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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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Wegs, und sagte der Großmutter daß es dem Wolf begegnet wäre, der ihm guten Tag gewünscht, aber so bös aus den Augen geguckt habe: 'wenns nicht auf offner Straße gewesen wäre, er hätte mich gefressen.' 'Komm,' sagte die Großmutter, 'wir wollen die Thüre verschließen, daß er nicht herein kann.' Bald darnach klopfte der Wolf an, und rief 'mach auf, Großmutter, ich bin das Rothkäppchen, ich bring dir Gebackenes,' Sie schwiegen aber still, und machten die Thüre nicht auf, da gieng der Böse etlichemal um das Haus, und sprang endlich aufs Dach, und wollte warten bis Rothkäppchen Abends nach Haus gienge, dann wollt er ihm nachschleichen, und wollts in der Dunkelheit fressen. Aber die Großmutter merkte was er im Sinn hatte. Nun stand vor dem Haus ein großer Steintrog; da sprach sie zu dem Kind 'nimm den Eimer, Rothkäppchen, gestern hab ich Würste gekocht, da trag das Wasser, worin sie gekocht sind, in den Trog.' Rothkäppchen trug so lange, bis der große große Trog ganz voll war. Da stieg der Geruch von den Würsten dem Wolf in die Nase, er schnupperte und guckte hinab, endlich machte er den Hals so lang, daß er sich nicht mehr halten konnte, und anfieng zu rutschen: so rutschte er vom Dach herab, gerade in den großen Trog hinein, und ertrank. Rothkäppchen aber gieng fröhlich nach Haus, und that ihm niemand etwas zu Leid.



Wegs, und sagte der Großmutter daß es dem Wolf begegnet waͤre, der ihm guten Tag gewuͤnscht, aber so boͤs aus den Augen geguckt habe: ‘wenns nicht auf offner Straße gewesen waͤre, er haͤtte mich gefressen.’ ‘Komm,’ sagte die Großmutter, ‘wir wollen die Thuͤre verschließen, daß er nicht herein kann.’ Bald darnach klopfte der Wolf an, und rief ‘mach auf, Großmutter, ich bin das Rothkaͤppchen, ich bring dir Gebackenes,’ Sie schwiegen aber still, und machten die Thuͤre nicht auf, da gieng der Boͤse etlichemal um das Haus, und sprang endlich aufs Dach, und wollte warten bis Rothkaͤppchen Abends nach Haus gienge, dann wollt er ihm nachschleichen, und wollts in der Dunkelheit fressen. Aber die Großmutter merkte was er im Sinn hatte. Nun stand vor dem Haus ein großer Steintrog; da sprach sie zu dem Kind ‘nimm den Eimer, Rothkaͤppchen, gestern hab ich Wuͤrste gekocht, da trag das Wasser, worin sie gekocht sind, in den Trog.’ Rothkaͤppchen trug so lange, bis der große große Trog ganz voll war. Da stieg der Geruch von den Wuͤrsten dem Wolf in die Nase, er schnupperte und guckte hinab, endlich machte er den Hals so lang, daß er sich nicht mehr halten konnte, und anfieng zu rutschen: so rutschte er vom Dach herab, gerade in den großen Trog hinein, und ertrank. Rothkaͤppchen aber gieng froͤhlich nach Haus, und that ihm niemand etwas zu Leid.



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[165/0198] Wegs, und sagte der Großmutter daß es dem Wolf begegnet waͤre, der ihm guten Tag gewuͤnscht, aber so boͤs aus den Augen geguckt habe: ‘wenns nicht auf offner Straße gewesen waͤre, er haͤtte mich gefressen.’ ‘Komm,’ sagte die Großmutter, ‘wir wollen die Thuͤre verschließen, daß er nicht herein kann.’ Bald darnach klopfte der Wolf an, und rief ‘mach auf, Großmutter, ich bin das Rothkaͤppchen, ich bring dir Gebackenes,’ Sie schwiegen aber still, und machten die Thuͤre nicht auf, da gieng der Boͤse etlichemal um das Haus, und sprang endlich aufs Dach, und wollte warten bis Rothkaͤppchen Abends nach Haus gienge, dann wollt er ihm nachschleichen, und wollts in der Dunkelheit fressen. Aber die Großmutter merkte was er im Sinn hatte. Nun stand vor dem Haus ein großer Steintrog; da sprach sie zu dem Kind ‘nimm den Eimer, Rothkaͤppchen, gestern hab ich Wuͤrste gekocht, da trag das Wasser, worin sie gekocht sind, in den Trog.’ Rothkaͤppchen trug so lange, bis der große große Trog ganz voll war. Da stieg der Geruch von den Wuͤrsten dem Wolf in die Nase, er schnupperte und guckte hinab, endlich machte er den Hals so lang, daß er sich nicht mehr halten konnte, und anfieng zu rutschen: so rutschte er vom Dach herab, gerade in den großen Trog hinein, und ertrank. Rothkaͤppchen aber gieng froͤhlich nach Haus, und that ihm niemand etwas zu Leid.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/198>, abgerufen am 22.11.2024.