Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.du Aschenputtel, du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen, du sollst nicht mitgehen.' Als es nun weinte, sprach sie 'wenn du mir zwei Schüsseln voll Linsen in einer Stunde aus der Asche rein lesen kannst, so sollst du mitgehen, und dachte dabei 'das kann es nimmermehr.' Nun schüttete sie zwei Schüsseln Linsen in die Asche; aber das Mädchen gieng vor die Hinterthüre nach dem Garten zu, und rief 'ihr zahmen Täubchen, ihr Turteltäubchen, all ihr Vöglein unter dem Himmel, kommt und helft mir lesen, die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen.' Da kamen zum Küchenfenster zwei weiße Täubchen herein, und danach die Turteltäubchen, und endlich schwirrten und schwärmten alle Vöglein unter dem Himmel herein, und ließen sich um die Asche nieder. Und die Täubchen nickten mit ihren Köpfchen, und fiengen an pik, pik, pik, pik, und da fiengen die übrigen auch an pik, pik, pik, pik, und lasen alle guten Körner in die Schüsseln. Und eh eine halbe Stunde herum war, waren sie schon fertig, und flogen alle wieder hinaus. Da brachte das Mädchen der Stiefmutter die Schüsseln, und freute sich, und glaubte nun dürfte es mit auf die Hochzeit gehen. Aber sie sprach 'es hilft dir alles nichts: du kommst nicht mit, denn du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen, und wir müßten uns nur schämen.' Darauf gieng sie mit ihren zwei Töchtern fort. du Aschenputtel, du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen, du sollst nicht mitgehen.’ Als es nun weinte, sprach sie ‘wenn du mir zwei Schuͤsseln voll Linsen in einer Stunde aus der Asche rein lesen kannst, so sollst du mitgehen, und dachte dabei ‘das kann es nimmermehr.’ Nun schuͤttete sie zwei Schuͤsseln Linsen in die Asche; aber das Maͤdchen gieng vor die Hinterthuͤre nach dem Garten zu, und rief ‘ihr zahmen Taͤubchen, ihr Turteltaͤubchen, all ihr Voͤglein unter dem Himmel, kommt und helft mir lesen, die guten ins Toͤpfchen, die schlechten ins Kroͤpfchen.’ Da kamen zum Kuͤchenfenster zwei weiße Taͤubchen herein, und danach die Turteltaͤubchen, und endlich schwirrten und schwaͤrmten alle Voͤglein unter dem Himmel herein, und ließen sich um die Asche nieder. Und die Taͤubchen nickten mit ihren Koͤpfchen, und fiengen an pik, pik, pik, pik, und da fiengen die uͤbrigen auch an pik, pik, pik, pik, und lasen alle guten Koͤrner in die Schuͤsseln. Und eh eine halbe Stunde herum war, waren sie schon fertig, und flogen alle wieder hinaus. Da brachte das Maͤdchen der Stiefmutter die Schuͤsseln, und freute sich, und glaubte nun duͤrfte es mit auf die Hochzeit gehen. Aber sie sprach ‘es hilft dir alles nichts: du kommst nicht mit, denn du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen, und wir muͤßten uns nur schaͤmen.’ Darauf gieng sie mit ihren zwei Toͤchtern fort. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0171" n="140"/> du Aschenputtel, du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen, du sollst nicht mitgehen.’ Als es nun weinte, sprach sie ‘wenn du mir zwei Schuͤsseln voll Linsen in einer Stunde aus der Asche rein lesen kannst, so sollst du mitgehen, und dachte dabei ‘das kann es nimmermehr.’ Nun schuͤttete sie zwei Schuͤsseln Linsen in die Asche; aber das Maͤdchen gieng vor die Hinterthuͤre nach dem Garten zu, und rief ‘ihr zahmen Taͤubchen, ihr Turteltaͤubchen, all ihr Voͤglein unter dem Himmel, kommt und helft mir lesen,</p><lb/> <lg type="poem"> <l>die guten ins Toͤpfchen,</l><lb/> <l>die schlechten ins Kroͤpfchen.’</l><lb/> </lg> <p>Da kamen zum Kuͤchenfenster zwei weiße Taͤubchen herein, und danach die Turteltaͤubchen, und endlich schwirrten und schwaͤrmten alle Voͤglein unter dem Himmel herein, und ließen sich um die Asche nieder. Und die Taͤubchen nickten mit ihren Koͤpfchen, und fiengen an pik, pik, pik, pik, und da fiengen die uͤbrigen auch an pik, pik, pik, pik, und lasen alle guten Koͤrner in die Schuͤsseln. Und eh eine halbe Stunde herum war, waren sie schon fertig, und flogen alle wieder hinaus. Da brachte das Maͤdchen der Stiefmutter die Schuͤsseln, und freute sich, und glaubte nun duͤrfte es mit auf die Hochzeit gehen. Aber sie sprach ‘es hilft dir alles nichts: du kommst nicht mit, denn du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen, und wir muͤßten uns nur schaͤmen.’ Darauf gieng sie mit ihren zwei Toͤchtern fort.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [140/0171]
du Aschenputtel, du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen, du sollst nicht mitgehen.’ Als es nun weinte, sprach sie ‘wenn du mir zwei Schuͤsseln voll Linsen in einer Stunde aus der Asche rein lesen kannst, so sollst du mitgehen, und dachte dabei ‘das kann es nimmermehr.’ Nun schuͤttete sie zwei Schuͤsseln Linsen in die Asche; aber das Maͤdchen gieng vor die Hinterthuͤre nach dem Garten zu, und rief ‘ihr zahmen Taͤubchen, ihr Turteltaͤubchen, all ihr Voͤglein unter dem Himmel, kommt und helft mir lesen,
die guten ins Toͤpfchen,
die schlechten ins Kroͤpfchen.’
Da kamen zum Kuͤchenfenster zwei weiße Taͤubchen herein, und danach die Turteltaͤubchen, und endlich schwirrten und schwaͤrmten alle Voͤglein unter dem Himmel herein, und ließen sich um die Asche nieder. Und die Taͤubchen nickten mit ihren Koͤpfchen, und fiengen an pik, pik, pik, pik, und da fiengen die uͤbrigen auch an pik, pik, pik, pik, und lasen alle guten Koͤrner in die Schuͤsseln. Und eh eine halbe Stunde herum war, waren sie schon fertig, und flogen alle wieder hinaus. Da brachte das Maͤdchen der Stiefmutter die Schuͤsseln, und freute sich, und glaubte nun duͤrfte es mit auf die Hochzeit gehen. Aber sie sprach ‘es hilft dir alles nichts: du kommst nicht mit, denn du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen, und wir muͤßten uns nur schaͤmen.’ Darauf gieng sie mit ihren zwei Toͤchtern fort.
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