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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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61.
Das Bürle.

Es war ein Dorf, darin saßen lauter reiche Bauern, und nur ein armer, den nannten sie das Bürle (Bäuerlein). Er hatte nicht einmal eine Kuh und noch weniger Geld eine zu kaufen; und er und seine Frau hätten so gern eine gehabt. Einmal sprach er zu ihr 'hör, ich hab einen guten Gedanken, da ist unser Gevatter Schreiner, der soll uns ein Kalb aus Holz machen und braun anstreichen, daß es wie ein anderes aussieht, mit der Zeit wirds wohl groß, und gibt eine Kuh.' Der Frau gefiel das auch, und der Gevatter Schreiner zimmerte und hobelte das Kalb zurecht, strich es an, wie sichs gehörte, und machte es so, daß es den Kopf unterhängte, als fräße es.

Wie die Kühe des andern Morgens ausgetrieben wurden, rief das Bürle den Hirt herein, und sprach 'seht, da hab ich ein Kälbchen, aber es ist noch klein, und muß noch getragen werden.' Der Hirt sagte 'schon gut,' nahms in seinen Arm, und trugs hinaus auf die Weide, da stellte ers ins Gras. Das Kälbchen blieb da immer stehen wie eins das frißt, und der Hirt sprach 'das wird bald selber laufen, guck einer was es schon frißt!' Abends als er die Herde wieder heim treiben wollte,

61.
Das Buͤrle.

Es war ein Dorf, darin saßen lauter reiche Bauern, und nur ein armer, den nannten sie das Buͤrle (Baͤuerlein). Er hatte nicht einmal eine Kuh und noch weniger Geld eine zu kaufen; und er und seine Frau haͤtten so gern eine gehabt. Einmal sprach er zu ihr ‘hoͤr, ich hab einen guten Gedanken, da ist unser Gevatter Schreiner, der soll uns ein Kalb aus Holz machen und braun anstreichen, daß es wie ein anderes aussieht, mit der Zeit wirds wohl groß, und gibt eine Kuh.’ Der Frau gefiel das auch, und der Gevatter Schreiner zimmerte und hobelte das Kalb zurecht, strich es an, wie sichs gehoͤrte, und machte es so, daß es den Kopf unterhaͤngte, als fraͤße es.

Wie die Kuͤhe des andern Morgens ausgetrieben wurden, rief das Buͤrle den Hirt herein, und sprach ‘seht, da hab ich ein Kaͤlbchen, aber es ist noch klein, und muß noch getragen werden.’ Der Hirt sagte ‘schon gut,’ nahms in seinen Arm, und trugs hinaus auf die Weide, da stellte ers ins Gras. Das Kaͤlbchen blieb da immer stehen wie eins das frißt, und der Hirt sprach ‘das wird bald selber laufen, guck einer was es schon frißt!’ Abends als er die Herde wieder heim treiben wollte,

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[397/0428] 61. Das Buͤrle. Es war ein Dorf, darin saßen lauter reiche Bauern, und nur ein armer, den nannten sie das Buͤrle (Baͤuerlein). Er hatte nicht einmal eine Kuh und noch weniger Geld eine zu kaufen; und er und seine Frau haͤtten so gern eine gehabt. Einmal sprach er zu ihr ‘hoͤr, ich hab einen guten Gedanken, da ist unser Gevatter Schreiner, der soll uns ein Kalb aus Holz machen und braun anstreichen, daß es wie ein anderes aussieht, mit der Zeit wirds wohl groß, und gibt eine Kuh.’ Der Frau gefiel das auch, und der Gevatter Schreiner zimmerte und hobelte das Kalb zurecht, strich es an, wie sichs gehoͤrte, und machte es so, daß es den Kopf unterhaͤngte, als fraͤße es. Wie die Kuͤhe des andern Morgens ausgetrieben wurden, rief das Buͤrle den Hirt herein, und sprach ‘seht, da hab ich ein Kaͤlbchen, aber es ist noch klein, und muß noch getragen werden.’ Der Hirt sagte ‘schon gut,’ nahms in seinen Arm, und trugs hinaus auf die Weide, da stellte ers ins Gras. Das Kaͤlbchen blieb da immer stehen wie eins das frißt, und der Hirt sprach ‘das wird bald selber laufen, guck einer was es schon frißt!’ Abends als er die Herde wieder heim treiben wollte,

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/428>, abgerufen am 25.11.2024.