Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.als sie das seltsame Geschrei vernahmen, erschracken, und liefen in ihrer Angst sämmtlich zum Schloß hinaus. Unten hielt der König Rath, was zu thun das beste wäre; zuletzt ward beschlossen einen Herold an die Katze abzuschicken, und sie aufzufordern das Schloß zu verlassen oder zu gewärtigen, daß Gewalt gegen sie ge braucht würde. Die Räthe sagten 'lieber wollen wir uns von den Mäusen plagen lassen, an das Uebel sind wir gewöhnt, als unser Leben einem solchen Unthier Preis geben.' Ein Edelknabe mußte hinauf gehen, und die Katze fragen 'ob sie das Schloß gutwillig räumen wolle?' Die Katze aber, deren Durst nur noch größer geworden war, antwortete bloß 'miau, miau.' Der Edelknabe verstand 'durchaus, durchaus nicht,' und überbrachte dem König die Antwort. 'Nun,' sprachen die Räthe, 'soll sie der Gewalt weichen.' Es wurden Kanonen aufgeführt, und das Haus in Brand geschossen. Als das Feuer in den Saal kam, wo die Katze saß, sprang sie glücklich zum Fenster hinaus; die Belagerer hörten aber nicht eher auf, als bis das ganze Schloß in Grund und Boden geschossen war. als sie das seltsame Geschrei vernahmen, erschracken, und liefen in ihrer Angst saͤmmtlich zum Schloß hinaus. Unten hielt der Koͤnig Rath, was zu thun das beste waͤre; zuletzt ward beschlossen einen Herold an die Katze abzuschicken, und sie aufzufordern das Schloß zu verlassen oder zu gewaͤrtigen, daß Gewalt gegen sie ge braucht wuͤrde. Die Raͤthe sagten ‘lieber wollen wir uns von den Maͤusen plagen lassen, an das Uebel sind wir gewoͤhnt, als unser Leben einem solchen Unthier Preis geben.’ Ein Edelknabe mußte hinauf gehen, und die Katze fragen ‘ob sie das Schloß gutwillig raͤumen wolle?’ Die Katze aber, deren Durst nur noch groͤßer geworden war, antwortete bloß ‘miau, miau.’ Der Edelknabe verstand ‘durchaus, durchaus nicht,’ und uͤberbrachte dem Koͤnig die Antwort. ‘Nun,’ sprachen die Raͤthe, ‘soll sie der Gewalt weichen.’ Es wurden Kanonen aufgefuͤhrt, und das Haus in Brand geschossen. Als das Feuer in den Saal kam, wo die Katze saß, sprang sie gluͤcklich zum Fenster hinaus; die Belagerer hoͤrten aber nicht eher auf, als bis das ganze Schloß in Grund und Boden geschossen war. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0472" n="441"/> als sie das seltsame Geschrei vernahmen, erschracken, und liefen in ihrer Angst saͤmmtlich zum Schloß hinaus. Unten hielt der Koͤnig Rath, was zu thun das beste waͤre; zuletzt ward beschlossen einen Herold an die Katze abzuschicken, und sie aufzufordern das Schloß zu verlassen oder zu gewaͤrtigen, daß Gewalt gegen sie ge braucht wuͤrde. Die Raͤthe sagten ‘lieber wollen wir uns von den Maͤusen plagen lassen, an das Uebel sind wir gewoͤhnt, als unser Leben einem solchen Unthier Preis geben.’ Ein Edelknabe mußte hinauf gehen, und die Katze fragen ‘ob sie das Schloß gutwillig raͤumen wolle?’ Die Katze aber, deren Durst nur noch groͤßer geworden war, antwortete bloß ‘miau, miau.’ Der Edelknabe verstand ‘durchaus, durchaus nicht,’ und uͤberbrachte dem Koͤnig die Antwort. ‘Nun,’ sprachen die Raͤthe, ‘soll sie der Gewalt weichen.’ Es wurden Kanonen aufgefuͤhrt, und das Haus in Brand geschossen. Als das Feuer in den Saal kam, wo die Katze saß, sprang sie gluͤcklich zum Fenster hinaus; die Belagerer hoͤrten aber nicht eher auf, als bis das ganze Schloß in Grund und Boden geschossen war.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [441/0472]
als sie das seltsame Geschrei vernahmen, erschracken, und liefen in ihrer Angst saͤmmtlich zum Schloß hinaus. Unten hielt der Koͤnig Rath, was zu thun das beste waͤre; zuletzt ward beschlossen einen Herold an die Katze abzuschicken, und sie aufzufordern das Schloß zu verlassen oder zu gewaͤrtigen, daß Gewalt gegen sie ge braucht wuͤrde. Die Raͤthe sagten ‘lieber wollen wir uns von den Maͤusen plagen lassen, an das Uebel sind wir gewoͤhnt, als unser Leben einem solchen Unthier Preis geben.’ Ein Edelknabe mußte hinauf gehen, und die Katze fragen ‘ob sie das Schloß gutwillig raͤumen wolle?’ Die Katze aber, deren Durst nur noch groͤßer geworden war, antwortete bloß ‘miau, miau.’ Der Edelknabe verstand ‘durchaus, durchaus nicht,’ und uͤberbrachte dem Koͤnig die Antwort. ‘Nun,’ sprachen die Raͤthe, ‘soll sie der Gewalt weichen.’ Es wurden Kanonen aufgefuͤhrt, und das Haus in Brand geschossen. Als das Feuer in den Saal kam, wo die Katze saß, sprang sie gluͤcklich zum Fenster hinaus; die Belagerer hoͤrten aber nicht eher auf, als bis das ganze Schloß in Grund und Boden geschossen war.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Göttinger Digitalisierungszentrum: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |