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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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andern Morgen wurde ein Gericht gehalten, da bekannte er alles und ward zum Tode verurtheilt. Doch sprach der König: "unter der einen Bedingung soll ihm das Leben geschenkt seyn, wenn er mir das goldene Pferd bringt, das schnell wie der Wind lauft, und dann soll ihm der goldne Vogel obendrein geschenkt werden."

Betrübt machte er sich auf den Weg und seufzte, da stand der Fuchs wieder vor ihm und sagte: "siehst du, so ist es gekommen, weil du mir nicht gehört hast, doch will ich dir noch einmal rathen, wie du das goldne Pferd bekommen kannst, wenn du mir folgen willst. Du mußt gerades Wegs fortgehen, bis du zu dem Schloß kommst, worin das Pferd im Stall steht, vor dem Stall werden die Stallknechte schlafen und schnarchen, da kannst du geruhig das goldne Pferd herausführen, allein leg ihm nur den schlechten Sattel von Holz und Leder auf, und nicht den goldenen, der dabei hängt." Darauf setzte er sich auf den Fuchsschwanz und es ging weg über Stock und Stein, daß die Haare pfiffen.

Alles traf so ein, die Stallknechte schnarchten und hielten goldne Sättel in den Händen. Und als er das goldne Pferd sah, dauerte es ihn, den schlechten Sattel aufzulegen; es wird ganz verschändet, ich will ihm einen guten geben, wie sichs gebührt. Und wie er dem einen Stallknecht den guten Sattel nehmen wollte, wachte er auf und die andern mit einander, daß alles herzulief und er ins Gefängniß geworfen wurde. Den andern Morgen wurde er wieder zum Tode verurtheilt, doch sollte ihm das Leben

andern Morgen wurde ein Gericht gehalten, da bekannte er alles und ward zum Tode verurtheilt. Doch sprach der Koͤnig: „unter der einen Bedingung soll ihm das Leben geschenkt seyn, wenn er mir das goldene Pferd bringt, das schnell wie der Wind lauft, und dann soll ihm der goldne Vogel obendrein geschenkt werden.“

Betruͤbt machte er sich auf den Weg und seufzte, da stand der Fuchs wieder vor ihm und sagte: „siehst du, so ist es gekommen, weil du mir nicht gehoͤrt hast, doch will ich dir noch einmal rathen, wie du das goldne Pferd bekommen kannst, wenn du mir folgen willst. Du mußt gerades Wegs fortgehen, bis du zu dem Schloß kommst, worin das Pferd im Stall steht, vor dem Stall werden die Stallknechte schlafen und schnarchen, da kannst du geruhig das goldne Pferd herausfuͤhren, allein leg ihm nur den schlechten Sattel von Holz und Leder auf, und nicht den goldenen, der dabei haͤngt.“ Darauf setzte er sich auf den Fuchsschwanz und es ging weg uͤber Stock und Stein, daß die Haare pfiffen.

Alles traf so ein, die Stallknechte schnarchten und hielten goldne Saͤttel in den Haͤnden. Und als er das goldne Pferd sah, dauerte es ihn, den schlechten Sattel aufzulegen; es wird ganz verschaͤndet, ich will ihm einen guten geben, wie sichs gebuͤhrt. Und wie er dem einen Stallknecht den guten Sattel nehmen wollte, wachte er auf und die andern mit einander, daß alles herzulief und er ins Gefaͤngniß geworfen wurde. Den andern Morgen wurde er wieder zum Tode verurtheilt, doch sollte ihm das Leben

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[292/0356] andern Morgen wurde ein Gericht gehalten, da bekannte er alles und ward zum Tode verurtheilt. Doch sprach der Koͤnig: „unter der einen Bedingung soll ihm das Leben geschenkt seyn, wenn er mir das goldene Pferd bringt, das schnell wie der Wind lauft, und dann soll ihm der goldne Vogel obendrein geschenkt werden.“ Betruͤbt machte er sich auf den Weg und seufzte, da stand der Fuchs wieder vor ihm und sagte: „siehst du, so ist es gekommen, weil du mir nicht gehoͤrt hast, doch will ich dir noch einmal rathen, wie du das goldne Pferd bekommen kannst, wenn du mir folgen willst. Du mußt gerades Wegs fortgehen, bis du zu dem Schloß kommst, worin das Pferd im Stall steht, vor dem Stall werden die Stallknechte schlafen und schnarchen, da kannst du geruhig das goldne Pferd herausfuͤhren, allein leg ihm nur den schlechten Sattel von Holz und Leder auf, und nicht den goldenen, der dabei haͤngt.“ Darauf setzte er sich auf den Fuchsschwanz und es ging weg uͤber Stock und Stein, daß die Haare pfiffen. Alles traf so ein, die Stallknechte schnarchten und hielten goldne Saͤttel in den Haͤnden. Und als er das goldne Pferd sah, dauerte es ihn, den schlechten Sattel aufzulegen; es wird ganz verschaͤndet, ich will ihm einen guten geben, wie sichs gebuͤhrt. Und wie er dem einen Stallknecht den guten Sattel nehmen wollte, wachte er auf und die andern mit einander, daß alles herzulief und er ins Gefaͤngniß geworfen wurde. Den andern Morgen wurde er wieder zum Tode verurtheilt, doch sollte ihm das Leben

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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/356>, abgerufen am 19.05.2024.