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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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sprach 'da trinkt einmal, und erholt euch. Die Kuh will wohl keine Milch geben, daß ist ein altes Thier, das höchstens noch zum Ziehen taugt oder zum Schlachten.' 'Ei, ei', sprach Hans, und strich sich die Haare über den Kopf, 'wer hätte das gedacht! es ist freilich gut, wenn man so ein Thier ins Haus abschlachten kann, was giebts für Fleisch! aber ich mache mir aus dem Kuhfleisch nicht viel, es ist mir nicht saftig genug. Ja, wer so ein junges Schwein hätte! das schmeckt anders, dabei noch die Würste.' 'Hört, Hans', sprach da der Metzger, 'euch zu Liebe will ich tauschen, und will euch das Schwein für die Kuh lassen.' 'Gott lohn euch eure Freundschaft' sprach Hans, übergab ihm die Kuh, und ließ sich das Schweinchen vom Karren losmachen, und den Strick, woran es gebunden war, in die Hand geben.

Hans zog weiter, und überdachte wie ihm doch alles nach Wunsch gienge, begegnete ihm je eine Verdrießlichkeit, so würde sie doch gleich wieder gut gemacht. Es gesellte sich darnach ein Bursch zu ihm, der trug eine schöne weiße Gans unter dem Arm. Sie boten einander die Zeit, und Hans fieng an ihm von seinem Glück zu erzählen, und wie er immer so vortheilhaft getauscht hätte. Der Bursch sagte daß er die Gans zu einem Kindtaufschmaus brächte. 'Hebt einmal', fuhr er fort, und packte sie bei den Flügeln, 'wie sie schwer ist, sie ist aber auch acht Wochen lang genudelt worden. Wer in den Braten beißt, muß sich das Fett von beiden Seiten abwischen.'

sprach ‘da trinkt einmal, und erholt euch. Die Kuh will wohl keine Milch geben, daß ist ein altes Thier, das hoͤchstens noch zum Ziehen taugt oder zum Schlachten.’ ‘Ei, ei’, sprach Hans, und strich sich die Haare uͤber den Kopf, ‘wer haͤtte das gedacht! es ist freilich gut, wenn man so ein Thier ins Haus abschlachten kann, was giebts fuͤr Fleisch! aber ich mache mir aus dem Kuhfleisch nicht viel, es ist mir nicht saftig genug. Ja, wer so ein junges Schwein haͤtte! das schmeckt anders, dabei noch die Wuͤrste.’ ‘Hoͤrt, Hans’, sprach da der Metzger, ‘euch zu Liebe will ich tauschen, und will euch das Schwein fuͤr die Kuh lassen.’ ‘Gott lohn euch eure Freundschaft’ sprach Hans, uͤbergab ihm die Kuh, und ließ sich das Schweinchen vom Karren losmachen, und den Strick, woran es gebunden war, in die Hand geben.

Hans zog weiter, und uͤberdachte wie ihm doch alles nach Wunsch gienge, begegnete ihm je eine Verdrießlichkeit, so wuͤrde sie doch gleich wieder gut gemacht. Es gesellte sich darnach ein Bursch zu ihm, der trug eine schoͤne weiße Gans unter dem Arm. Sie boten einander die Zeit, und Hans fieng an ihm von seinem Gluͤck zu erzaͤhlen, und wie er immer so vortheilhaft getauscht haͤtte. Der Bursch sagte daß er die Gans zu einem Kindtaufschmaus braͤchte. ‘Hebt einmal’, fuhr er fort, und packte sie bei den Fluͤgeln, ‘wie sie schwer ist, sie ist aber auch acht Wochen lang genudelt worden. Wer in den Braten beißt, muß sich das Fett von beiden Seiten abwischen.’

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/530>, abgerufen am 04.05.2024.