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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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fleißig herzu und holte alles heraus. Darnach ging es weiter und kam zu einem Baum, der hing voll Aepfel und rief ihm zu: "ach! schüttel mich! schüttel mich! wir Aepfel sind alle mit einander reif!" Da schüttelt' es den Baum, daß die Aepfel fielen, als regneten sie, so lang bis keiner mehr oben war, darnach ging es wieder fort. Endlich kam es zu einem kleinen Haus, daraus guckte eine alte Frau, weil sie aber so große Zähne hatte, ward ihm Angst und es wollte fortlaufen. Die alte Frau aber rief ihm nach: "fürcht dich nicht, liebes Kind, bleib bei mir, wenn du alle Arbeit im Haus ordentlich thun willst, so soll dirs gut gehn: nur mußt du Acht geben, daß du mein Bett gut machst, und es fleißig aufschüttelst, daß die Federn fliegen, dann schneit es in der Welt;*) ich bin die Frau Holle." Weil die Alte so gut ihm zusprach, willigte das Mädchen ein und begab sich in ihren Dienst. Es besorgte auch alles nach ihrer Zufriedenheit und schüttelte ihr das Bett immer gewaltig auf, dafür hatte es auch ein gut Leben bei ihr, kein böses Wort und alle Tage Gesottenes und Gebratenes. Nun war es eine Zeitlang bei der Frau Holle, da ward es traurig in seinem Herzen und ob es hier gleich viel tausendmal besser war, als zu Haus, so hatte es doch ein Verlangen dahin; endlich sagte es zu ihr: "ich habe den Jammer nach Haus kriegt, und wenn es mir auch noch so gut hier geht, so kann ich doch nicht länger bleiben." Die Frau Holle sagte: "du hast Recht

*) Darum sagt man in Hessen, wenn es schneit: die Frau Holle macht ihr Bett.

fleißig herzu und holte alles heraus. Darnach ging es weiter und kam zu einem Baum, der hing voll Aepfel und rief ihm zu: „ach! schuͤttel mich! schuͤttel mich! wir Aepfel sind alle mit einander reif!“ Da schuͤttelt’ es den Baum, daß die Aepfel fielen, als regneten sie, so lang bis keiner mehr oben war, darnach ging es wieder fort. Endlich kam es zu einem kleinen Haus, daraus guckte eine alte Frau, weil sie aber so große Zaͤhne hatte, ward ihm Angst und es wollte fortlaufen. Die alte Frau aber rief ihm nach: „fuͤrcht dich nicht, liebes Kind, bleib bei mir, wenn du alle Arbeit im Haus ordentlich thun willst, so soll dirs gut gehn: nur mußt du Acht geben, daß du mein Bett gut machst, und es fleißig aufschuͤttelst, daß die Federn fliegen, dann schneit es in der Welt;*) ich bin die Frau Holle.“ Weil die Alte so gut ihm zusprach, willigte das Maͤdchen ein und begab sich in ihren Dienst. Es besorgte auch alles nach ihrer Zufriedenheit und schuͤttelte ihr das Bett immer gewaltig auf, dafuͤr hatte es auch ein gut Leben bei ihr, kein boͤses Wort und alle Tage Gesottenes und Gebratenes. Nun war es eine Zeitlang bei der Frau Holle, da ward es traurig in seinem Herzen und ob es hier gleich viel tausendmal besser war, als zu Haus, so hatte es doch ein Verlangen dahin; endlich sagte es zu ihr: „ich habe den Jammer nach Haus kriegt, und wenn es mir auch noch so gut hier geht, so kann ich doch nicht laͤnger bleiben.“ Die Frau Holle sagte: „du hast Recht

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[130/0194] fleißig herzu und holte alles heraus. Darnach ging es weiter und kam zu einem Baum, der hing voll Aepfel und rief ihm zu: „ach! schuͤttel mich! schuͤttel mich! wir Aepfel sind alle mit einander reif!“ Da schuͤttelt’ es den Baum, daß die Aepfel fielen, als regneten sie, so lang bis keiner mehr oben war, darnach ging es wieder fort. Endlich kam es zu einem kleinen Haus, daraus guckte eine alte Frau, weil sie aber so große Zaͤhne hatte, ward ihm Angst und es wollte fortlaufen. Die alte Frau aber rief ihm nach: „fuͤrcht dich nicht, liebes Kind, bleib bei mir, wenn du alle Arbeit im Haus ordentlich thun willst, so soll dirs gut gehn: nur mußt du Acht geben, daß du mein Bett gut machst, und es fleißig aufschuͤttelst, daß die Federn fliegen, dann schneit es in der Welt; *) ich bin die Frau Holle.“ Weil die Alte so gut ihm zusprach, willigte das Maͤdchen ein und begab sich in ihren Dienst. Es besorgte auch alles nach ihrer Zufriedenheit und schuͤttelte ihr das Bett immer gewaltig auf, dafuͤr hatte es auch ein gut Leben bei ihr, kein boͤses Wort und alle Tage Gesottenes und Gebratenes. Nun war es eine Zeitlang bei der Frau Holle, da ward es traurig in seinem Herzen und ob es hier gleich viel tausendmal besser war, als zu Haus, so hatte es doch ein Verlangen dahin; endlich sagte es zu ihr: „ich habe den Jammer nach Haus kriegt, und wenn es mir auch noch so gut hier geht, so kann ich doch nicht laͤnger bleiben.“ Die Frau Holle sagte: „du hast Recht *) Darum sagt man in Hessen, wenn es schneit: die Frau Holle macht ihr Bett.

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/194>, abgerufen am 23.11.2024.