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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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genug, und je theurer, je lieber, denn er hatte immer einen vollen Beutel. Als er sich eine Zeit lang in der Welt umgesehen, dachte er 'du mußt deinen Vater aufsuchen wenn du mit dem Goldesel kommst, so wird er seinen Zorn vergessen und dich gut aufnehmen.' Es trug sich zu, daß er in dasselbe Wirthshaus gerieth, in welchem seinem Bruder das Tischchen vertauscht war. Er führte seinen Esel an der Hand, und der Wirth wollte ihm das Thier abnehmen und anbinden, der junge Geselle aber sprach 'gebt euch keine Mühe, meinen Grauschimmel führe ich selbst in den Stall, und binde ihn auch selbst an, denn ich muß wissen wo er steht.' Dem Wirth kam das wunderlich vor, und er meinte einer, der seinen Esel selbst besorge, habe nicht viel zu verzehren, als aber der Fremde in die Tasche griff und zwei Goldstücke heraus holte, und sagte er sollte nur etwas gutes für ihn einkaufen, so machte er große Augen, lief und suchte das beste das er auftreiben konnte. Nach der Mahlzeit fragte der Gast was er schuldig sey, der Wirth wollte die doppelte Kreide nicht sparen, und sagte noch ein paar Goldstücke müsse er zulegen. Der Geselle griff in die Tasche, aber sein Gold war eben zu Ende. 'Wartet einen Augenblick, Herr Wirth,' sprach er, 'ich will nur gehen und Gold holen;' nahm aber das Tischtuch mit. Der Wirth wußte nicht was das heißen sollte, war neugierig, schlich ihm nach, und da der Gast die Stallthüre zuriegelte, so guckte er durch ein Astloch. Der Fremde breitete unter dem Esel das Tuch aus, rief Bricklebrit, und augenblicklich fieng das Thier an Gold zu speien von hinten und vorn, daß es ordentlich

genug, und je theurer, je lieber, denn er hatte immer einen vollen Beutel. Als er sich eine Zeit lang in der Welt umgesehen, dachte er ‘du mußt deinen Vater aufsuchen wenn du mit dem Goldesel kommst, so wird er seinen Zorn vergessen und dich gut aufnehmen.’ Es trug sich zu, daß er in dasselbe Wirthshaus gerieth, in welchem seinem Bruder das Tischchen vertauscht war. Er fuͤhrte seinen Esel an der Hand, und der Wirth wollte ihm das Thier abnehmen und anbinden, der junge Geselle aber sprach ‘gebt euch keine Muͤhe, meinen Grauschimmel fuͤhre ich selbst in den Stall, und binde ihn auch selbst an, denn ich muß wissen wo er steht.’ Dem Wirth kam das wunderlich vor, und er meinte einer, der seinen Esel selbst besorge, habe nicht viel zu verzehren, als aber der Fremde in die Tasche griff und zwei Goldstuͤcke heraus holte, und sagte er sollte nur etwas gutes fuͤr ihn einkaufen, so machte er große Augen, lief und suchte das beste das er auftreiben konnte. Nach der Mahlzeit fragte der Gast was er schuldig sey, der Wirth wollte die doppelte Kreide nicht sparen, und sagte noch ein paar Goldstuͤcke muͤsse er zulegen. Der Geselle griff in die Tasche, aber sein Gold war eben zu Ende. ‘Wartet einen Augenblick, Herr Wirth,’ sprach er, ‘ich will nur gehen und Gold holen;’ nahm aber das Tischtuch mit. Der Wirth wußte nicht was das heißen sollte, war neugierig, schlich ihm nach, und da der Gast die Stallthuͤre zuriegelte, so guckte er durch ein Astloch. Der Fremde breitete unter dem Esel das Tuch aus, rief Bricklebrit, und augenblicklich fieng das Thier an Gold zu speien von hinten und vorn, daß es ordentlich

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[221/0252] genug, und je theurer, je lieber, denn er hatte immer einen vollen Beutel. Als er sich eine Zeit lang in der Welt umgesehen, dachte er ‘du mußt deinen Vater aufsuchen wenn du mit dem Goldesel kommst, so wird er seinen Zorn vergessen und dich gut aufnehmen.’ Es trug sich zu, daß er in dasselbe Wirthshaus gerieth, in welchem seinem Bruder das Tischchen vertauscht war. Er fuͤhrte seinen Esel an der Hand, und der Wirth wollte ihm das Thier abnehmen und anbinden, der junge Geselle aber sprach ‘gebt euch keine Muͤhe, meinen Grauschimmel fuͤhre ich selbst in den Stall, und binde ihn auch selbst an, denn ich muß wissen wo er steht.’ Dem Wirth kam das wunderlich vor, und er meinte einer, der seinen Esel selbst besorge, habe nicht viel zu verzehren, als aber der Fremde in die Tasche griff und zwei Goldstuͤcke heraus holte, und sagte er sollte nur etwas gutes fuͤr ihn einkaufen, so machte er große Augen, lief und suchte das beste das er auftreiben konnte. Nach der Mahlzeit fragte der Gast was er schuldig sey, der Wirth wollte die doppelte Kreide nicht sparen, und sagte noch ein paar Goldstuͤcke muͤsse er zulegen. Der Geselle griff in die Tasche, aber sein Gold war eben zu Ende. ‘Wartet einen Augenblick, Herr Wirth,’ sprach er, ‘ich will nur gehen und Gold holen;’ nahm aber das Tischtuch mit. Der Wirth wußte nicht was das heißen sollte, war neugierig, schlich ihm nach, und da der Gast die Stallthuͤre zuriegelte, so guckte er durch ein Astloch. Der Fremde breitete unter dem Esel das Tuch aus, rief Bricklebrit, und augenblicklich fieng das Thier an Gold zu speien von hinten und vorn, daß es ordentlich

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/252>, abgerufen am 10.05.2024.