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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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auf die Hinterbeine, nahm alsbald das Brot in die Vorderpfoten, und brachte es seinem Herrn. Da sprach der Jäger 'sieht er, Herr Wirth, die hundert Goldstücke sind mein.' Der Wirth wunderte sich, aber der Jäger sagte weiter 'ja Herr Wirth, das Brot hätte ich, nun will ich aber auch von des Königs Braten essen.' Der Wirth sagte 'das möcht ich sehen,' aber wetten wollte er nicht mehr. Rief der Jäger den Fuchs, und sprach 'mein Füchslein, geh hin und hol mir Braten, wie ihn der König ißt.' Der Rothfuchs wußte die Schliche besser, gieng an den Ecken und durch die Winkel, ohne daß ihn ein Hund sah, und setzte sich unter der Königstochter Stuhl, und kratzte an ihrem Fuß. Da sah sie herab, und erkannte den Fuchs am Halsband, und nahm ihn mit in ihre Kammer, und sprach 'lieber Fuchs, was willst du?' Antwortete er 'mein Herr, der den Drachen getödtet hat, ist hier, und schickt mich, ich soll bitten um einen Braten, wie ihn der König ißt.' Da ließ sie den Koch kommen, der mußte einen Braten, wie ihn der König aß, anrichten, und dem Fuchs bis an die Thüre tragen, da nahm ihm der Fuchs die Schüssel ab, und brachte sie seinem Herrn. 'Sieht er, Herr Wirth,' sprach der Jäger, 'Brot und Fleisch ist da, nun will ich auch Zugemüs essen, wie es der König ißt.' Da rief er den Wolf und sprach 'lieber Wolf, geh hin und hol mir Zugemüs, wies der König ißt.' Da gieng der Wolf geradezu ins Schloß weil er sich vor niemand fürchtete, und als er in der Königstochter Zimmer kam, da zupfte er sie hinten am Kleid, daß sie sich umschauen mußte. Sie erkannte ihn an

auf die Hinterbeine, nahm alsbald das Brot in die Vorderpfoten, und brachte es seinem Herrn. Da sprach der Jaͤger ‘sieht er, Herr Wirth, die hundert Goldstuͤcke sind mein.’ Der Wirth wunderte sich, aber der Jaͤger sagte weiter ‘ja Herr Wirth, das Brot haͤtte ich, nun will ich aber auch von des Koͤnigs Braten essen.’ Der Wirth sagte ‘das moͤcht ich sehen,’ aber wetten wollte er nicht mehr. Rief der Jaͤger den Fuchs, und sprach ‘mein Fuͤchslein, geh hin und hol mir Braten, wie ihn der Koͤnig ißt.’ Der Rothfuchs wußte die Schliche besser, gieng an den Ecken und durch die Winkel, ohne daß ihn ein Hund sah, und setzte sich unter der Koͤnigstochter Stuhl, und kratzte an ihrem Fuß. Da sah sie herab, und erkannte den Fuchs am Halsband, und nahm ihn mit in ihre Kammer, und sprach ‘lieber Fuchs, was willst du?’ Antwortete er ‘mein Herr, der den Drachen getoͤdtet hat, ist hier, und schickt mich, ich soll bitten um einen Braten, wie ihn der Koͤnig ißt.’ Da ließ sie den Koch kommen, der mußte einen Braten, wie ihn der Koͤnig aß, anrichten, und dem Fuchs bis an die Thuͤre tragen, da nahm ihm der Fuchs die Schuͤssel ab, und brachte sie seinem Herrn. ‘Sieht er, Herr Wirth,’ sprach der Jaͤger, ‘Brot und Fleisch ist da, nun will ich auch Zugemuͤs essen, wie es der Koͤnig ißt.’ Da rief er den Wolf und sprach ‘lieber Wolf, geh hin und hol mir Zugemuͤs, wies der Koͤnig ißt.’ Da gieng der Wolf geradezu ins Schloß weil er sich vor niemand fuͤrchtete, und als er in der Koͤnigstochter Zimmer kam, da zupfte er sie hinten am Kleid, daß sie sich umschauen mußte. Sie erkannte ihn an

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[383/0414] auf die Hinterbeine, nahm alsbald das Brot in die Vorderpfoten, und brachte es seinem Herrn. Da sprach der Jaͤger ‘sieht er, Herr Wirth, die hundert Goldstuͤcke sind mein.’ Der Wirth wunderte sich, aber der Jaͤger sagte weiter ‘ja Herr Wirth, das Brot haͤtte ich, nun will ich aber auch von des Koͤnigs Braten essen.’ Der Wirth sagte ‘das moͤcht ich sehen,’ aber wetten wollte er nicht mehr. Rief der Jaͤger den Fuchs, und sprach ‘mein Fuͤchslein, geh hin und hol mir Braten, wie ihn der Koͤnig ißt.’ Der Rothfuchs wußte die Schliche besser, gieng an den Ecken und durch die Winkel, ohne daß ihn ein Hund sah, und setzte sich unter der Koͤnigstochter Stuhl, und kratzte an ihrem Fuß. Da sah sie herab, und erkannte den Fuchs am Halsband, und nahm ihn mit in ihre Kammer, und sprach ‘lieber Fuchs, was willst du?’ Antwortete er ‘mein Herr, der den Drachen getoͤdtet hat, ist hier, und schickt mich, ich soll bitten um einen Braten, wie ihn der Koͤnig ißt.’ Da ließ sie den Koch kommen, der mußte einen Braten, wie ihn der Koͤnig aß, anrichten, und dem Fuchs bis an die Thuͤre tragen, da nahm ihm der Fuchs die Schuͤssel ab, und brachte sie seinem Herrn. ‘Sieht er, Herr Wirth,’ sprach der Jaͤger, ‘Brot und Fleisch ist da, nun will ich auch Zugemuͤs essen, wie es der Koͤnig ißt.’ Da rief er den Wolf und sprach ‘lieber Wolf, geh hin und hol mir Zugemuͤs, wies der Koͤnig ißt.’ Da gieng der Wolf geradezu ins Schloß weil er sich vor niemand fuͤrchtete, und als er in der Koͤnigstochter Zimmer kam, da zupfte er sie hinten am Kleid, daß sie sich umschauen mußte. Sie erkannte ihn an

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/414>, abgerufen am 18.05.2024.