Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.daraus werden,' sprachen sie untereinander, 'wenn wir Zank mit ihm kriegen, und er haut zu, so fallen auf jeden Streich siebene. Da kann unser einer nicht bestehen.' Also faßten sie einen Entschluß, begaben sich allesammt zum König, und baten um ihren Abschied. 'Wir sind nicht gemacht,' sprachen sie, 'neben einem so starken Mann auszuhalten, der siebene auf einen Streich schlägt.' Der König war traurig daß er um des Einen willen alle seine treuen Diener verlieren sollte, wünschte daß seine Augen ihn nie gesehen hätten, und wäre ihn gerne wieder los gewesen. Aber er getraute sich nicht ihm den Abschied zu geben, weil er fürchtete, er möchte ihn sammt seinem Volke todt schlagen, und sich auf den königlichen Thron setzen. Er sann lange hin und her, endlich fand er einen Rath. Er schickte zu dem Schneiderlein, und ließ ihm sagen weil er ein so großer Kriegsheld wäre, so wollte er ihm ein Anerbieten machen. Jn einem Walde seines Landes hausten zwei Riesen, die mit Rauben, Morden, Sengen und Brennen großen Schaden stifteten: niemand dürfte sich ihnen nahen, ohne sich in Lebensgefahr zu setzen. Wenn er diese beiden Riesen überwände und tödtete, so wollte er ihm seine einzige Tochter zur Gemahlin geben und das halbe Königreich zur Ehesteuer; auch sollten hundert Reiter mit ziehen und ihm Beistand leisten. 'Das wäre so etwas für einen Mann, wie du bist,' dachte das Schneiderlein, 'die schöne Königstochter und ein halbes Königreich wird einem nicht alle Tage angeboten.' 'O ja,' gab er zur Antwort, 'die Riesen will ich schon bändigen, und habe die hundert Reiter dabei nicht nöthig: wer daraus werden,’ sprachen sie untereinander, ‘wenn wir Zank mit ihm kriegen, und er haut zu, so fallen auf jeden Streich siebene. Da kann unser einer nicht bestehen.’ Also faßten sie einen Entschluß, begaben sich allesammt zum Koͤnig, und baten um ihren Abschied. ‘Wir sind nicht gemacht,’ sprachen sie, ‘neben einem so starken Mann auszuhalten, der siebene auf einen Streich schlaͤgt.’ Der Koͤnig war traurig daß er um des Einen willen alle seine treuen Diener verlieren sollte, wuͤnschte daß seine Augen ihn nie gesehen haͤtten, und waͤre ihn gerne wieder los gewesen. Aber er getraute sich nicht ihm den Abschied zu geben, weil er fuͤrchtete, er moͤchte ihn sammt seinem Volke todt schlagen, und sich auf den koͤniglichen Thron setzen. Er sann lange hin und her, endlich fand er einen Rath. Er schickte zu dem Schneiderlein, und ließ ihm sagen weil er ein so großer Kriegsheld waͤre, so wollte er ihm ein Anerbieten machen. Jn einem Walde seines Landes hausten zwei Riesen, die mit Rauben, Morden, Sengen und Brennen großen Schaden stifteten: niemand duͤrfte sich ihnen nahen, ohne sich in Lebensgefahr zu setzen. Wenn er diese beiden Riesen uͤberwaͤnde und toͤdtete, so wollte er ihm seine einzige Tochter zur Gemahlin geben und das halbe Koͤnigreich zur Ehesteuer; auch sollten hundert Reiter mit ziehen und ihm Beistand leisten. ‘Das waͤre so etwas fuͤr einen Mann, wie du bist,’ dachte das Schneiderlein, ‘die schoͤne Koͤnigstochter und ein halbes Koͤnigreich wird einem nicht alle Tage angeboten.’ ‘O ja,’ gab er zur Antwort, ‘die Riesen will ich schon baͤndigen, und habe die hundert Reiter dabei nicht noͤthig: wer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0162" n="131"/> daraus werden,’ sprachen sie untereinander, ‘wenn wir Zank mit ihm kriegen, und er haut zu, so fallen auf jeden Streich siebene. Da kann unser einer nicht bestehen.’ Also faßten sie einen Entschluß, begaben sich allesammt zum Koͤnig, und baten um ihren Abschied. ‘Wir sind nicht gemacht,’ sprachen sie, ‘neben einem so starken Mann auszuhalten, der siebene auf einen Streich schlaͤgt.’ Der Koͤnig war traurig daß er um des Einen willen alle seine treuen Diener verlieren sollte, wuͤnschte daß seine Augen ihn nie gesehen haͤtten, und waͤre ihn gerne wieder los gewesen. Aber er getraute sich nicht ihm den Abschied zu geben, weil er fuͤrchtete, er moͤchte ihn sammt seinem Volke todt schlagen, und sich auf den koͤniglichen Thron setzen. Er sann lange hin und her, endlich fand er einen Rath. Er schickte zu dem Schneiderlein, und ließ ihm sagen weil er ein so großer Kriegsheld waͤre, so wollte er ihm ein Anerbieten machen. Jn einem Walde seines Landes hausten zwei Riesen, die mit Rauben, Morden, Sengen und Brennen großen Schaden stifteten: niemand duͤrfte sich ihnen nahen, ohne sich in Lebensgefahr zu setzen. Wenn er diese beiden Riesen uͤberwaͤnde und toͤdtete, so wollte er ihm seine einzige Tochter zur Gemahlin geben und das halbe Koͤnigreich zur Ehesteuer; auch sollten hundert Reiter mit ziehen und ihm Beistand leisten. ‘Das waͤre so etwas fuͤr einen Mann, wie du bist,’ dachte das Schneiderlein, ‘die schoͤne Koͤnigstochter und ein halbes Koͤnigreich wird einem nicht alle Tage angeboten.’ ‘O ja,’ gab er zur Antwort, ‘die Riesen will ich schon baͤndigen, und habe die hundert Reiter dabei nicht noͤthig: wer </p> </div> </body> </text> </TEI> [131/0162]
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/162>, abgerufen am 26.06.2024. |