer, aß jeden Tag nur ein Bißlein Brot, trank nur einen Schluck Wein, und sah doch wie der Tod immer näher rückte. Jndem er so vor sich hinstarrte, sah er aus der Ecke des Gewölbes eine Schlange hervor kriechen, die sich der Leiche näherte. Und weil er dachte sie käme um sie zu verletzen, zog er sein Schwert, und sprach &#x2018;so lange ich lebe sollst du sie nicht anrühren,&#x2019; und hieb sie in drei Stücke. Ueber ein Weilchen kroch eine zweite Schlange aus der Ecke hervor, als sie aber die andere todt und zerstückt liegen fand, gieng sie zurück, und kam bald wieder, und hatte drei grüne Blätter im Munde. Dann nahm sie die drei Stücke von der Schlange, legte sie, wie sie zusammen gehörten, und that auf jede Wunde eins von den Blättern. Alsbald fügte sich das Getrennte an einander, die Schlange regte sich und ward lebendig, und beide eilten mit einander fort. Die Blätter blieben auf der Erde liegen, und der Unglückliche, der alles mit angesehen hatte, kam es in die Gedanken, ob nicht die wunderbare Kraft der Blätter, welche die Schlange wieder lebendig gemacht hatte, auch einem Menschen helfen könnte. Er hob also die Blätter auf, und legte eins davon auf den Mund der Todten, die beiden andern auf ihre Augen. Und kaum war es geschehen, so bewegte sich das Blut in den Adern, stieg in das bleiche Angesicht, und röthete es wieder. Da zog sie Athem, schlug die Augen auf und sprach &#x2018;ach, Gott, wo bin ich?&#x2019; &#x2018;Du bist bei mir, liebe Frau,&#x2019; antwortete er, und erzählte ihr wie alles gekommen war und er
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[104/0153] zu Ende gieng mußte er verschmachten. Nun saß er da voll Schmerz und Trauer, aß jeden Tag nur ein Bißlein Brot, trank nur einen Schluck Wein, und sah doch wie der Tod immer näher rückte. Jndem er so vor sich hinstarrte, sah er aus der Ecke des Gewölbes eine Schlange hervor kriechen, die sich der Leiche näherte. Und weil er dachte sie käme um sie zu verletzen, zog er sein Schwert, und sprach ‘so lange ich lebe sollst du sie nicht anrühren,’ und hieb sie in drei Stücke. Ueber ein Weilchen kroch eine zweite Schlange aus der Ecke hervor, als sie aber die andere todt und zerstückt liegen fand, gieng sie zurück, und kam bald wieder, und hatte drei grüne Blätter im Munde. Dann nahm sie die drei Stücke von der Schlange, legte sie, wie sie zusammen gehörten, und that auf jede Wunde eins von den Blättern. Alsbald fügte sich das Getrennte an einander, die Schlange regte sich und ward lebendig, und beide eilten mit einander fort. Die Blätter blieben auf der Erde liegen, und der Unglückliche, der alles mit angesehen hatte, kam es in die Gedanken, ob nicht die wunderbare Kraft der Blätter, welche die Schlange wieder lebendig gemacht hatte, auch einem Menschen helfen könnte. Er hob also die Blätter auf, und legte eins davon auf den Mund der Todten, die beiden andern auf ihre Augen. Und kaum war es geschehen, so bewegte sich das Blut in den Adern, stieg in das bleiche Angesicht, und röthete es wieder. Da zog sie Athem, schlug die Augen auf und sprach ‘ach, Gott, wo bin ich?’ ‘Du bist bei mir, liebe Frau,’ antwortete er, und erzählte ihr wie alles gekommen war und er

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840/153>, abgerufen am 24.11.2024.